AKWs stilllegen – Landesregierung Schleswig-Holstein will Atomgesetzänderung

Bis heute schweigt Vattenfall, was mit dem stillgelegten AKW Krümmel passieren soll. Foto: Dirk Seifert

Pressemitteilung der Landesregierung Schleswog-Holstein vom 23. Oktober: Reform des Atomgesetzes – Landesregierung will AKW-Betreiber zu zügigen Stilllegungsverfahren zwingen
Schleswig-Holsteins Landesregierung startet eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Atomgesetzes, um den Betreibern von Atomkraftwerken Fristen für Stilllegungsanträge zu setzen und sie so zwingen zu können, Stilllegungsverfahren zügig in Gang zu bringen. Damit folgt sie auch dem Beschluss des Landtags aus der September-Sitzung. Ein entsprechender Entwurf für eine Reform des Atomgesetzes passierte heute (23. Oktober) das Kabinett.
Er soll am 2. November in den Bundesrat eingebracht werden. Darüber hinaus beschloss die Landesregierung, den von Energieversorgungsunternehmen vor dem Bundesverfassungsgericht erhobenen Verfassungsbeschwerden gegen das Atomausstiegsgesetz entgegenzutreten und das Atomausstiegsgesetz zu verteidigen.
„Mehr als ein Jahr, nachdem acht Atomkraftwerke ihre Berechtigung zum Leistungsbetrieb verloren haben, sind noch immer nicht alle notwendigen Stilllegungsanträge gestellt. Negativ fallen die Schleswig-Holsteinischen Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel auf, auch wenn wir für Brunsbüttel bald einen entsprechenden Antrag erwarten.  Wir haben einen Zustand, in dem wir das beschlossene Atomausstiegsgesetz nicht durchsetzen können. Das kann nicht angehen“, kritisierte der für die Atomaufsicht zuständige Energiewendeminister Robert Habeck. Das geltende Recht sei lückenhaft und enthalte keine expliziten Regelungen, in welchem Zeitrahmen Betreiber Stilllegungsanträge stellen und eine Stilllegung abwickeln müssen. „Mit unserem Entwurf schließen wir eine eklatante Lücke im Atomgesetz – auch für die neun weiteren Atomkraftwerke, die in den kommenden Jahren in einem gestaffelten Zeitplan sukzessiv  bis spätestens Ende 2022 noch vom Netz gehen müssen.“
Außerdem sieht der Gesetzentwurf vor, den sicheren Einschluss als Rückbauvariante nicht mehr zuzulassen, sondern nur den kompletten Abbau der Anlage. „Das ist politisch und fachlich geboten. Es ist wichtig, dass qualifiziertes, erfahrenes Personal, das auch über sehr tiefe anlagenspezifische Kenntnisse verfügt, am Rückbau beteiligt ist. Die ungelöste Endlagerfrage ist kein Argument gegen einen Rückbau. Wer sich dahinter verstecken will, der will offenbar die Umsetzung des Ausstiegs auf den Sanktnimmerleinstag verschieben. Es ist zwar unbefriedigend, dass es kein Endlager gibt, aber es wäre falsch, der Bevölkerung die Belastungen länger als nötig zuzumuten“, sagte Habeck.
Die Lagerung hochradioaktiver, abgebrannter Brennelemente erfolgt – wie im Rahmen des Atomausstieg-Konsenses von 2002 vorgesehen – in standortnahen Zwischenlagern, solange, bis ein Endlager zur Verfügung steht. „Das unterstreicht nur einmal mehr, dass wir mit der Atomenergie einen Blindflug ohne Landebahn begonnen haben und schnell ein Endlagersuchgesetz brauchen“, betonte der Minister.
Folgende Punkte sind in der geplanten Novelle geregelt:
•             Streichung der Stilllegungsvariante „sicherer Einschluss“ und Festschreibung einer Pflicht der Betreiber, die Anlagen nach endgültiger Betriebseinstellung oder dem Verlust der Berechtigung zum Leistungsbetrieb unverzüglich endgültig stillzulegen und den vollständigen Abbau sowie die Beseitigung der Anlage bis zur grünen Wiese herbeizuführen.
•             Gesetzliche Verankerung von verschiedenen Fristen, binnen derer Betreiber Stilllegungsanträge stellen müssen.
•             Möglichkeiten für die Behörden, um die genannten Punkte mit Auflagen und Anordnungen durchzusetzen zu können.
•             Verstöße gegen Anordnungen, Auflagen etc. der zuständigen Behörden zur Durchsetzung der Stilllegungspflichten können danach mit Geldbußen bis zu einer Million Euro geahndet werden. Der bisherige Bußgeldrahmen für nach dem Atomgesetz zu ahndende Ordnungswidrigkeiten lag zwischen 500 € bis 50.000 €.
In den Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerden der Kernkraftwerksbetreiber E.ON, RWE und Vattenfall will die Landesregierung zudem gemeinsam mit Baden-Württemberg eine Stellungnahme abgeben. Sie soll belegen, dass die 13. Atomgesetznovelle, mit der der Atomausstieg besiegelt wurde, sachlich gerechtfertigt und rechtmäßig ist. „Die Reaktorkatastrophe von Fukushima hat eine Neubewertung der Risiken der Kernenergie erforderlich gemacht“, betonte Habeck. „Auch der jüngste europäische Testbericht hat aufgezeigt, wie viele Mängel die AKW haben.“
 
 

Dirk Seifert

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