BUND: Keine Verbrennung von Namibia-Busch-Biomasse in Hamburg

BUND: Keine Verbrennung von Namibia-Busch-Biomasse in Hamburg

Nachdem die „Deutsche Umwelthilfe“ (DUH) mit einer neuen Studie gegen Biomasseverbrennung und insbesondere gegen die Hamburger Überlegungen für einen Einsatz von Savannen-Holz aus Namibia als Mittel für den Kohleausstieg aktiv geworden ist, hat auch der BUND in Hamburg mit einem Vorstands-Statement nachgelegt und das sofortige Ende dieses Projekts gefordert. Der Zwischenbericht einer Projektgruppe, die die Planungen der Umweltbehörde begleitet, hatte vor einigen Tagen die enormen Risiken noch einmal aufgezeigt. Zu hören ist schon seit längerem, dass es kaum Klimavorteile beim Kohleausstieg mit Namibia-Holz gäbe und technisch erforderliche Umbauten im Kraftwerk Tiefstack mit hohen Kosten und wenig Klimanutzen einen Einsatz ohnehin blockieren. Für Empörung sorgt derweil auch ein Text von Frank Drieschner in der Zeit, der online bislang nicht verfügbar ist (was ausnahmsweise mal ganz sinnvoll ist.) „Verirrt im Dornendickicht“ heißt der Text (Ausgabe vom 29.04.2021, Nr. 18, S. 7029.04.2021, Nr. 18, S. 70). In einer Art „grünem Zuruf“ in der Rubrik „Politik“ rückt der Autor die Kritik an der Namibia-Holz-Nummer in die Nähe von Verschwörungstheorien – und polemisiert dabei in einer Weise, wie man sie eher aus einer Zeitung mit vielen bunten großen Bildern und Schlagzeilen kennt – dort nur kürzer. Ist nun als nächstes der BUND Hamburg dran, mit dem Drieschner einen „bizarren Streit“ anzettelt, weil der Verband sich mit denen zusammentut, die in der Umweltbehörde laut Drieschner einen Ort des „globalen Bösen“ vermuten? Augen auf!
UmweltFAIRaendern dokumentiert gleich unten die PM des BUND Hamburg, sowie die PM der DUH samt Gutachten und einem Positionspapier zur Grünen Fernwärme.
Siehe auch:

