An der wirklichen Katastrophe vorbei – Übung am AKW Grohnde

Wohin, wenn es im AKW Grohnde kracht?

Unter Ausschluss der Bevölkerung hat am Samstag, 10.11.2012, eine Stabsübung zum Katastrophenschutz für das AKW Grohnde stattgefunden. Eine begrenzte Zahl von JournalistInnen hatten von der Polizeidirektion Göttingen die Möglichkeit erhalten, sich zu akkreditieren, die Übung zu beobachten und anschließend an einer Pressekonferenz teilzunehmen. Angelika Claußen, die von der Übung für das Magazin FORUM der internationalen Ärzteorganisation IPPNW berichten wollte, wurde der Zugang und die Teilnahme verweigert. Auch rund um das ebenfalls von E.on betriebene AKW Brokdorf kritisieren Bürgerinitiativen den „katastrophalen Katastrophenschtz“ (Info auch hier).
Mit den tatsächlichen Bedingungen bei einer atomaren Katastrophe im AKW Grohnde haben die jüngsten Übungen nicht viel zu tun. Darauf sind die vorhandenen Katastrophenschutzpläne bis heute nicht ausgelegt.
Tobias Darge von der Regionalkonferenz Grohnde hat sich die neuen Entwürfe für den Landkreis Hameln-Pyrmont jüngst angesehen und festgestellt, dass diese an der Wirklichkeit völlig vorbei gehen. „Der Katastrophenschutzplan sieht Evakuierungen nur im Umkreis von 10 Kilometer um das AKW vor. Im Fall Grohnde beträfe dies 58.000 Menschen, die laut Plan innerhalb von 17 Stunden in den Nachbarlandkreisen untergebracht werden sollen, also etwa 30 bis 50 Kilometer weiter.  Nach einer Studie des Bundesamts für Strahlenschutz können bei einem Unfall in einem AKW allerdings selbst Gebiete in 170 Kilometer Entfernung noch auf Jahrzehnte unbewohnbar werden. Es ist also höchst wahrscheinlich, dass auch die im Katastrophenschutzplan vorgesehenen Aufnahmeregionen radioaktiv verseucht würden. Und allein der Landkreis Hameln- Pyrmont hat 153.000 EinwohnerInnen.“
Nicht nur das Bundesamt für Strahlenschutz räumt inzwischen ein, dass es beim Katastrophenschutz erhebliche Mängel gibt. Auch der Chef des Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gibt zu, dass es im Falle von erforderlichen großflächigen Evakuierungen kaum möglich ist, die Menschen in Sicherheit zu bringen (Siehe auch hier).
Die Übung in Hameln hatte nach Angaben des Göttinger Polizeipräsidenten Robert Kruse denn auch nur das äußerst begrenzte Ziel, die Kommunikation und den Ablauf zwischen den beteiligten Stellen von zwei Landkreisen im Kastrophenfall zu üben. In einer Pressemitteilung heißt es laut Weserbergland Nachrichten: „Ziel ist die Erprobung des Sonderplanes des Landkreises Hameln-Pyrmont und des Anschlussplanes des Landkreises Holzminden, die Förderung des Kommunikationsaustausches zwischen beteiligten Fachkräften und Fachbehörden, die Überprüfung der Aufbau- und Ablauforganisation der Katastrophenschutzleitung sowie die Durchführung von Abstimmungen von Katastrophenschutzmaßnahmen“, erklärte Kruse.“
Nicht einmal mit den zuständigen Behörden im angrenzenden Nordrhein-Westfalen hat es bei der Übung eine Zusammenarbeit gegeben. Dabei ist in Kreisen von Unfallhelfern und Katastrophenschützern bekannt, dass es gerade bei der länderübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Niedersachsen und NRW immer wieder erhebliche Probleme gibt.
Und weiter berichtet das Blatt: „Mehr als 200 Einsatzkräfte und die Katastrophenschutzbehörden in einem Radius von 25 Kilometern wurden aus dem Lagezentrum im Kreishaus seit den frühen Morgenstunden im Rahmen des Katastrophenschutzes gesteuert. Es wurde die höchste Gefährdungsstufe 7 angenommen.“
Z.B. sollten „mögliche gefährdete Gebiete mit dem Radiologischen Lagezentrum“ identifiziert werden, „die dortige Bevölkerung“ informiert und „Evakuierungsmaßnahmen sowie die Verteilung von Jodtabletten“ vorbereitet (!!)  werden. „Mit der heutigen Stabsrahmenübung endet eine Reihe von Katastrophenschutzübungen in der Umgebung des Gemeinschaftskernkraftwerkes. Die Polizeidirektion Göttingen war im Oktober 2011 vom Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport damit beauftragt worden.“
Eine Auswertung der Übung soll in den nächsten Wochen erfolgen und mit den Beteiligten erörtert werden. Von einer Information für die Öffentlichkeit war nicht die Rede.

Dirk Seifert

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