Großes Interesse an Palmöl-Protest bei erstem Gerichtstermin
Stühle im Gerichtssaal reichen nicht aus
(von Matthias Weyland und Ute Bertrand) Vor dem heutigen Verhandlungstermin haben sich schon deutlich vor 9:00 Uhr die ersten Interessierten vor dem Braker Amtsgericht eingefunden. Klare Luft, frostige Temperaturen, ein Herbsttag aus dem Bilderbuch. Noch gut eine halbe Stunde, bis die Angeklagte ihre beeindruckende und bedrückende Einlassung abgeben wird (Prozesserklärung der Aktivistin Sara).
Doch zurück zur Mahnwache. Gegen 9:00 Uhr ist die Anzahl der Menschen vor dem Amtsgericht auf 30 bis 40 angewachsen. Interessierte aus der Bevölkerung, UnterstützerInnen der AktivistInnen, eine gute Handvoll PressevertreterInnen. Einige Aktive haben einen Stand aufgebaut, an dem Kaffee und Tee angeboten werden. Die ersten Interviews werden geführt. Dann staut es sich auf einmal vor dem Gericht, vor dem Eingang hat sich eine Menschentraube gebildet. Schuld daran sind Einlasskontrollen für all diejenigen, die in den Gerichtssaal wollen. Und das sind etliche, so dass schließlich weitere Stühle in den Gerichtssaal getragen werden müssen, die vorgesehenen Plätze reichen nicht aus. Alles in allem eine deutliche Aussage: Viel Unterstützung und Solidarität für die Aktivistin! Und: Eigentlich müssten hier die Konzernchefs von Wilmar sitzen, denn kriminell sind die Machenschaften der Palmölindustrie, nicht der friedliche Protest dagegen.
Update 11:30 Uhr
Der Hauptbelastungszeuge der Staatsanwaltschaft ist nicht erschienen. Es gibt etwas Hin und Her, ob der Termin nun fortgesetzt wird oder nicht. Die Vorsitzende Richterin, die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung kommen überein, die Verhandlung fortzusetzen. Der erste Zeuge ist anschließend ein Mitarbeiter der Firma Barghorn, die für Wilmar arbeitet. Es geht um Zeiten, Abläufe und angebliche Nötigung. Der Zeuge sagt aus, nicht genötigt worden zu sein, er habe ca. vier Stunden im PKW gewartet, ohne die Polizei oder DemonstrantInnen nach der Möglichkeit des Passierens zu fragen. Pressefotos, die kurz nach der Aktion veröffentlicht wurden, belegen, dass der Zeuge mit seinem Fahrzeug schließlich an den Betonhindernissen auf der Straße vorbeifuhr.
Update 15:30 Uhr
Inzwischen sind weitere Zeugen befragt, so am Einsatz beteiligte Polizeibeamte, ein Beamter vom Staatsschutz sowie der technische Direktor/Europa von Wilmar Edible Oil. Dieser gibt an, – außer aus der Presse – nichts von einem Strafbefehl erfahren zu haben. Danach üben sich die Beteiligten im Kopfrechnen. Sind die 34 Milliarden Jahresumsatz von Wilmar International in Dollar oder Euro? Und ist die wirtschaftliche Beeinträchtigung durch eine Verzögerung von zwei Stunden LKW-Stockung erheblich oder nicht. Unabhängig ob Euro oder Dollar – laut Wilmar Technik-Direktor sind die wirtschaftlichen Einbußen durch die Demonstration „gering“ gewesen. Am Rande eine eher schlechte Nachricht: Im Augenblick zeichnet sich ein weiterer Verhandlungstag ab, weil die Staatsanwaltschaft nicht bereit scheint, auf die Befragung des Hauptbelastungszeugens der Polizei zu verzichten.
Update 16:00 Uhr
Der Geschäftsführer der Firma Barghorn, die für Wilmar arbeitet, hat starke Erinnerungslücken. Er kann sich nicht mehr erinnern, ob er Strafantrag in der Sache gestellt hat oder nicht (Hinweis für Außenstehende: Der Strafantrag mit persönlicher Unterschrift des Geschäftsführers ist in den Akten enthalten). Ebenso wenig erinnert er sich daran, ob eine Auswertung des an Bord der PKW und LKW vorhandenen GPS-Systems erfolgt ist oder nicht.
Update 16:30
Der Geschäftsführer der Firma Barghorn zieht den Strafantrag zurück und verzichtet auf etwaige Schadensersatzansprüche. Damit gibt es keinen Geschädigten mehr (genötigt war offensichtlich sowieso niemand worden). Da die Staatsanwaltschaft aber dennoch nicht bereit ist, auf die Vernehmung des letzten Zeugen zu verzichten, wird die Verhandlung ausgesetzt. Die Zeugen müssten ggf. bei einem weiteren Verhandlungstermin erneut gehört werden. Gut möglich ist auch, dass Staatsanwaltschaft und Verteidigung nicht auf eine Fortsetzung der Verhandlung bestehen und das Verfahren eingestellt wird.
schlimm. dass wir um den genuss von Palmöl gar nicht drum rum kommen.