Volksentscheid Energienetze Hamburg – SPD-Spitze zeigt dünne Nerven

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Die Hamburger SPD ist nervös – Hält das Nein zum Volksentscheid? Foto: Dirk Seifert

Die SPD-Spitze in Hamburg zeigt mit Blick auf die eigene Parteibasis ein recht dünnes Nervenkostüm in Sachen Volksentscheid „Unser Hamburg – Unser Netz“. Letzte Woche hatte ein kleiner Kreis von SPD-Linken mit einer Zeitung „Hamburger Diskurs Energiewende“ für ein Ja zur vollständigen Rekommunalisierung der Energienetze plädiert und kritisiert, dass es bislang keine wirklich offene Debatte dazu in der SPD gegeben habe. Den „Diskurs“ hatte ich hier auf umweltFAIRaendern.de veröffentlicht, zwei Tage später wurde die Broschüre auf der Homepage des SPD-Districts Eimsbüttel-Nord online gestellt. Tage später berichteten taz-Hamburg, Bild und andere über diesen Widerspruch zur Mehrheitsposition in der SPD. Siehe hier: Hamburger Diskurs Energiewende – SPD-Mitglieder für vollständige Rekommunalisierung der Energienetze
Obwohl die SPD-Führung versucht, die Broschüre als von zwei, drei fragwürdigen AbweichlerInnen erstelltes Machwerk abzuqualifizieren, die keineswegs für die Linken in der SPD repräsentativ sind, sind die Medienreaktionen doch heftig. „Zwei Genossen hatten mit einer Broschüre, dem „Hamburger Diskurs“, mächtig für Aufruhr innerhalb der SPD gesorgt, weil sie darin die Vorzüge für einen kompletten Rückkauf der Energienetze beschreiben“, schreibt das Abendblatt am letzten Samstag. Kein Wunder: Denn es ist klar, dass eigentlich viele in der SPD mit der Forderung des Volksentscheids nach einer vollständigen Rekommunalisierung der Energienetze sympathisieren und Vattenfall und E.on als „Partner der Stadt“ eher ärgerlich finden. Immerhin, so hatte das Abendblatt im Februar 2013 auf Basis einer repräsentativen Umfrage mitgeteilt: Rund 72 Prozent der SPD-WählerInnen würden dem Volksentscheid gegen Vattenfall und E.on positiv gegenüber stehen. (Siehe hier: Energienetze Hamburg – Mehrheit für vollständige Übernahme.)
Grund genug also, sich in der SPD Sorgen zu machen. Am letzten Samstag hatte das Hamburger Abendblatt noch mal ausführlich über diesen Vorgang berichtet.
So schreibt das Abendblatt über Sönke Klages, Mitarbeiter im Büro des Abgeordneten Wolfang Rose: „…. das Vorstandsmitglied Sönke Klages, sah sich genötigt, in einem Schreiben an den Landeschef („Lieber Olaf“) und die übrigen Parteispitzen, sich zu distanzieren. In einer E-Mail schrieb er: „In ihrem ‚Hamburger Diskurs‘ zum Volksentscheid (…) erwecken Dietrich Lemke und Carola Ensslen den Eindruck, sie würden damit in irgendeiner Form ‚die‘ sozialdemokratische Linke repräsentieren. Als früherer Sprecher und Koordinator der ‚Hamburger Linken‘ ist mir die Feststellung wichtig, dass dies nicht der Fall ist.“
(Nun gibt es zwar die „Hamburger Linken“ eigentlich in diesem Sinn gar nicht mehr, Klages ist ja auch nur der EX-Koordinator und früherer Sprecher. So wenig wie sich andere daher zu „den Linken“ als eine organisierte Kraft in der SPD erklären könnten, kann Klages eigentlich auch nur für sich selbst sprechen.  Aber das ist vielleicht Nebensache. Komisch eigentlich, dass es DIE SPD-LINKE gar nicht mehr gibt! Gründe genug wären eigentlich vorhanden… Aber das ist ein anderes Thema.)
Auch der Fraktionsvorsitzende der Bürgerschaftsfraktion, Andreas Dressel, muss wohl ein wenig aus der Haut gefahren sein, denn das Abendblatt weiß zu berichten: „Andreas Dressel ist in der Zwischenzeit ein wenig gefasster“.  Interessant wäre jetzt, genauer zu erfahren, wie der Zustand vor „in der Zwischenzeit“ war, aber dazu schreibt das Abendblatt leider nichts.
Natürlich ist das jetzt nur Spekulation: Wenn aber das Abendblatt es für erforderlich hält, auf die Stimmungslage so ausführlich einzugehen, darf man wohl getrost spekulieren, dass möglicherweise noch andere VertreterInnen in der SPD-Spitze nicht nur „blanke Nerven“ nach der Veröffentlichung des „Diskurses“ zeigten. Dass der erwähnte Text auf der Homepage des Districts Eimsbüttel-Nord mehrfach umdatiert wurde, lässt vermuten, dass es auch massiven Druck gegen die Initiatoren des „Diskurses“ gab. (zu den Umdatierungen siehe hier: SPD Hamburg – Gibt es da etwa Ärger mit der innerparteilichen Demokratie?
Interessant ist in jedem Fall: Der Druck innerhalb der SPD, abweichende Meinungen zum Volksentscheid nicht zuzulassen, ist enorm und es wird mit schwerem Geschütz gearbeitet, sollte doch jemand den Kopf zeigen. Die Art und Weise, wie in der Bild (diffamierend, beleidigend und unter der Gürtellinie) aber auch im Abendblatt (tendenziös) über eine der am „Diskurs“ Beteiligten unter Berufung auf nicht genannte „führende“ SPD-Mitglieder (Bild) oder „anderer Sozialdemokrat“ (Abendblatt) schreibt, ist erschreckend. Vor allem deshalb, weil niemand in der SPD die GenossInnen kritisiert, die gegenüber Journalisten derartige persönliche Aussagen über die Betroffene gemacht haben.
Da möchte man doch Sönke Klages bitten, sich auch von den GenossInnen zu distanzieren, die derart böse in der Presse gegen ein Parteimitglied herziehen! Und auch ein Wort von Andreas Dressel wäre angebracht.

Dirk Seifert

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