Wie lange noch Vattenfall? Verkauf, Teilverkauf, Börsengang

Tiefe Löcher bei Vattenfall. Auch in den Kassen.  Foto: Dirk Seifert
Tiefe Löcher bei Vattenfall. Auch in den Kassen. Foto: Dirk Seifert

Rund 25 Milliarden Euro Schulden schleppt der Vattenfall-Konzern mit sich herum. Das berichtet die Agentur Reuters. Diese Schulden sind das Ergebnis einer teuren und schlecht getimten Expansion in Europa und den Entwicklungen durch die Energiewende der letzten Jahre. Um beim Einstieg in Europa Anfang der 2000er Jahre mit den Konkurrenten E.on oder EDF auf Augenhöhe mitspielen zu können, investierte Vattenfall Reuters zufolge rund 22 Mrd. Euro in den letzten 15 Jahren. Eine Strategie, die scheiterte und die zu dem genannten Schuldenberg führte.
Die Zeche dafür zahlen zunächst die Beschäftigten bei Vattenfall. Derzeit ist von 2.500 Arbeitsplätzen, die abgebaut werden sollen, die Rede. Doch schon seit Jahren hat das Unternehmen weitere Arbeitsplätze abgebaut. Und – so muss man befürchten: Die nächste Runde der Arbeitsplatzvernichtung dürfte nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Der Grund für dieses Desaster ist nicht so sehr die Katastrophe von Fukushima, sondern eher in der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise und dem massiven Zubau von erneuerbaren Energien in Deutschland zu sehen, die dem Unternehmen jetzt schwer zu schaffen machen, weil die Strompreise im Keller sind und die konventionellen Großkraftwerke immer weniger gebraucht werden. Allzulange hat Vattenfall ebenso wie E.on und RWE nicht verstanden, dass die Energiewende zu einem viel größeren Umbruch in der Energieerzeugung beitragen würde.
Zuletzt war die völlig überteuerte Expansion in den niederländischen Markt mit der Übernahme von Nuon eine Global-Katastrophe. Reuters gibt dem Unternehmen Nuon heute noch einen Marktwert von rund drei Milliarden Euro. Aber auch die wären angesichts diverser Marktrisiken eher schwer durch einen Verkauf zu realisieren. Im Jahr 2009 hat Vattenfall jedoch stolze 8,5 Milliarden Euro für die Übernahme von Nuon auf den Tisch gelegt. Reuters: „“Nuon is probably worth 3 billion euros now, but even at that price, it will hardly attract a buyer,“ one banker said.“
Vattenfall hat inzwischen die Reißleine gezogen und wird den Konzern Anfang 2014 aufspalten. Rückzug auf das skandinavische Kerngeschäft einerseits und Abtrennung des europäischen Geschäfts andererseits. Für viele Insider ein deutlicher Hinweis, dass auch der Verkauf des Europa-Geschäfts auf der Tagesordnung steht.

Laut Reuters wird der Wert von Vattenfall derzeit auf rund 15 Mrd. Euro geschätzt. „The company and potential advisers are now starting to prepare the ground for a sale or a stock market flotation of the European business, bankers told Reuters, with some estimating the unit could be worth at least 15 billion Euros.“
Dieser Preis stammt aus dem September. Der verlorene Volksentscheid in Hamburg, nach dem Vattenfall nun das Stromnetz und die Fernwärmeversorgung an die Stadt Hamburg abgeben muss, könnte den Preis weiter drücken, weil für die Wertermittlung von Vattenfall die Verfügung über die Netze von strategischer Bedeutung ist.
Vattenfall sondiert offenbar unterschiedliche Wege, um mit möglichst geringen Verlusten aus dem Geschäft herauszukommen. Teilverkäufe wie die des Kraftwerks Lippendorf befinden sich im Verhandlungsstatus.

Der Verkauf der Braunkohle-Sparte in der Lausitz steht offenbar auch auf der Tagesordnung. Indizien dafür sind nicht nur die häufigeren Gespräche zwischen Vattenfall und der Landesregierung in Brandenburg. Offenbar interessiert sich auch ein polnischer Stromkonzern für eine Übernahme. Die Gewerkschaft IG BCE hat jüngst den Verdacht formuliert, dass Vattenfall Ende 2014 nicht mehr in der Lausitz tätig ist.

*13.12.2013: Vattenfall hat die Meldung der Berliner Zeitung dementiert, in der gemeldet wurde: Auch ein Verkauf der 20-Prozent Anteile von Vattenfall am E.on Atomreaktor Brokdorf ist offenbar vorgesehen: Vattenfall steigt aus: Anteile am AKW Brokdorf sollen verkauft werden
Vattenfall steht jedoch vor einem Dilemma: Möglicherweise kann der Verkauf nur gelingen, wenn der Konzern weitere Verluste hinnimmt. „But they also said finding a buyer for the whole unit – and even some large parts – at an acceptable price would be hard. „Vattenfall bought expensive trying to become a European champion, now they may have to sell when prices are down,“ one utilities banker said, on condition of anonymity.“ So wird für das Kraftwerk in Lippendorf derzeit nur ein Kaufpreis von zweidrittel der Baukosten geboten. Siehe oben.
Auch ein Börsengang von Vattenfall wird derzeit geprüft. Doch auch hier sind die Voraussetzungen nicht gerade rosig. Die Konkurrenten E.on und RWE stecken ebenfalls schwer in der Krise, haben aber gegenüber Vattenfall bessere Ausgangslagen.
Verschärft werden die Probleme auch, weil die hohe Schuldenlast angesichts schlechter Zukunftsprognosen zu weiteren Finanzproblemen führen kann: „The longer Vattenfall delays, however, the more its bonds could suffer, as credit rating agencies press it to deleverage. The most liquid Vattenfall bond, the 4.25 percent euro issue maturing in May 2014, has fallen steadily, shedding three percentage points over the past year to 102.4 percent of face value, while earlier this month, ratings agency Fitch cut the outlook on its A- rating for Vattenfall to negative from stable.“

Dirk Seifert

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