Prozess wegen S21: Es kam, wie es kommen sollte…

Robin Wood-Aktivist von Stuttgarter Amtsgericht wegen Baggerbesetzung verurteilt.

Aktivisten von RobinWood und den Parkschützern protestieren vor dem Stuttgarter Amtsgericht gegen die Kriminalisierung der S21-Proteste. (Foto: Grodotzki/ROBIN WOOD)
Am heutigen Dienstag, den 07.12.10, fand in Stuttgart der erste Prozess gegen einen ROBIN WOOD-Aktivisten wegen Aktionen in Zusammenhang mit Stuttgart 21 statt. Das Gericht verurteilte Benny, wegen einer Baggerbesetzung am 30.08.10, zu einer Geldtrafe von insgesamt 300 Euro. Ein zweiter Aktivist wurde in Abwesenheit zur Zahlung seines Strafbefehls in Höhe von 1000 Euro verurteilt. Beide hatten Einspruch gegen die Strafbefehle wegen Hausfriedensbruchs eingelegt und waren nach dem Schlichterspruch im Schnellverfahren vor Gericht geladen worden. Mit der Baggerbesetzung sollte der Abriss des Nordflügels verhindert werden. Die Schaffung weiterer unumkehrbarer Tatsachen war eine Provokation für den gesamten S21-Widerstand.
Benny Maier setzt sich mit RobinWood seit Jahren in Stuttgart für die Umwelt ein - jetzt steht er vor Gericht. (Foto: Grodotzki/ROBIN WOOD)
Trotz erheblicher Zweifel, beispielsweise an der Zuständigkeit der Firma, die den Strafantrag stellte, und obwohl kein Zeuge bestätigen konnte Benny beim Übersteigen des Bauzauns gesehen zu haben (das Überwinden eines Hindernisses ist eine d er Voraussetzungen für diesen Hausfriedensbruch) drückten Richterin und Oberstaatsanwalt Häußler ihr Urteil durch. Jedoch mussten sie eingestehen, dass die im Strafbefehl angesetzten 50 Tagessätze a 20€ sowohl für das Vergehen als auch für den Geldbeutel eines jungen Studenten unangemessen waren. So forderte der Staatsanwalt 50 Tagessätze a 10€ und das Urteil belief sich schlussendlich auf 30 Tagessätze mit den geforderten 10€ und die Übernahme der Gerichtskosten. Von Anfang an machte das Gericht klar, worum es in diesem Prozess ging: Der zweite angeklagte Kletterer, Arne K., wurde trotz mündlicher wie schriftlicher Bestätigung, dass er sich gerade in Südamerika befinde, als „unentschuldigt abwesend“ zu den im Strafbefehl geforderten 50 Tagessätzen verurteilt. Auch die Schnelle des Verfahrens und, dass überhaupt ein Oberstaatsanwalt für ein einfaches Hausfriedensbruch-Verfahren aus dem Büro geholt wird ist eher ungewöhnlich. Zudem ist Oberstaatsanwalt Häußler bei weitem kein unbeschriebenes Blatt, wenn es um politische Repressionen geht. So erregte er schon 2006 wegen seines abstrusen Versuchs, das durchgestrichene Hakenkreuzsymbol unter Strafe zu stellen, bundesweites Aufsehen und wurde schließlich vom Bundesgerichtshof zurechtgewiesen. Zum krönenden Abschluss machte Häußler in seinem Plädoyer noch einmal unmißverständlich den Abschreckungs-Charakter des Prozesses klar, indem er erklärte, das Urteil solle auch ein Signal an den S21-Protest sein. Schon während des Verfahrens wurde klar, dass sich die S21-Bewegung nicht so leicht unterkriegen lässt: Mehrere hundert UnterstützerInnen von ROBIN WOOD, Parkschützern und dem Bündnis tröpfelten ab halb neun ins Amtsgericht ein. Obwohl der Prozess in den größten Saal des Gebäudes verlegt wurde, reichte der Platz bei weitem nicht aus, um alle UnterstützerInnen und PressevertreterInnen zu fassen. Benny und seine Anwältin prüfen nun weitere Rechtsmittel um in Berufung zu gehen. Wer Benny und die anderen Angeklagte unterstützen will, kann dies auf dem Rechtshilfekonto hier tun. Update: Einige bewegte Bilder des Prozesses gibt es hier beim SWR…

Chris Grodotzki

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