Uranhandel: Immer noch Atomtransporte durch Hamburg
Noch immer werden radioaktive Materialien im Zusammenhang mit dem internationalen Uranhandel und dem Betrieb von Atomkraftwerken auch durch die Hansestadt Hamburg abgewickelt. Das geht aus den Antworten des rot-grünen Senats auf eine erneute Schriftliche Kleine Anfrage der linken Bürgerschaftsabgeordneten Stephan Jersch und Norbert Hackbusch hervor. Vor allem die Uranfabrik in Lingen ist derzeit in der Kritik, weil sie weiterhin Atombrennstoffe aus Russland bezieht und dorthin auch radioaktives Material liefern will. Brennelemente aus der Anlage rollen auch durch Hamburg.
Demnach wurden Nuklearbrennstoffe von der vom Atomausstieg ausgeklammerten Uranfabrik in Lingen für schwedische Atommeiler über Hamburg per LKW transportiert. Von Schweden aus rollten Atomtransporte mit Nuklearbrennstoff über Hamburg nach Temelin in Tschechien und nach Frankreich. Auch die ebenfalls vom Atomausstieg ausgenommene Uranfabrik in Gronau war an derartigen Brennstoff-Transporten über Hamburg involviert.
Insgesamt 12 Atomtransporte mit angereichertem Uran fanden von Juni bis September über Hamburgs Straßen statt. Hinzu kamen weitere 18 Atomtransporte mit radioaktivem Uran, welches erst noch für den Einsatz als Brennstoff in entsprechende Fertigungsanlagen vorbereitet werden muss und die über den Hafen abgewickelt wurden. Auch über Kontrollen und einzelne Schiffsverbindungen mit Atomstoffen gibt die Schriftliche Kleine Anfrage auf Initiative der Linksfraktion Auskünfte.
- Die Schriftliche Kleine Anfrage Atomtransporte durch Hamburg (XIII) (Drucksache 22/12979) ist hier als PDF online.
Im Vorspann zur Anfrage stellen die beiden Bürgerschaftsabgeordneten fest: “Vor fünf Monaten sind nun auch die letzten AKWs in Deutschland abgeschaltet worden. Nun könnte der Eindruck entstehen, dass das Thema Atomenergie nun endlich vom Tisch ist. Doch dies ist nicht der Fall. Transporte radioaktiver Stoffe sind immer noch hoch und die Frage nach der Atommüllendlagerung ist weiterhin vollkommen ungeklärt.
Die Urananreicherungsanlage in Gronau (zweitgrößte der Welt) und die Brennelementfabrik im emsländischen Lingen sind vom Atomausstieg nicht betroffen und können unbefristet weiter betrieben werden. Die Nutzung der Atomenergie ist also auch weiterhin eine Gefahr für Menschen und Umwelt.
Zuletzt berichtete die „tageszeitung“ über genehmigte Urantransporte aus Russland nach Lingen. Auch in Hamburg blieben die Atomtransporte im 2. Quartal 2023 konstant hoch. Über 60 radioaktive Atomtransporte haben laut den Senatsauskünften durch die Hansestadt stattgefunden (Drs. 22/12208). Dabei waren die Transporte aus der Uranfabrik in Lingen für schwedische Atomkraftwerke dominant.
Das Niveau der radioaktiven Transporte bleibt weiterhin unverändert. Oftmals stehen diese Transporte in Zusammenhang mit dem Betrieb von Atommeilern und den Uranfabriken. Besagte Transporte finden über Hamburgs Straßen oder den Hafen statt. Kernbrennstoffe per Lkw gehen zwischen Schweden, den Niederlanden und Frankreich über Hamburg. Laut Senatsauskünften (zuletzt in der Drs. 22/12208) sind 2022 140 Atomtransporte nachweisbar durch unsere Stadt gegangen. Damit ist kein Rückgang gegenüber den Vorjahren zu bemerken.
Diese Zahl zeigt immer noch: Inwieweit Hamburg nach der im Mai 2014 in der Bürgerschaft abgelehnten Teilentwidmung seines Hafens für Atomtransporte (vergleiche Drs. 20/11317) von seiner Rolle als ein Drehkreuz im internationalen Atomgeschäft, unter anderem zur Versorgung von AKWs, wegkommt, bleibt auch weiterhin zu beobachten.
Denn Uranoxide, das extrem giftige und ätzende Uranhexafluorid, unbestrahlte (neue) Brennelemente von und zu Brennelement-Fabriken, zum Beispiel der ANF in Lingen, oder andere Produkte im Zusammenhang mit der Nutzung der Atomtechnologie werden weiterhin umgeschlagen, und durch das Hamburger Stadtgebiet fahren weiterhin zahlreiche „Kernbrennstoff-Transporte“, ausschließlich auf dem Straßenweg, im Transit. Letztes Jahr über 70, überwiegend mit neuen Uran-Brennelementen oder Uranhexafluorid.
Zwar gibt der Senat nach § 1 der Verschlusssachenanweisung für die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg (HmbVSA) vom 1. Dezember 1982 im Voraus keine Auskunft zu Kernbrennstofftransporten, da Informationen über zukünftige Kernbrennstofftransporte aus Sicherheitsgründen bundesweit als „Verschlusssache/nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft sind; aber wenigstens Angaben zu bereits durchgeführten Transporten und zu der Umweltbehörde vorliegenden gültigen Genehmigungen für den Transport radioaktiver Stoffe sind aus den seit rund einem Jahrzehnt immer wieder aus der Fraktion DIE LINKE gestellten diversen Anfragen, zuletzt in der im Juni beantworteten Drs. 22/12208, für die interessierte Öffentlichkeit ablesbar.
Um weiterhin möglichst vollständige Zahlen über Anzahl, Art und Umfang der Atomtransporte zumindest durch Hamburgs Hafen öffentlich verfügbar zu machen, werden aus der Fraktion DIE LINKE hier zum nunmehr 53. Mal dem Senat umfassend Fragen zum Themenkomplex gestellt.
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