SPD Hamburg – Gibt es da etwa Ärger mit der innerparteilichen Demokratie?
Update 23.45: Na da ist was los – in der SPD und ich Sachen Volksentscheid. Aber jetzt ist alles wieder wie gestern – Erklärung folgt gleich unten. Vorweg: Der Hinweis auf der Seite der SPD-Eimsbüttel-Nord ist wieder dort, wo her hingehört. Im Laufe des heutigen Abends wurde der auf der Homepage veröffentlichte Hinweis auf eine Broschüre der SPD-Linken, in der diese zum Ja für den Volksentscheid aufrufen und in der sie für eine offene Debatte in der SPD plädieren – wieder zurückdatiert und unter dem Veröffentlichungsdatum 29. Juli eingeordnet. Sehr schön. Da wurde im District wohl miteinander geredet.
Was bis hierhin geschah: (Text mit Stand vom 30.7., 19.19 Uhr)
Ja, was ist denn da los? Wundersame Dinge passieren auf den Internet-Seiten der Hamburger SPD. Gibt es da möglicherweise Ärger hinter den Kulissen? Gar schlimmeres? Gestern erschien ein Hinweis auf der Seite der SPD-Eimsbüttel-Nord – über den heute die taz mit Bezug auf diesen Hinweis schrieb – und jetzt plötzlich ist der Hinweis nicht mehr von gestern, sondern vom 3. Juli (siehe Foto unten). Ein wundersamer Zeitsprung! Oder sollten sich da ein paar SPD-Spitzen-Genossen geärgert haben? Oder gar schlimmeres?
Der Reihe nach: Die stellvertretende Vorsitzende des Bezirks (UPDATE: DESTRICTS!), Carola Ensslen, hatte am gestrigen Montag – den 29.7. – einen Hinweis samt Downloadlink (update: Siehe jetzt wieder oben!) auf die von SPD-Linken herausgegebene Broschüre „Hamburger Diskurs Energiewende“ auf der Homepage der SPD-Eimsbüttel-Nord veröffentlicht (Text siehe unten). Darin widersprechen die GenossInnen der SPD-Mehrheitsposition zum Volksentscheid und fordern dazu auf, mit Ja beim Volksentscheid abzustimmen. Und sie fordern, dass endlich in der SPD offen über die Energiewende und die Frage der Rekommunalisierung diskutiert wird. Ein unglaublicher Vorgang innerhalb der SPD!
Auch die taz stellt fest: „Es ist ein Affront gegen den Hamburger Bürgermeister und SPD-Landesvorsitzenden Olaf Scholz“ und trifft damit wohl tatsächlich die Stimmung in den Parteispitzen… NEIN NEIN, möchte man da als kleiner Blogger frohgemut und positiv ausrufen: Es ist nur Demokratie und freie Meinungsäußerung.
Ist es das?
Jedenfalls: heute, am 30. Juli gibt es den Hinweis vom 29. Juli nicht mehr auf der Homepage der SPD-Eimsbüttel-Nord. Erst wenn man die Suchfunktion nutzt, findet man den Text wieder. Jetzt mit Datum vom 3. Juli.
UPDATE: zwischenzeitlich lautete der Link: http://spd-eimsbuettel-nord.de/2013/07/03/hamburger-diskurs-energiewende-erschienen/, Siehe nebenstehendes Foto!)
Interessant: Zu diesem Termin war die in dem Hinweistext beworbene Broschüre noch gar nicht erschienen. (Und auch nicht der Download-Link. Der verweist nämlich auf diesen Blog und ist zusammen mit dem Artikel Hamburger Diskurs Energiewende – SPD-Mitglieder für vollständige Rekommunalisierung der Energienetze am letzten Samstag veröffentlicht worden.
Was soll denn das? Offenkundig ist zwischen gestern und heute das (Speicher)Datum geändert worden, damit der Text im Seitenranking deutlich weiter nach hinten rutschte und nicht mehr oben im Bereich der Startseite sichtbar war. Warum?
Darüber wird hier in den nächsten Tagen zu berichten sein.
