Die zivil-militärischen Risiken der Atomenergienutzung sind von weiter wachsender Bedeutung. Das wird klar, wenn die USA jetzt entschieden haben, Nuklear-Technik an Saudi-Arabien zu liefern. Eine Entscheidung der USA, die sich auch gegen den Iran richtet. Das entsprechende Atom-Abkommen hatten die USA einseitig aufgekündigt. Saudi-Arabien hat angekündigt, in den nächsten Jahren in die Atomenergienutzung einzusteigen und hat auch davon gesprochen, eine eigene Urananreicherung aufbauen zu wollen, wenn der Iran diese Technik betreiben kann. Urananreicherung? Über die verfügen die Vereinigten Arabischen Emirate derzeit auch noch nicht. Deshalb liefert der teilweise deutsche URENCO-Konzern (URanium ENrichment COmpany) das angereicherte Uran für die Brennelemente. Ende des Jahres soll der erste vor vier Atomreaktoren in den VAE in Betrieb gehen. Als Reaktion auf den Angriff von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf den Jemen hat es vor einiger Zeit nicht bestätigte Berichte gegeben, dass es zu einem Raketenangriff auf das seinerzeit noch nicht in Betrieb befindliche AKW in den VAE gekommen sein soll. Zwei Texte zu diesem Themenkomplex sind heute auf der Homepage des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel online gegangen. Ein Text mit einem Aufruf zum Ostermarsch an der Uranfabrik in Gronau und ein Artikel zu parlamentarischen Fragen und einem Antrag, in dem auch die Stilllegung der bundesdeutschen Uranfabriken gefordert werden.
Die USA haben laut Medienberichten sieben Genehmigungen für den Export von brisanter Nuklear-Technik für Saudi-Arabien erteilt. Dort sollen neue Atommeiler entstehen. In den Vereinigten Arabischen Emiraten soll noch in diesem Jahr das Erste von vier neuen AKWs in Betrieb gehen, versorgt mit angereichertem Uran der teilweise deutschen URENCO, die unter anderem in Gronau eine vom Atomausstieg ausgenommene Anreicherungsfabrik betreibt. Zu den Hintergründen dieser erschreckenden Entwicklungen hat Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE, jetzt der Bundesregierung Fragen gestellt. Zdebel hat das Thema zivil-militärischer Atomgefahren auch in den aktuellen Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „
Keine Rüstungsexporte an Saudi-Arabien und andere am Jemenkrieg beteiligte Staaten“ (PDF) eingebracht.
Mit zwei „mündlichen Fragen“ reagiert Zdebel auf die aktuellen Entscheidungen der USA. Folgen dürften die jetzt erteilten Genehmigungen der USA für die Lieferungen von Atomtechnik an Saudi-Arabien auch mit Blick auf den Atom-Vertrag mit dem Iran haben. Den hatten die USA jüngst gegen den Protest der anderen Beteiligten einseitig aufgekündigt und erneut Sanktionen gegen den Iran verhängt.
Zdebel ist besorgt, dass unter dem Deckmantel der vermeintlich zivilen Atomenergie Bestrebungen für die Entwicklung eigener Atomwaffen in Saudi-Arabien stattfinden könnten. Außerdem kritisiert er die Lieferungen von angereichertem Uran für demnächst in Betrieb gehende neue Atommeiler in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die teilweise deutsche Urananreicherungsfirma URENCO hat dieses angereicherte Uran hergestellt und geliefert. Schließlich müsse man sich angesichts des von den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien geführten Krieges gegen den Jemen auch darüber Sorgen machen, dass Raketenangriffe auf Nuklearanlagen durchgeführt werden könnten.
Die Antworten der Bundesregierung werden mündlich in der Fragestunde des Bundestages am nächsten Mittwoch (10. April) erfolgen oder schriftlich bis zum nachfolgenden Donnerstag.
