Schluss damit! Deutsch-brasilianisches Atomabkommen kündigen!
Nicht erst seit dem neuen Präsidenten in Brasilien, jetzt aber erst recht, muss die Bundesrepublik das deutsch-brasilianische Atomabkommen kündigen. Mit einer diplomatischen Note bis zum 17. November kann die Bundesregierung dieses Atom-Förder-Abkommen aus der Zeit der Militärdiktatur in Brasilien beenden. Lässt die Bundesregierung diese Möglichkeit verstreichen, verlängert sich das Abkommen automatisch um fünf weitere Jahre. Hubertus Zdebel und die Fraktion DIE LINKE unterstützen damit einen Antrag der Grünen im Bundestag (PDF).
- Siehe auch hier den Bericht aus 2014: Atomausstieg? Bundesregierung setzt deutsch-brasilianisches Atomabkommen fort
Das deutsch-brasilianische Atomabkommen von 1975, das nach wie vor in Kraft ist, sieht sowohl die Gewinnung und Aufbereitung von Uranerzen als auch die Herstellung von Kernreaktoren und die Urananreicherung vor. Es ist also in dem Sinne ein Atomförderungsabkommen.
Insgesamt acht Atomkraftwerke, eine Urananreicherungsanlage und eine Wiederaufbereitungsanlage sollten in Brasilien mit deutscher Technik gebaut werden. Dieser Atomvertrag war zu Beginn der 80er-Jahre für rund ein Drittel der brasilianischen Auslandsschulden verantwortlich und führte mithilfe einer deutschen Hermesbürgschaft zum Bau des Atomkraftwerks Angra 2, das weniger als 2 Prozent aller in Brasilien erzeugten Elektrizität produziert, obwohl es 14 Milliarden US-Dollar gekostet hat. Siemens/KWU freute sich damals über den Milliardenauftrag. Es war ein „Bombengeschäft“, wie es damals wörtlich hieß. Hochproblematisch ist die Situation einerseits um das im Bau befindliche Kraftwerk Angra 3, über dessen Sicherheitsstandards keine Informationen Vorliegen, die Baustelle sich wohl aber in einer erdrutschgefährdeten Zone liegt und andererseits das geplante Zwischenlager in Angra, wo der Atommüll unter freiem Himmel lagern soll.
Stets hatten Kritikerinnen und Kritiker gemahnt, das brasilianische Militär habe in der Vergangenheit versucht, mittels Urananreicherung in den Besitz von Atombomben zu gelangen. Nach dem Übergang zur Demokratie Anfang der 90er-Jahre bestätigte die brasilianische Regierung dies indirekt durch bestimmte Äußerungen. Nun hat die Rolle des Militärs in Brasilien insbesondere seit der Wahl des amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro weiter an Gewicht gewonnen und er arbeitet offen seit Anfang 2019 daran, dass in Brasilien der gesamte Brennstoffkreislauf beherrscht wird, was Brasilien befähigen würde, Atomwaffen herzustellen.
Atomausstieg in Deutschland und weitere Atomförderung im Ausland passen unserer Meinung nach nicht zusammen. Deutschland verweist gern auf den Atomausstieg. Bis 2022 sollen alle kommerziellen Reaktoren abgeschaltet werden. Das ist aber leider nur die halbe Wahrheit. Deutschland ist weiter ein Atomstaat. Nach 2022 wird weiter Uran aus aller Welt nach Deutschland geliefert, wie es auch jetzt der Fall ist. In den Anreicherungsanlagen URENCO in Gronau und der Brennelementefabrik in Lingen wird das radioaktive Material weiterverarbeitet und angereichert. Auch aus Brasilien treffen dort nach wie vor Lieferungen ein. Das geschieht auf Basis des Atomabkommens von 1975, das weiterhin in Kraft ist. Das ist vor dem Hintergrund der momentan in den Medien öffentlich Gemachten Atommüll Entsorgung der Firma URENCO nach Russland besonders heikel.