Endlagersuche und geologische Daten: Transparenz für BürgerInnen oder Schutz wirtschaftlicher Interessen
Bundestagsdebatte zur Einbringung des Entwurfs zur Veröffentlichung der geologischen Daten für die Suche nach einem „Endlager“ für hochradioaktiven Abfälle. Viel zu spät und mit enormen Zeitdruck im laufenden Verfahren dieser „Endlagersuche“ legt die Bundesregierung (Bundeswirtschaftsministerium) jetzt einen Entwurf vor, mit dem gegen die Interessen von Öl- oder Gaskonzernen die Veröffentlichung geologischer Daten zugunsten der Transparenz für betroffene BürgerInnen geregelt werden soll. Betroffene sollen bei der Endlagersuche nach dem Standortauswahlgesetz als Konsequenz aus dem Desaster in Gorleben umfangreich beteiligt und umfangreiche Kenntnis über die Gründe und Quellen für getroffene Entscheidungen haben. Der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel machte klar: „Wenn Geo-Daten nicht veröffentlicht werden können, weil Industrie-Unternehmen hintenrum das mit Klagen blockieren, dann muss aus Gründen der Fairness das Such-Verfahren gestoppt werden.“
Außerdem sagte der Abgeordnete: „Für uns LINKE gilt: Gründlichkeit muss vor Schnelligkeit gehen. Das ist zentral in den kommenden Beratungen zu diesem wichtigen Gesetz.“ (Die Rede ist unten im Wortlaut.)
Die halbstündige Debatte zum Geodaten-Gesetz-Entwurf ist hier komplett in der Mediathek des Bundestages zu finden. Die Rede von Hubertus Zdebel hier als Video:
Am kommenden Montag, den 9. März findet im Wirtschaftsausschuss des Bundestages eine Anhörung zum Geodatengesetz statt. Unter dem angegebenen Link ist auch die Liste der Sachverständigen sowie (demnächst) deren Statements zu finden. Die Fraktion DIE LINKE hat Edo Günther vom BUND als Sachverständigen für die Anhörung aufgerufen. Noch im März soll das Gesetz verabschiedet werden.
Liste der geladenen Sachverständigen
- Steffen Kanitz, Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE)
- Dr. Thomas Pütter, Vorstand, BDI-Ausschuss für Rohstoffpolitik
- Prof. Hartmut Gaßner, Gaßner, Groth, Siederer & Coll. (GGSC)
- Prof. Dr. Matthias Rossi, Universität Augsburg
- Prof. Dr. Ralph Watzel, Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
- Andreas Tschauder, Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz
- Edo Günther, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND)
- Prof. em. Dr. Joachim Wieland, LL.M., Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer
- Prof. Dr. Klaus Töpfer, Vorsitzender des Nationalen Begleitgremiums (NBG)
- Dr. Torsten Mertins, Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
Die Rede des MdB Hubertus Zdebel im Wortlaut:
Hubertus Zdebel (DIE LINKE):
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Atommüllendlagersuche braucht Transparenz und Bürgerbeteiligung. So ist es nach dem Gorleben-Desaster im Standortauswahlgesetz dann auch geregelt worden. Dafür müssen Daten zum geologischen Untergrund veröffentlicht werden. Der vorliegende Entwurf zum Geologiedatengesetz soll dafür jetzt die Grundlage legen und damit auch das Lagerstättengesetz aus der Nazizeit endlich ablösen; und das ist gut so.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Obwohl die Bundesregierung seit 2017 Zeit hatte, kommt dieser Entwurf mal wieder auf den letzten Drücker. Das macht unsere Beratungen in einer so sensiblen Problematik nicht einfacher. Eigentlich müsste Ihnen ja auch schon längst klar sein: In Gorleben, in Morsleben und in der Asse hat staatliches Handeln einen Scherbenhaufen bei der Atommülllagerung hinterlassen, und die Menschen sind zu Recht sehr misstrauisch.
(Beifall bei der LINKEN)
Deswegen stellen wir Linken höchste Ansprüche nicht nur bei der Sicherheit der Atommülllagerung, sondern eben auch, was Transparenz und Bürgerbeteiligung angeht.
Bereits Ende September 2020, also in circa sieben Monaten, soll der erste Zwischenbericht Teilgebiete durch die Bundesgesellschaft für Endlagerung, BGE, vorgelegt werden. Danach steht als erste echte Bürgerbeteiligung die sogenannte Fachkonferenz Teilgebiete auf dem Plan. Mit den im Entwurf festgelegten Übergangsfristen und der späten Vorlage ist es jetzt Millimeterarbeit, dass alle erforderlichen Geodaten rechtzeitig für diesen Fahrplan auf den Tisch kommen.
Der Entwurf sieht vor, dass Einsprüche von betroffenen Dritten gegen eine Veröffentlichung keine aufschiebende Wirkung haben; und das ist gut so. Was aber, wenn zum Beispiel betroffene Öl- oder Gaskonzerne auf anderem Weg rechtlich eine aufschiebende Wirkung durchsetzen? Dann steht nicht nur die Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger infrage, sondern es wird auch gleich um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu diesem Verfahren gehen; denn sie haben in dieser ersten Phase laut StandAG keinerlei Klagemöglichkeiten. Das hatten wir als Linke während des gesamten Standortauswahlgesetzverfahrens immer wieder kritisiert. Ich sage das klipp und klar: Wenn Geodaten nicht veröffentlicht werden können, weil Industrieunternehmen das hintenherum mit Klagen blockieren, dann muss aus Gründen der Fairness das Suchverfahren angehalten werden, dann brauchen wir ein Moratorium.
Für uns Linke gilt: Gründlichkeit muss vor Geschwindigkeit und Schnelligkeit gehen. Das ist zentral in den kommenden Beratungen zu diesem wichtigen Gesetz.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)