Vattenfall und die Energienetze – Hohe Gewinne für angeschlagenen Konzern

tschuessvattenfallAm 3. November entscheiden die BerlinerInnen per Volksentscheid über die Rekommunalisierung der Vattenfall-Stromnetze. Die HamburgerInnen haben das im September bereits erfolgreich gemacht. Für den angeschlagenen Vattenfall-Konzern geht es dabei um viel. Vor allem um viel Geld, denn die Netze sind äußerst profitabel. Allein in Berlin soll Vattenfall mehr als 70 Millionen Euro im letzten Jahr verdient haben (Siehe unten).
Für Hamburg – wo es nicht nur um das Stromnetz, sondern auch um die Fernwärme und das Gasnetz ging, liegen nun öffentliche Zahlen über die wichtigsten Geschäftsdaten bei den Energienetzen vor: Genau einen Tag nach dem erfolgreichen Volksentscheid über die vollständige Rekommunalisierung der Energienetze veröffentlichte die „Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement“ (HGV) ihren Jahresabschluss für 2012 – und damit einige wesentliche Geschäfts-Daten zu den Umsätzen und Gewinnen aus den drei Netzgesellschaften für Strom, Fernwärme und Gas. Im Geschäftsjahr 2012 hatte sich die Stadt aufgrund der Beschlüsse der SPD-Mehrheit in der Bürgerschaft mit einem Minderheitsanteil von 25,1 Prozent an den Netzen von Vattenfall (Strom, Wärme) und Gas (E.on) beteiligt. Nach dem erfolgreichen Volksentscheid werden diese Geschäftsbeteiligungen rückabgewickelt – um die Netze dann zu 100 Prozent in die öffentliche Hand zu übernehmen.
Unten finden Sie die wichtigsten Aussagen aus dem HGV-Bericht direkt zum Nachlesen. Der gesamte Geschäftsbericht der HGV für 2012 ist auf deren Homepage zu finden oder hier als PDF.
Während E.on seinen Geschäftsbericht für das Gasnetz für 2012 im August veröffentlichte, hat Vattenfall seine Berichte bislang unter Verschluss gehalten. Mehr als 17 Millionen Euro Gewinn machte das Unternehmen mit dem Gasnetz in 2012. Erst wenige Tage vor dem Volksentscheid hatte das Unternehmen die Gewinne für das Hamburger Stromnetz auf Druck der Medien bekannt gegeben. Demnach soll in Hamburg ein Gewinn von 48 Millionen Euro in 2012 erzielt worden sein. Für die Wärme-Sparte waren keine Zahlen zu bekommen. Diese sind nun erstmals zumindest teilweise in dem Jahresabschluss der HGV nachzulesen.
Allerdings sind dem HGV-Bericht nun andere Zahlen zu entnehmen. Demnach lag das Ergebnis vor Gewinnabführung beim Gasnetz (E.on) bei 13,6 Millionen Euro. Beim Vattenfall-Stromnetz heißt es im Geschäftsbericht der HGV: „Das Ergebnis vor Gewinnabführung hat sich entsprechend deutlich auf 67,9 Mio. € verbessert“ (Siehe unten und im Anhang).
Für die Vattenfall-Wärme gibt der HGV-Bericht – allerdings offenbar nur die zweite Jahreshälfte (!!) von 2012 – an: „Der Jahresüberschuss vor Gewinnabführung beträgt 27,9 Mio. €“. Zuvor spricht der HGV-Bericht von dem „Rumpfgeschäftsjahr vom 1. Juli bis 31. Dezember 2012“. !Hier muss noch mal nachgeprüft werden, ob es sich um Halbjahresdaten handelt!
Die Umsatzerlöse sollen demnach bei 156,9 Mio. € gelegen haben. Das deutet auf eine extrem hohe Rendite bei der Fernwärme hin! Beachtenswert ist auch die Stromerzeugung. Bei der Wärmeerzeugung wird in den Kraftwerken auch Strom erzeugt, den die Gesellschaft verkauft. Im HGV-Bericht heißt es: „540 GWh Strom abgesetzt, von denen 495 GWh aus Eigenerzeugung stammen. Zudem wurden 1.797 GWh Wärme abgesetzt.“
Die Zahlen machen deutlich, warum nicht nur E.on, sondern vor allem Vattenfall sich mit einer zweistelligen Millionensumme gegen den Volksentscheid gestemmt hatte. Siehe auch: Vattenfall und der Volksentscheid: “Die Netze als rettender Anker”.
In Berlin, wo am 3. November ebenfalls ein Volksentscheid für die Stromnetzübernahme von Vattenfall in die öffentliche Hand ansteht, geht es dem Konzern ebenfalls um die hohen Gewinne, die mit den Netzen erzielt werden können.
Volksentscheid Berlin: Vattenfall macht über 70 Millionen Euro Gewinn mit Stromnetz
Siehe auch: Ausverkauf Vattenfall – Braunkohle-Kraftwerke für polnischen Energieversorger?
