Die Nazis, die Uranmaschine und die deutsche Atombombe

Plakat zum Film: Geheimsache Nazi-Uran, Quelle: RBB
Plakat zum Film: Geheimsache Nazi-Uran, Quelle: RBB

Über die Entwicklung der Atomenergie im deutschen Faschismus werden in den letzten Jahren vermehrt Forschungsergebnisse veröffentlicht. Unter dem Titel „Geheimsache Nazi-Uran: Atomjagd in Brandenburg“ haben jetzt Thomas Claus und Maren Schibilsky einen Film gemacht, in dessen Zentrum die zum Degussa-Konzern (Karl-Heinz Roth, PDF) gehörenden Auer-Werke in Oranienburg stehen. Dort hat der Physiker Dr. Nikolaus Riehl daran gearbeitet, für die Atom-Forschung in Nazi-Deutschland ausreichende Mengen Uran herzustellen. Dr. Nikolaus Riehl war Uranmetallspezialist und Forschungsleiter der Auergesellschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er laut der beim RBB ausgestrahlten Dokumentation eine der Schlüsselfiguren für die Herstellung der ersten sowjetischen Atombombe.
UPDATE: 28.11.2013. Der gesendete Beitrag ist hier auf Youtube zu sehen.
Die Uranproduktion in Oranienburg löste einen der heftigsten Luftangriffe zum Ende des Zweiten Weltkriegs aus, weil die Streitkräfte der USA verhindern wollten, dass Nazi-Deutschland eine Atombombe entwickelt.
Riehl hatte in seiner Funktion mit allen Größen der deutschen Atomforschung zu tun. Darunter sowohl die Gruppe von Forschern rund um Heisenberg als auch die Gruppe um Kurt Diebner.
Siehe dazu ausführlich hier: Spurensuche: „Hitlers Bombe“ – Nazi-Forschung und Entwicklung an einer militärischen Nutzung der Atomenergie und ein Ausblick auf die Debatte um die Atombewaffnung in der jungen Bundesrepublik Deutschland der 50er Jahre.
Bereits vor einiger Zeit hatte der öffentlich-rechtliche Sender RBB über die Bedeutung der Auer-Werke unter diesem Titel berichtet: Die Atombombe kam aus Deutschland – Ein Bericht von RBB.

Die NZZ zu Uranmaschine oder Bombe? aus dem Jahr 2001.
Schwierige Spurensuche
Die Spurensuche über die Nazi-Geschichte zur Atomforschung ist äußerst schwierig. Einerseits weil alle beteiligten deutschen Forscher natürlich nach dem Zweiten Weltkrieg daran interessiert waren, in einem möglichst unverdächtigen Bild zu erscheinen. Zwar wird von niemanden bestritten, dass es ein massives Interesse Nazi-Deutschlands an der neuen Super-Waffe, also der Atombombe, gegeben hat. Allerdings gibt es keinen beteiligten Forscher, der einräumt, daran gearbeitet zu haben. Aber es liegt auch auf der Hand, dass im Nachkriegs-Deutschland keiner der Forscher bereit war, derartiges einzuräumen.
Sicher: Es gab Atomforscher, denen eine Nazi-Atombombe eine Horror-Vorstellung war und die deshalb Probleme in den Vordergrund stellten und möglicherweise die Entwicklungsarbeiten damit erheblich behinderten. Auch waren die Kriegsverhältnisse derart, dass die Forschung und Entwicklung durch den Mangel an Ressourcen, durch Bombenangriffe, durch Sabotage und anderer Gründe, den Bau einer Bombe erheblich erschwerten. Klar dürfte aber auch sein: Niemand von denen, die im deutschen Faschismus als überzeugte Nazis an der Bombe geforscht haben, hätten dies nach 1945 öffentlich eingestanden.
Hinzu kommt ein weiteres großes Problem für die Forschung zu diesem Thema: Sowohl amerikanische als auch sowjetische Interessen an der Entwicklung der Atombombe (und die Angst vor einer deutschen Atombombe) sorgten schon während der letzten Kriegsmonate dafür, dass Spezial-Kommandos gezielt Einrichtungen zur Atomforschung aufspürten, die beteiligten WissenschaftlerInnen festsetzten bzw. verhörten, ihre Unterlagen beschlagnahmt wurden und auch Uranerz und Thorium soweit möglich abtransportiert wurden. Das zeigt die neue Dokumentation auf. Dabei versuchten die Amerikaner auch zu verhindern, dass deutschen Knowhow und Material in die Hände der Sowjetunion fiel (- und umgekehrt).
Diese beiden Umstände sorgen mit dafür, dass die Rekonstruktion der deutschen Atomforschung und die Frage, wie weit die Forschung an einer Atombombe wirklich war, äußerst schwierig ist.
Rainer Karlsch hatte 2005 in dem o.g. Buch „Hitlers Bombe“ eine Vielzahl von neuen Quellen und Hinweisen veröffentlicht. Gestützt auf Quellen aus alten Stasi-Unterlagen und russischen Quellen hatte er dabei versucht aufzuzeigen, dass die deutsche Forschung möglicherweise weiter war, als bislang angenommen. Dabei hatte er auf Experimente der Forschergruppe um Kurt Diebner verwiesen. Das Buch löste heftige, oft ablehnende Reaktionen aus. Die Diskussion um das Buch sowie eine Vielzahl von Quellen und Verweisen sind in dem oben genannten Artikel zu finden. Siehe auch hier: Entwicklung der Atombombe in Deutschland (PDF)
Das Buch „Hitlers Bombe“ ist im Handel heute nicht mehr erhältlich und kann nur über Antiquariate oder Bibliotheken bezogen werden. Als PDF ist es auf einem offenbar russischen Server hier zu lesen.
 

Dirk Seifert

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