Maut und Macht

Verkehrsminister Alexander Dobrindt, CSU, plant eine Vignette für 100 € jährlich zur Benutzung deutscher Autobahnen. Die CSU weiß, dass eine Maut ausschließlich für im Ausland zugelassene Pkw  dem EU-Recht widerspricht und wirft daher eine Rückerstattung der Maut über die Kfz-Steuer von in Deutschland zugelassenen Pkw in die Debatte. Scheinbar ohne Sinn und Verstand, denn erstens dürften die Verwaltungskosten hierfür über den Einnahmen aus der „Ausländermaut“ liegen. Zweitens sind schadstoffarme Pkw steuerlich begünstigt. Wessen Neuwagen weniger als 95 g CO2/km emittiert, zahlt gar kein Kfz-Steuer. Für viele relativ kleine Klimaschweine liegt die jährliche Kfz-Steuer deutlich unter 100 €. Eine Bonuszahlung würde die Maut am Ende sogar noch kosten lassen. Deshalb würde eine Erstattung nur den Haltern nicht mehr zeitgemäßer Dreckschleudern – vornehm ausgedrückt höherpreisiger Limousinen und SUV – zu Gute kommen. Keine Einnahmen, Umkehr des steuerlichen Anreizsystems für schadstoffarme Pkw – warum macht die CSU das? 1. Alexander Dobrindt hat als wichtigsten Gegner der CSU im (wert-)konservativen Milieu die Grünen ausgemacht. Sie machen ihr mehr zu schaffen als eine industriefreundliche SPD. Ihre Kampagne zur Ausländermaut hat die CSU zielsicher in den Sommerferien auf Hochtouren gebracht – wenn auf bayrischen Autobahnen vor jedem Wähler dänische und niederländische Wohnmobile im Stau stehen und deutsche Autofahrer in den angrenzenden Alpenländern zähneknirschend Maut zahlen.  Die Kampagne hat wahlkampftaktisch ins schwarze Herz getroffen. Wer dagegen mit Europarecht oder Verwaltungsfragen argumentiert, bringt dieses nur noch mehr gegen sich in Wallung. 2. 2014 ist Europawahljahr. Die CSU positioniert sich klar für einen Anti-Brüssel-Wahlkampf. So soll ein neuer Gerichtshof für strittige europarechtliche Fragen her. Die „Ausländermaut“ ist ein wunderbar harmloser Testballon für angebliche Benachteiligung von „uns Deutschen“ durch „die Ausländer“. Dobrindt erklärt sie wiederholt zur „Gerechtigkeitsfrage“. Deutschland als Melkkuh Europas, das ist wunderbar harmlos, wenn es um ein paar Straßen und Autos geht. Ab dem 1. Januar 2014 haben Menschen aus Bulgarien und Rumänien das Recht auf freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Die CSU kämpft gegen den Mindestlohn, z.B. für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft, und hetzt gegen Rumänen und Bulgaren als „Armutszuwanderer“, denen sie „Missbrauch der Freizügigkeit“ unterstellt. Alexander Dobrindt hat den Berliner Ministerposten als Belohnung für seinen erfolgreichen Job als CSU-Generalsekretär bekommen. Er weiß, wie die CSU Wahlen gewinnt. Mit Verkehrspolitik hat das wenig zu tun.

Monika Lege

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