Auszüge aus dem HGV Geschäftsbericht 2012 zu den Netzgesellschaften:
Seite 18: „Die Hamburg Netz GmbH (HNG), an der die HGV zu 25,1% beteiligt ist, betreibt das Erdgasnetz in großen Teilen der FHH auf einer Länge von 7.400 km. Neben Wartung und Instandhaltung des Netzes ist sie auch für den Ausbau der technischen Infrastruktur zuständig, beispielsweise für die Aufnahme von Biogas in das Verteilnetz. Im Zuge der Beteiligung Hamburgs an der HNG wurde der „Technische Netzservice“ mit 271 Beschäftigten von der E.ON Hanse AG auf die Hamburg Netz GmbH übertragen. Die HNG hat im Geschäftsjahr 2012 vor allem witterungsbedingt mit 19.128,1 GWh geringfügig mehr Gas durch die Netze verteilt als im Vorjahr (2011: 18.969,0 GWh). Die Umsatzerlöse haben sich gegenüber 2011 deutlich um 15,1 % auf 160,4Mio. € erhöht (2011: 139,3 Mio.€).
Ursächlich waren insbesondere Abrechnungen von Differenzen eingespeister zu den von Endkunden bezogenen Energiemengen sowie erstmalig angefallene Dienstleistungs- und Betriebsführungsentgelte aus dem „Technischen Netzservice“. Der Umsatzsteigerung standen nur teilweise erhöhte Aufwendungen gegenüber, so dass das Ergebnis vor Gewinnabführung deutlich auf 13,6 Mio. € gestiegen ist (2011: 0,1 Mio. €). Die HGV erhält für das Geschäftsjahr 2012 eine zeitanteilige feste Ausgleichszahlung in Höhe von 1,68 Mio. €.
Die HGV ist an der Stromnetz Hamburg GmbH (SHG, bis 15. April 2013: Vattenfall Stromnetz Hamburg GmbH) mit 25,1 % beteiligt. Die SHG betreibt innerhalb des Stadtgebiets Hamburg das Stromverteilnetz mit einer Gesamtlänge von rd. 30.000 km und ist verantwortlich für die Sicherheit sowie die Zuverlässigkeit der Stromversorgung.
Die Stromabgabe belief sich im Geschäftsjahr 2012 auf 12.673 GWh und ist damit gegenüber dem Vorjahr leicht um 1,6 % gesunken (2011: 12.882 GWh).
Die Umsatzerlöse sind im Geschäftsjahr 2012 um 23,9 Mio. € bzw. 4,8 % auf 518,6 Mio. € gestiegen. Dabei stiegen die Erlöse aus der Netznutzung (334 Mio. €) überproportional (+10,6 %), da im Gegensatz zum Vorjahr die Netzentgeltbefreiung für stromintensive Betriebe in 2012 vom Übertragungsnetzbetreiber erstattet wurde (rd. 37,3 Mio. €). Die betrieblichen Aufwendungen verringerten sich insbesondere aufgrund um 46,4 Mio. € gesunkener Materialaufwendungen. Ursächlich waren im Wesentlichen geringere Aufwendungen für Fremdleistungen und geringere Energiebezugskosten.
Das Ergebnis vor Gewinnabführung hat sich entsprechend deutlich auf 67,9 Mio. € verbessert (2011: – 1,3 Mio. €). Die HGV hat für 2012 vertragsgemäß keine Ausgleichszahlung erhalten. Der ihr pro rata temporis zustehende feste Ausgleich in Höhe von 3,3 Mio. € ist mit dem Kaufpreis verrechnet worden.
Die Vattenfall Wärme Hamburg GmbH (VWH) hat ihre Geschäftstätigkeit zum 1. Juli 2012 aufgenommen, nach dem das Hamburger Wärmegeschäft aus der Vattenfall Europe Wärme AG auf sie abgespalten wurde. Die Gesellschaft errichtet und betreibt in Hamburg Leitungen zur Verteilung von Fernwärme. Des Weiteren erzeugt und vertreibt sie Fernwärme und Strom. Die HGV ist an ihr mit 25,1 % beteiligt.
