Atomtransporte aus Frankreich nach Deutschland – Entsorgungsfondsgesetz zahlt für weniger Atommüll – Konzerne sparen erneut
Die Bundesregierung sorgt mit einer im Eiltempo von den Mehrheitsfraktionen im Bundestag durchgezogenen Änderung des Entsorgungsfondsgesetzes für eine Reduzierung der Atomtransporte mit radioaktiven Abfällen aus der Plutoniumfabrik in Frankreich. Ziel dieser Rücktransporte war das Zwischenlager Ahaus. Die Hintergründe der Vereinbarung sind jedoch noch weitgehend unklar. Nicht einmal die Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestages war über die Hintergründe eines kurzfristigen Änderungsantrages der Regierungsfraktionen informiert, sonst würde sie nicht mehr Transparenz einfordern. So vorteilhaft es mit Blick auf Sicherheitsfragen ist, dass die Anzahl der Atomtransporte reduziert wird: Klar aber ist, dass der staatliche Entsorgungsfonds (Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung, KENFO) finanziell mit der Gesetzänderung in diesen Deal zwischen deutschen und französischen Atomkonzernen und den beiden Regierungen einbezogen wird. Die Neuregelung ermöglicht, dass der KENFO auch dann finanziell aktiv werden kann, wenn es sich nicht um direkte Entsorgungs-Aufgaben handelt, sondern Maßnahmen dazu führen, den Entsorgungsaufwand zu reduzieren. In jedem Fall führt das dazu, dass auch die Atomkonzerne noch einmal Kosten sparen und damit ebenfalls entlastet werden. Zuletzt hatten die Konzerne eine deutlich erhöhte Entschädigung für den Atomausstieg durchgesetzt. Offen ist auch, für welche weiteren Maßnahmen die neue gesetzliche Grundlage künftig eingesetzt werden könnte.
- Über die gesamten Atomgesetzänderungen, zu denen auch das Entsorgungsfondsgesetz zählt, berichtet der Bundestag hier online.
- UmweltFAIRaendern hatte zu dem Thema und den geplanten Atomtransporten zuletzt hier berichtet: Zwischenlager Ahaus: Deutscher Atommüll bleibt vorerst in Frankreich
- Siehe auch diesen Bericht zum Thema Atomgesetzänderungen: Linke sagt Nein zu Atomgesetz-Änderungen: Entschädigung für Konzerne – Nachteile für Gerichte und Bürger:innen
Beschlossen hat der Bundestag heute – nach den gestrigen Beratungen in den Ausschüssen – die 17. und 18. Atomgesetzänderung und die Änderung zum Entsorgungsfondsgesetz. Mit der 17. AtG-Novelle wird jetzt die staatliche Autorität der Genehmigungsbehörden in Sachen Terrorschutz von Atomanlagen bei Klagen vor Gericht deutlich und einseitig verstärkt. Die 18. Novelle regelt die Zahlung von Entschädigung der Atomkonzerne für den Atomausstieg nach Fukushima. Vattenfall hatte mit seiner Investitionsschutzklage nach der Energie-Charta die Zahlung von rund 2,5 Mrd. Euro durchgesetzt. Ehemals war ein Betrag von maximal unter einer Milliarde Euro erwartet worden.
- Zur 17. ATG-Novelle siehe hier auf umweltFAIRaendern.