Dokumentation: BUND: Keine Verbrennung von Busch-Biomasse in Hamburg

Zwischenbericht der „Projektgruppe Namibia“ zeigt große Risiken auf / Unterstützung für Namibia muss unabhängig von Holzimporten erfolgen / BUND ruft zur Unterzeichnung einer Petition gegen Holzverbrennung auf
Anlässlich des am vergangenen Donnerstag veröffentlichten Zwischenberichts der Projektgruppe Namiba des Netzwerks hamburg.global fordert der BUND die Umweltbehörde (BUKEA) auf, sich von der Idee, Busch-Biomasse aus Namibia in Hamburger Kraftwerken zu verbrennen, sofort und endgültig zu verabschieden. Aus Sicht des BUND zeigt der Bericht, dass die BUKEA in ihrem Anspruch, die entwicklungspolitischen, sozialen und umweltbezogenen Standards einer „Biomassepartnerschaft“ zu bewerten, kaum weitergekommen ist. Gleichzeitig wolle die BUKEA die Prüfung unnötigerweise bis Ende des Jahres verlängern.
„Die Energiewende in Hamburg muss aus regionalen Quellen und auf Basis erneuerbarer Energien erfolgen. Solange die Umweltbehörde dafür nicht alle denkbaren Optionen geprüft hat, darf sie keine planerischen Ressourcen für mögliche Brennstoffimporte einsetzen“, fordert Christiane Blömeke, die Vorsitzende des BUND Hamburg. „Holzimporte dürfen nicht als bequeme Alternative für den Ausstieg aus der Kohleverbrennung gesehen werden. Wir wollen kein Holz für die Energiewende verfeuern, weder aus Namibia noch von anderswo“, so die BUND-Vorsitzende. Hamburg habe seine eigenen Möglichkeiten für die Gewinnung erneuerbarer Energien noch längst nicht ausgereizt. Zudem gebe es ein bedeutendes Potenzial an industrieller Abwärme, das ungenutzt an die Umwelt abgegeben werde.
„Es ist absurd, die Klimakatastrophe mit CO2-Emissionen aus derdie Verbrennung von Holz bekämpfen zu wollen“, sagt Christiane Blömeke. Der aktuelle Bericht der Projektgruppe bestätige die anfängliche Aussage der BUKEA, der Ersatz von Steinkohle durch Biomasseimporte aus Namibia könne die CO2-Bilanz insgesamt verbessern, nicht. Dies sei auch nicht absehbar, da die derzeitige Studienlage dazu sehr widersprüchlich sei.
Aus der Einschätzung ihres Zwischenberichts, die Verbrennung von namibischem Holz in Hamburg sei weniger ein Klimaschutzprojekt, sondern eine Möglichkeit, zur Armutsreduzierung in Namibia beizutragen, ziehe die Projektgruppe Namibia die falsche Konsequenz. Diese müsse doch sein, dem bisher selbst auf Kohleimporte angewiesenen Namibia zu helfen, eigene Nutzungen für die Biomasse aufzubauen und gleichzeitig darin zu unterstützen, mit ökologischen Maßnahmen der weiteren Verbuschung entgegenzuwirken. „Nambia zu helfen ist richtig, aber nicht mit klimaschädlichen Holzexporten“, so Christiane Blömeke.
Bei Biomasseimporten nach Hamburg sieht der BUND zudem die Gefahr, dass diese zu einem Türöffner für die Verbrennung von Holz in ganz Deutschland werden könnte – mit fatalen Folgen für das Klima. Auch eine aktuell am Freitag veröffentlichte Studie der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sieht in der energetischen Nutzung von „holzartiger Biomasse“ keinen Beitrag zur Minderung des Klimawandels.
Zusammen mit der Umweltorganisation Robin Wood sowie dem Förster und Autor Peter Wohlleben hat die DUH deshalb eine Petition gegen das Verfeuern von Bäumen und Büschen in Großkraftwerken auf den Weg gebracht. Der BUND unterstützt diese Petition und ruft alle Hamburgerinnen und Hamburger auf, zu unterzeichnen.
Für Rückfragen: Paul Schmid, BUND-Pressesprecher, Tel. (040) 600 387 12

Dokumentation: Gutachten im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe zeigt: Verheizung von namibischem Buschholz in Hamburger Kohlekraftwerk ist nicht nachhaltig

Freitag, 30.04.2021
• Umrüstung von Großkraftwerken von Kohle auf Biomasse verschärft weltweite Klima- und Biodiversitätskrise
• Import von namibischem Buschholz für das Heizkraftwerk Tiefstack wird von der Hamburger Umweltbehörde mit fragwürdigen Quellen begründet
• Für eine nachhaltige Wärmewende müssen zuerst heimische Potenziale an erneuerbaren Energien genutzt werden
• DUH startet Petition gegen Holzverbrennung in Großkraftwerken
Berlin, 30.4.2021: Buschholz aus Namibia ist keine umwelt- und klimafreundlichere Alternative zu Kohle für die Verbrennung im Hamburger Heizkraftwerk Tiefstack. Dies geht aus einem von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in Auftrag gegebenen Gutachten hervor. Darin werden die ökologischen Auswirkungen von „Verbuschung“ in Namibia sowie die Folgen einer industriellen Abholzung und eines Imports nach Hamburg untersucht. Das Gutachten stellt fest, dass die Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) die Nutzung von namibischer Biomasse im Kohlekraftwerk Tiefstack mit falschen Annahmen begründet, die die Nachhaltigkeit und Klimabilanz des Vorhabens beschönigen. Vor diesem Hintergrund fordert die DUH die Hamburger Umweltbehörde auf, die Pläne für einen Import von Buschholz aus Namibia zu stoppen und stattdessen auf heimische Alternativen bei erneuerbarer Fernwärme zu setzen.