Die VWH hat im Rumpfgeschäftsjahr vom 1. Juli bis 31. Dezember 2012 540 GWh Strom abgesetzt, von denen 495 GWh aus Eigenerzeugung stammen. Zudem wurden 1.797 GWh Wärme abgesetzt. Die Umsatzerlöse betrugen 156,9 Mio. €. Den größten Anteil daran haben die Wärmeerlöse, die durch eine insgesamt kältere Witterung positiv beeinflusst wurden. Die Aufwendungen ein schließlich des Zinsergebnisses beliefen sich auf 136,9 Mio. €. Der Jahresüberschuss vor Gewinnabführung beträgt 27,9 Mio.€. Die HGV hat für das gesamte Geschäftsjahr 2012 eine feste Ausgleichszahlung in Höhe von 14,66 Mio.€ erhalten. Der über den Jahresanteil hinausgehende Betrag wurde mit dem Kaufpreis verrechnet.“
Seite 7: „Ver- und Entsorgung
Die Ende November 2011 abgeschlossenen Verträge über den Erwerb von jeweils 25,1 % der Anteile an den Netzgesellschaften Strom und Fernwärme mit der Vattenfall Europe AG sowie von 25,1 % der Anteile an der Netzgesellschaft Gas mit der E.ON Hanse AG sind 2012 nach Zustimmung der Gremien der Verkäuferinnen sowie der Hamburgischen Bürgerschaft planmäßig vollzogen worden. Die Beteiligung an der Stromnetzgesellschaft, der Stromnetz Hamburg GmbH (SHG, vormals: Vattenfall Stromnetz Hamburg GmbH), ist am 4. Juni 2012 wirksam geworden, der Vertrag bezüglich der Gasnetzgesellschaft, der Hamburg Netz GmbH (HNG), am 3. Juli 2012. Bei der Fernwärmegesellschaft, die neben dem Verteilungsnetz auch Erzeugungsanlagen betreibt, war zusätzlich zunächst das Hamburger Wärmegeschäft auf die Vattenfall Wärme Hamburg GmbH (VWH) abzuspalten. Der Anteilserwerb an der VWH wurde am 15. November 2012 vollzogen.“
Seite 11: „Ver- und Entsorgung
Die Geschäftsentwicklung der HWW wird zu einem großen Teil durch die meteorologischen Rahmenbedingungen geprägt. Das Jahr 2012 war durch längere nieder schlagsfreie Zeiträume geprägt. Da diese jedoch nicht von höheren Temperaturen begleitet wurden, ging die an Hamburger Haushalts- und Gewerbekunden gelieferte Wassermenge gegenüber dem Vorjahr leicht zurück und bestätigte damit den Trend eines abnehmenden Pro-Kopf-Wasserverbrauchs. Der Wasserpreis stieg 2012 auf 1,56 € je m3 (2011: 1,53 € je m3).
Die im Jahr 2012 hinzugekommenen Beteiligungsgesellschaften SHG, HNG und VWH (Beteiligung der HGV jeweils 25,1%) betreiben die Netze innerhalb Hamburgs zur Versorgung mit Strom, Gas und Fernwärme. Die Tätigkeit der VWH umfasst zudem die Erzeugung von Strom und Wärme. Die Geschäftsentwicklung der Gesellschaften wird maßgeblich beeinflusst durch die energiepolitischen Rahmenbedingungen. Mit dem sog. Energiekonzept 2050 hat die Bundesregierung im Jahr 2011 ihre ambitionierten energie- und klimapolitischen Ziele zur Energiewende formuliert, die nunmehr durch zahlreiche Regelungen umgesetzt werden. Zum weiteren Ausbau der regenerativen Energien wurde u.a. die umfangreiche Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen, die am 1. Januar 2012 in Kraft trat und neben der allgemeinen Erhöhung der EEG-Umlage weitere Anreize zur Förderung erneuerbarer Energien beinhaltet, die auch durch die Netzbetreiber umzusetzen sind, wie z.B. Einspeisung von Solarenergie oder die Befreiung energieintensiver Betriebe von Nutzungsentgelten. Umfang und Richtung der Investitionen in Erzeugungs- sowie Übertragungs- und Verteilnetzanlagen werden zudem durch die 2012 beschlossene Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und der Netzanbindung von Offshore-Windparks sowie die Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWK-G) beeinflusst. Dabei erfordert die notwendige Balance im Netz zwischen einer stärker dezentralen Erzeugung und dem Verbrauch eine vorausschauende und innovative Investitions- und Steuerungsstrategie.
SHG und HNG unterliegen des Weiteren der Regulierung durch die Bundesnetzagentur (BNetzA), die für jeden Netzbetreiber jährliche Erlösobergrenzen vorgibt. Darüber hinaus bestimmen die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit ihren Auswirkungen auf den Energiebedarf von Industrie und Gewerbe sowie – insbesondere bei der Gasnetz- und der Wärmegesellschaft – witterungsbedingte Einflüsse die Ertragslage nachhaltig. Bei der VWH wird die Ertragslage zudem durch die Bezugspreise auf dem Steinkohle- und Erdgasmarkt beeinflusst.
Die Geschäftsentwicklung aller Gesellschaften verlief im Jahr 2012 positiv. Die durch die Netze geleiteten Gas- und Wärmemengen haben sich witterungsbedingt erhöht, die Stromverteilmenge ist hingegen leicht gesunken. Die Gesellschaften schlossen mit positiven Ergebnissen ab, an denen die HGV über die vereinbarten festen Ausgleichszahlungen partizipierte.“

Dirk Seifert

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