Weihnachtsgeschenk für die Atomlobby
Ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk bereitete Bundespräsident Christian Wulff der Atomlobby heute, in dem er die Gesetze unterzeichnete, die den Atomkraftwerken eine längere Laufzeit garantieren. Verschiedene Parteien bereiten nun eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vor. Für die Anti-AKW-Bewegung wird es kaum Sinn machen, auf eine Entscheidung des obersten Gerichts zu warten. Dort geht es doch am Ende nicht darum, wie riskant die Atomtechnologie ist, sondern im Wesentlichen darum, ob der Bundesrat in das Gesetzesverfahren hätte eingebunden werden müssen. Es geht also nicht um Risiken, sondern um Formalia. Die Parteien werden, ob ihrer eigenen Logik, natürlich auf die Bundestagswahlen im Jahr 2013 verweisen. Doch Wulffs Unterschrift ist auch eine andere Zäsur – nun ist die Befriedung des Atomkonflikts aufgehoben worden. Der von rot-grün mit der Atomindustrie unterzeichnete Vertrag sollte ja beiden Seiten nicht nur Rechtssicherheit geben, sondern er befriedete einen lange schwelenden gesellschaftlichen Konflikt – in dem es auch Tote gab. Im Protest gegen die WAA Wackersdorf warfen ja auch CSU-wählende Bauern Steine auf die Polizei, die das Projekt durchknüppeln sollte. Ich möchte solche Bilder hier nicht herbeireden – aber sie sollen zeigen, wie stark der Konflikt um die Atomenergie tobte. Und noch immer teilt der Konflikt die Gesellschaft – wenn auch nicht so militant wie in den 80er Jahren. Eine Mehrheit der Menschen ist gegen Atomkraftwerke. Und hundertausende gingen in diesem Jahr auf die Straße. Doch dies ignorieren die Regierenden – in einer Arroganz der Macht. Und diese Arroganz ist auch Geschichtsvergessen. Die gewonnene Dynamik der Anti-AKW-Bewegung wird kurzfristig vielleicht leicht abnehmen. Doch sie wird sich weiter zeigen: in den jeweils regionalen Konflikten um Atomkraftwerke und „Zwischenlager“. In neuen Initiativen für Ökostrom und die Re-Kommunalisierung der Stromnetze. Ein kleiner Anfang werden die Proteste und Demonstrationen im ostdeutschen Lubmin sein. Und gerade diese Proteste, wie die im Wendland verweisen auf eine der Achillesversen der Atomenergie: die ungeklärte Endlagerfrage. Und demnächst laufen die Zwischenlager über.