Sascha Müller-Kraenner
, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Das Gutachten zeigt, dass Biomasse kein umweltfreundlicher Ersatz für Kohle ist. Wenn wir anstatt Kohle tonnenweise Holzpellets in Heizkraftwerke kippen, übt das einen gigantischen Druck auf die globalen Ökosysteme aus und verschärft somit die Klima- und Biodiversitätskrise. Umrüstungsvorhaben wie in Hamburg sind grundsätzlich der falsche Ansatz, um die Energiewende voranzubringen – sie ersetzen lediglich ein Übel durch ein anderes. Wir fordern die Hamburger Umweltbehörde auf, das Vorhaben zu stoppen und nicht auf Buschholz aus Namibia zu setzen.
Hintergrund für die Umstellung des Kohlekraftwerks Tiefstack auf namibische Holzbiomasse ist die Biomasse-Partnerschaft Hamburg-Namibia der Hamburger Umweltbehörde. Das Projekt prüft den Import von Buschholz, um das ökologische Problem der ‚Verbuschung‘ in Namibia zu mindern und den Hamburger Kohleausstieg zu beschleunigen. Die Idee dazu entstand im Rahmen eines Projektes der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), das die Buschzunahme in Namibia eindämmen möchte und Studien zur ‚Verbuschung‘ in Auftrag gab.
In ihrem Gutachten kritisieren die Klima- und Ökosystemexperten Prof. Dr. Pierre Ibisch und Dr. Axel Schick von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (HNEE) die industrielle Nutzung von Buschholz aus Namibia. Demnach decken sich weder die von der Hamburger Umweltbehörde genannten Zuwachsraten noch die angegebenen Flächen von namibischen Gehölzen mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Da das Vorhaben somit auf falschen Annahmen beruhe, raten die Autoren mit Nachdruck von einem Buschholzimport aus Namibia ab.
Dazu Prof. Dr. Pierre Ibisch, Co-Autor des von der DUH in Auftrag gegebenen Gutachtens: „Unsere Auswertung legt nahe, dass sowohl das Problem der ‚Verbuschung‘ als auch das entsprechende Potenzial an erntefähiger Buschbiomasse überbewertet werden. Folgerichtig stellt unser Gutachten die Kohlenstoffbilanzen und die Nachhaltigkeitsbewertungen einer Buschholzernte ernsthaft in Frage. Alles in allem stützt der derzeitige Wissensstand in keiner Weise die Annahme, dass ein nachhaltiger Export von Buschbiomasse aus Namibia möglich und sinnvoll ist – schon gar nicht, wenn das Ziel ein Beitrag zum Klimaschutz ist.“
Eine Entscheidung zur Umrüstung des Kohlekraftwerks Tiefstack möchte die Hamburger Umweltbehörde in diesem Jahr treffen. Nach Ansicht der DUH muss sie der Idee eine Absage erteilen. Die Verbrennung von Buschholz aus Namibia ist aus klima- und umweltpolitischer Sicht keine nachhaltige Lösung für grüne Fernwärme im Raum Hamburg.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH, erklärt dazu: „Statt einem Kohlekraftwerk mit Holzbiomasse neues Leben einzuhauchen, muss die Hamburger Umweltbehörde auf erneuerbare Alternativen setzen. Großwärmepumpen, die Nutzung heimischer biogener Reststoffe und auch Solarthermie sind die Antwort auf die Klimakrise. Dafür muss aber auch die Bundespolitik mitspielen: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bremst bereits seit Monaten ein Förderprogramm für erneuerbare Fernwärme aus. Das ‚Bundesprogramm effiziente Wärmenetze‘ muss nun so schnell wie möglich veröffentlicht und gestartet werden. Im Gegenzug muss die Förderung von fossiler Kraft-Wärme-Kopplung eingestellt werden. Nur so können die erneuerbaren Alternativen für Fernwärme wettbewerbsfähig werden.“
Um ihrem Protest gegen die Umrüstung des Kohlekraftwerks Tiefstack auf Biomasse Nachdruck zu verleihen, hat die DUH gemeinsam mit der Natur- und Umweltschutzorganisation Robin Wood eine Petition gestartet. Unterstützt wird die Petition durch Förster und Autor Peter Wohlleben. Sie richtet sich an die zuständigen Umweltbehörden und Kraftwerksbetreibenden und fordert, weder Steuergelder in Milliardenhöhe noch tonnenweise Holz für klimaschädliche Scheinlösungen zu verbrennen.

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Dirk Seifert