Die Fragen des MdB Hubertus Zdebel an die Bundesregierung lauten:
1. Hat die Bundesregierung Kenntnis für welche Art von Nuklear-Technik zum Bau von Atomreaktoren, mit denen sich laut Spiegel „in einem zweiten Schritt auch Plutonium herstellen“ ließe, die US-Regierung Ausfuhrgenehmigungen für die Lieferung an Saudi Arabien erteilt (http://www.spiegel.de/politik/ausland/usa-liefern-nuklear-technologie-nach-saudi-arabien-a-1260259.html), und welche Einschätzung hat die Bundesregierung zu dieser Entscheidung vor dem Hintergrund wachsender Proliferationsrisiken in der Region auch hinsichtlich des von den USA einseitig aufgekündigten Iran-Atom-Vertrages und der geplanten Inbetriebnahme von neuen, mit von URENCO angereichertem Uran versorgten Atomkraftwerken in den Vereinten Arabischen Emiraten, die in der Vergangenheit möglicherweise bereits wegen der Beteiligung der Vereinten Arabischen Emirate am Krieg gegen den Jemen Ziel eines Raketenangriffs waren (https://www.focus.de/politik/ausland/bericht-von-tv-sender-jemens-huthi-rebellen-feuern-rakete-auf-kernreaktor-in-abu-dhabi_id_7930549.html ), und insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Vereinten Arabischen Emirate heute neben Saudi Arabien zu den größten Waffenimporteuren der Welt zählen (http://www.spiegel.de/politik/ausland/diese-arabischen-laender-treiben-atom-programme-voran-a-1197608.html)?
2. Welche Kenntnisse über mögliche angestrebte Lieferungen von angereichertem Uran oder von Technologie zum Aufbau eigener Möglichkeiten zur Urananreicherung seitens Unternehmen mit deutscher Beteiligung – wie zum Beispiel URENCO oder die Enrichment Technology Company (ETC) oder mit diesen in Verbindung stehenden Unternehmen – hat die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem geplanten Bau und Betrieb von Atomkraftwerken in Saudi Arabien (http://www.spiegel.de/politik/ausland/usa-liefern-nuklear-technologie-nach-saudi-arabien-a-1260259.html), und warum setzt sich die Bundesregierung nicht dafür ein, dass Unternehmen mit Standorten in Deutschland oder deutscher Beteiligung angesichts der Risiken von Atomunfällen und des militärischen Missbrauchs keine Atomtechnik bzw. Kernbrennstoffe in Länder wie bis jetzt in die Vereinigten Arabischen Emirate oder künftig nach Saudi Arabien liefern dürfen?
Ein neues atomares Wettrüsten hat begonnen und auch über eine europäische Atombombe mit deutscher Beteiligung wird debattiert. Eine Atomfabrik, in der die Bundesrepublik waffenfähiges Uran herstellen könnte, gibt es. Die steht im westfälischen Gronau, gehört zum weltweit tätigen Urankonzern URENCO und ist vom Atomausstieg ausgenommen. Gründe genug, angesichts wachsender Atomgefahren bei den kommenden Ostermärschen auf die Straße zu gehen, findet der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE). Auftakt der Proteste ist der 19. April in Gronau mit einer Demonstration zur Urananreicherungsanlage.
Hubertus Zdebel, Sprecher für den Atomausstieg der Bundestagsfraktion DIE LINKE: „Die atomare Aufrüstungsspirale muss gestoppt werden. Statt Atomraketen am deutschen Fliegerhorst in Büchel, einer Modernisierung der Atomwaffen oder der Aufkündigung von wichtigen Bausteinen zur Rüstungskontrolle wie dem INF-Vertrag oder gar der absurden Diskussionen über eine europäische Atombewaffnung mit deutscher Beteiligung brauchen wir Abrüstung, Abrüstung, Abrüstung!
Dazu gehört unbedingt auch: Die Bundesregierung muss die Atomwaffen aus Büchel wegschaffen lassen und die Uranfabrik in Gronau muss schnellstens abgeschaltet werden.“
Mit Blick URENCO macht Zdebel klar: „Die Urananreicherung in den Zentrifugen der URENCO enthält die Möglichkeit und das Risiko, atomwaffenfähiges Uran herzustellen und ist damit in vielfältiger Weise militärisch brisant. Keine andere deutsche Atomanlage zeigt, wie kurz der Weg von der vermeintlichen zivilen zur militärischen Nutzung ist!
Die Urangeschäfte der URENCO bei der atomaren Stromerzeugung mit ihren Brennstofflieferungen für marode AKWs wie in Tihange sind schon gefährlich genug. Immer öfter aber wird URENCO im Zusammenhang mit militärischen Interessen in Verbindung gebracht. Sei es, wenn URENCO das Uran in Krisengebiete für die neuen Atomkraftwerke der Vereinigten Arabischen Emirate herstellt oder sich als Lieferant von Uran für militärisch genutzte Atommeiler wie Watts Bar 1 in den USA anbietet. Erst vor wenigen Wochen hat URENCO für die USA angekündigt, künftig bis kurz vor die Atomwaffengrenze von 20 Prozent angereichertes Uran herstellen zu wollen.“