Hier aber noch mal einige Fakten und Gedanken dazu, wie es um die Gemütsverfassung der SPD-Basis mit Blick auf die vom Bürgermeister verordnete Partnerschaft mit den Atomkonzernen Vattenfall und E.on wirklich stehen könnte:
Laut einer Meinungsumfrage des Abendblatts aus dem Frühjahr ist nicht nur eine Mehrheit der HamburgerInnen dafür, dass nicht länger Vattenfall und E.on die Netze betreiben sollen. Auch 72 Prozent der SPD-WählerInnen sympathisieren demnach mit der Forderung, dass die Netze vollständig in die öffentliche Hand gehören. Angesichts derart hoher Sympathiewerte unter den WählerInnen ist es eigentlich nur erstaunlich, dass innerhalb der SPD nicht mehr um die Frage Rekommunalisierung der Netze gestritten wird. Selten war es so still in der Partei. Zustimmung?
Wohl kaum: Auch unter SPD-Mitgliedern traut kaum einer den Atomkonzernen Vattenfall und E.on über den Weg. Auch sie haben erlebt, wie Vattenfall nach den Pannenserien in den AKWs Brunsbüttel und Krümmel die Bevölkerung angelogen hat. Die wissen von den ewigen Preistreibereien, davon, dass diese Unternehmen mit Laufzeitverlängerung für Atommeiler die Energiewende zu Fall bringen wollten.
Viele SPD-Mitglieder haben nach der für die SPD verheerenden letzten Bundestagswahl aktiv die Menschenkette zwischen den AKWs Brunsbüttel und Krümmel unterstützt, haben gemeinsam mit Anti-Atom-Initiativen daran gewirkt, dass 120.000 Menschen für den Atomausstieg – und gegen Vattenfall und E.on – auf die Straße gingen. Das war für viele SPD-GenossInnen nicht nur ein politisches Erlebnis, sondern auch ein sehr emotionales. Endlich mal so richtig gemeinsam mit Bürgerinitiativen gemeinsam auf der Straße! Kam in den Jahren unter Schröder und Nachfolgern ja nicht wirklich oft vor.
Oftmals hieß es nach dem Wahldesaster, nachdem die Partei am Boden lag: „Endlich können wir mal sagen, was wir denken und dafür auch aktiv sein.“ Für viele SPD-GenossInnen waren die Menschenkette und die anschließenden Großdemonstrationen vor und nach Fukushima ein Großerlebnis: Die Basis war gefordert und engagierte sich. Und jetzt – einen Wahlsieg später und unter „König“ Scholz sollen sie es richtig finden, dass die Dinosaurier-Konzerne Vattenfall und E.on ihre „Partner für Hamburg“ sein sollen? Konzerne, die vor dem Verfassungsgericht und Schiedsgericht in Washington die Bundesbürger mit milliardenschweren Schadensersatzklagen für den Atomausstieg bedrohen?
Es ist doch eigentlich ein Wunder, dass die Hamburger SPD bislang – in Totenstille erstarrt – den Kurs der Führung mitmacht. Einen Kurs, bei dem selbst das konservative Abendblatt fassungslos wird, als Vattenfall krisengebeutelt vor wenigen Tagen ankündigt, sich möglicherweise ganz aus Deutschland zurück zu ziehen.
Demokratie braucht Mut. In der SPD offenbar derzeit mehr, also an anderen Orten dieser Republik!
** Der Text auf der Homepage der SPD-Eimsbüttel Nord lautete: „Eine aktuelle Ausgabe des Hamburger Diskurses setzt sich intensiv mit dem Volksentscheid Energienetze auseinander, der in Hamburg parallel zur Bundestagswahl stattfindet. Das Ergebnis kann man unschwer dem Foto der Titelseite entnehmen. Der Diskurs will die nicht wirklich geführte Diskussion in der SPD anregen. Der weitere Inhalt spricht für sich. Empfehlung: Lesen und die Argumente losgelöst von Polemik und Angstmache (z. B. vor Schulden) auf sich wirken lassen.“ Nebenstehend war das kleines Bildchen die Titelseite zu sehen und per Anklicken konnte die Broschüre als PDF heruntergeladen werden.