Berlin, Berlin, wir waren in Berlin!

Mit einem privaten Sonderzug sind über 600 Demonstrant_innen gegen Stuttgart 21 zur Bundeshauptstadt gefahren. Auch Robin Wood Aktivist_innen aus Stuttgart waren mit dabei. Die Lok war mit großen Bannern gegen Stuttgart 21 geschmückt und stand zur Abfahrt bereit im Stuttgarter Hauptbahnhof, dessen Gleise, wenn Bahn und Politik weiterhin ihr Prestigeprojekt Stuttgart 21 durchprügeln, unter die Erde verlegt werden sollen. Doch von einem betrübten, geschlagenen Widerstand, selbst nach dem brutalen Polizeieinsatz am 30.09 und den Schlichtungsgesprächen, die die Bürger_innen ruhig stellen sollen, war nichts zu spüren. Im Gegenteil! Jubelnde Demonstrant_innen wurden von ihren Mitstreiter_innen, mit schwenkenden K21 Fahnen und Transparenten, Trillerpfeifen und Vuvuzelas, und Leckereien für die Fahrt, verabschiedet. Die Widerstandsband spielte durchgehend bis alle eingestiegen waren und stieg dann auch selber ein. Bei der Fahrt ließ die tolle Stimmung auch nicht nach. Mit Transparenten, Plakaten und Aufklebern beschmückten die Demonstrant_innen die restlichen Waggons und bei jedem Halt stiegen viele aus, um Leute mitten in der Nacht über den Protest aufzuklären und Aufkleber und K21-Brause zu verteilen. Andere riefen „oben bleiben!“ und „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“ Es wurde in zwei Zugabteilen fast die Ganze Nacht durchgetanzt, bevor sich alle ein Paar Stündchen Schlaf geholt haben, um Energie für den kommenden Protesttag in Berlin zu tanken. Und dann kamen wir an…und wie wir ankamen! Was die Berliner_innen sich wohl gedacht haben, als Hunderte aus dem Schwabenland mit Transparenten, Banner, Vuvuzelas, Trillerpfeifen und Rufe von „oben bleiben!“ gekommen sind. Lächeln und freudige Stimmung haben wir zum größten Teil von den zur Arbeit fahrenden Berliner_innen geerntet. Der Protest strömte auf den Washingtonplatz vor dem Hauptbahnhof und versammelten sich zuerst mit den Projektgegner_innen und Unterstützer_innen aus Berlin. Dort wurden zusammen Croissants und Brezeln gefrühstückt, bevor die Demonstration zusammen mit der Riesenpuppe Dundu losgezogen ist, um einen Antrag auf Annahme Stuttgarts als Kanton an die Schweizer Botschaft zu überreichen. Die symbolische, augenzwinkerliche Aktion bezog sich darauf, dass in der Schweiz Großprojekte zuerst durch eine Bürgerbefragung müssen, bevor sie realisiert werden können. Eine Praxis, die einen Geschmack von richtiger Demokratie hinterlässt und die in Stuttgart und Deutschland dringend vonnöten ist. [http://www.youtube.com/watch?v=-cDH0F84Gcs] Danach zog die Demonstration weiter über den Bertholdt Brecht Platz zum Brandenburger Tor. Hier verschwand eine kleinere Gruppe aus Parkschützer_innen und Robin Wood Aktivist_innen um einen aus Stuttgart mitgebrachten Widerstandsbaum – einen von der Polizei gefürchteten Kastanienbaum – zu holen und im Park gegenüber des Kanzleramtes zu pflanzen. Noch trägt er keine gefährliche Pflastanien, aber Polizei und Politik seien hiermit vorgewarnt. 😉 Nach der Mittagspause ging es dann mit mehreren Schiffsfahrten auf der Spree…natürlich mit Fahnen und Transparenten. Die meisten Schiffe mussten zuerst eine_n Verantwortliche_n gegenüber der Wasserschutzpolizei nennen, um überhaupt ablegen zu dürfen, da das Schiff auch durch die Bannmeile um des Bundestags fahren würde. Mehrere Schiffe bekamen sogar eine polizeiliche Begleitung durch Schiffe der Wasserschutzpolizei. Demonstrant_innen eines der Schiffe machten eine spontane Aktion für Meinungs- und Demonstrationsrecht, in der sie sich aufstellten und mit zugeklebten Mündern schwiegen. Die letzten Schiffe fuhren vermutlich schon so spät, dass die Sitzungen im Bundestag fertig waren, denn zu dieser Zeit gab es nur noch Polizeibeamt_innen am Ufer. Die Stuttgart 21 Gegner_innen riefen zumindest diesmal beeindruckend „Lügenpack“ als sie Bundestag und Bundeskanzleramt passierten. Um 17:00 fanden sich dann alle zur Schlußkundgebung wieder am Potsdamer Platz vor der Hauptzentrale der Deutschen Bahn zusammen. Hinzu kamen Projektgegner_innen aus Berlin und einige Unterstützer_innen aus der Widerstandsbewegung gegen den Flughafen Berlin Brandenburg (BBI, nun auch Berlin 21 genannt). Dort wurden die Fotos des Projekts Gegenlicht 21 gezeigt, Reden gehalten und Gespräche mit Berliner_innen geführt. Von dort zogen wir in einer unangemeldeten Pseudodemonstration zurück zum Hauptbahnhof, begleitet von der Widerstandsband, die sich erst vor ein Paar Monaten richtig zusammengefunden hat, jetzt schon erstaunlich gut spielt und eine enorme Bereicherung unseres Protestes darstellt. Alle sind eingestiegen, haben noch fröhlich winken und „oben bleiben“ rufen können, bevor die Meisten total erschöpft nur noch ins Bett fallen konnten. Den ganzen Tag lang erlebten wir freundliche und glückliche Berliner_innen, die uns zurückgewunken haben, Daumen hoch gezeigt haben und uns viel Glück und Kraft gewünscht haben. Im Großen und Ganzen war es ein sehr schöner, kreativer und erfolgreicher Protesttag!

Regionalgruppe Stuttgart

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