Dokumentation: Das Bundesumweltministerium meldet hier:
Deutschlands Einsatz für den Atomausstieg geht weiter
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Verändertes Vorgehen führt zu weniger Transporten und geringeren Kosten
Die deutschen Atomkraftwerksbetreiber sind verpflichtet, radioaktive Abfälle aus Frankreich zurückzunehmen, die dort bei der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente aus deutschen Atomkraftwerken entstanden sind. Völkerrechtlich ist die Rückführungsverpflichtung durch einen deutsch/französischen Notenwechsel flankiert. Die ursprüngliche vertragliche Verpflichtung und Planung sah so aus: Fünf Castor-Behälter mit verglasten mittelradioaktiven Abfällen sollten bis 2024 aus Frankreich ins Zwischenlager an den Standort Philippsburg gebracht werden. 152 Behälter mit hochdruckverpressten mittelradioaktiven Metallresten der aufgearbeiteten Brennelemente sollten zudem bis 2024 aus Frankreich zurückgenommen und im Zwischenlager Ahaus aufbewahrt werden. Aufgrund technischer Schwierigkeiten bei der dafür vorgesehenen Behälterbauart TGC27 gelang es dem von den Unternehmen beauftragten deutsch-französischen Konsortium nicht, zeitgerecht zugelassene Behälter dieser Art für die Rückführung zur Verfügung zu stellen. Nach letztem Stand wäre es zu einer Verzögerung bis in die 2040er Jahre gekommen. Diese Verzögerung war insbesondere für die französische Seite nicht akzeptabel und sie forderte schon länger eine Lösung.
Die nun entwickelte Lösung sieht Folgendes vor: Die 152 Behälter mit Metallresten kommen nicht nach Deutschland. Statt fünf Castor-Behältern mit verglasten mittelradioaktiven Abfällen sollen drei bis fünf Castor-Behälter mit verglasten hochradioaktiven Abfällen an den Standort Philippsburg gebracht und aufbewahrt werden. Das dortige Zwischenlager ist für 152 Behälter-Stellplätze genehmigt. Mit der neuen Lösung reduziert sich die Anzahl der Transporte radioaktiver Abfälle aus Frankreich: Statt voraussichtlich bis zu 17 Transporten mit mittelradioaktiven Abfällen findet nur ein Transport mit hochradioaktiven Abfällen statt. Außerdem werden 30 leere, ausgediente Brennelemente-Transportbehälter nach Ahaus gebracht. Damit wird Philippsburg genauso behandelt wie die anderen Zwischenlager-Standorte Biblis, Isar und Brokdorf, die im Zuge des Gesamtkonzepts für die Rückführung von Wiederaufarbeitungsabfällen von 2015 ebenfalls verglaste hochradioaktive Abfälle (aus dem Vereinigten Königreich) aufgenommen haben beziehungsweise noch aufnehmen werden.
Deutschland nimmt in der Summe die gleiche Radioaktivität aus Frankreich zurück wie ursprünglich vereinbart. Allerdings sind das Abfallvolumen und daher auch die Zahl der Transporte geringer. Die französische Seite wiederum hat einen Mehraufwand für die Endlagerung in Folge eines größeren Abfallvolumens und erhält dafür einen Ausgleich durch die deutschen Energieversorgungsunternehmen. Der Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO) soll sich mit einer finanziellen Leistung beteiligen, da sich auch die vom KENFO zu tragenden Kosten für die Entsorgung der Wiederaufarbeitungsabfälle in Deutschland reduzieren. Der KENFO trägt die langfristige Kostenverantwortung für die Zwischen- und Endlagerung der radioaktiven Abfälle, die beim Betrieb der deutschen Atomkraftwerke angefallen sind. Die Energieversorgungsunternehmen haben dafür in den KENFO über 24 Milliarden Euro eingezahlt. Im Interesse von Rechtssicherheit und Transparenz hat die Bundesregierung dafür eine gesetzliche Ergänzung vorgeschlagen, die dem Bundestag morgen zur Abstimmung vorliegt.
Die Bundesregierung kann dieser Lösung einschließlich einer KENFO-Beteiligung im Wesentlichen aus drei Gründen zustimmen: Erstens kommt es sowohl in finanzieller und als auch sicherheitstechnischer Sicht insgesamt zu einer Entlastung für Deutschland. Zweitens war es gegenüber Frankreich völkerrechtlich notwendig, unseren außenpolitischen Verpflichtungen durch eine einvernehmliche Lösung nachzukommen, nachdem die ursprünglichen Vereinbarungen auf deutscher Seite nicht eingehalten werden konnten. Und drittens ist es innenpolitisch ein großer Gewinn, dass nicht noch über viele Jahre immer wieder Transporte durchgeführt werden müssen.
Hinweis: Dies ist eine gemeinsame Information von Bundeswirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium.
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