Tschüss Konrad – Vom Ende eines Endlagers? Grüne BaWü für „Anpassung der Einlagerungsbedingungen“
Immer teurer, immer später, immer mehr Probleme: Damit wäre das Projekt Atommüll-Endlager für leicht- und mittelradioaktive Abfälle im Schacht Konrad in Salzgitter zutreffend beschrieben (siehe taz). Und immer mehr drängt sich die Frage auf: Wann kommt das Ende für das Endlager? In der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel heißt es: Die für den Ausbau zuständige DBE geht nach einer erneuten Verschiebung der Inbetriebnahme vom Jahr 2022 aus. Aber: Der Termin ist „mit Unsicherheiten behaftet, die nicht näher quantifizierbar“ sind und die „auch von der Bundesregierung noch nicht abschließend bewertet“ werden können. Die ständigen Bauverzögerungen, so Zdebel, weisen darauf hin, „dass das Bergwerk schon jetzt marode ist“. (Hier die PM der Linken, hier die Anfrage, jeweils PDF) Die Grünen in Baden-Württemberg wollen jetzt aber offenbar eine „Anpassung der Einlagerungsbedingungen“ erreichen.
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Nicht nur das Bauwerk selbst wird immer teurer. Inzwischen belaufen sich die geschätzten Kosten auf rund 3,1 Mrd Euro (auf der nach oben offenen Euro-Skala). Verärgert über diese Verzögerungen im Schacht Konrad sind die AKW-Betreiber. Die müssen nun für den anfallenden leicht- und mittelradioaktiven Atommüll neue Lagerkapazitäten schaffen – und das kostet zusätzlich Geld.
Für Stefan Wenzel, Umweltminister in Niedersachsen und damit Genehmigungsbehörde für den Schacht Konrad, sind die enormen Probleme beim Ausbau des Schacht Konrad laut Wolfenbüttler Nachrichten „wenig überraschend“. „Zugleich wies Wenzel Überlegungen zurück, wonach mit geänderten Einlagerungsbedingungen für Schacht Konrad mögliche Probleme beim Entsorgen mittelradioaktiver Abfälle gemindert werden könnten.“ Die WN berichten: „Während andere Bundesländer massiv auf den schnellen Betrieb von „Konrad“ drängen, sieht die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen insbesondere die Notwendigkeit den Stand von Wissenschaft und Technik sicherzustellen. Im Zuge der neuen Endlagersuche ist eine Neubewertung der gesamten deutschen Entsorgungskonzeption zu erwarten.“ Mehrfach hat der Minister vor allem mit Blick auf das Desaster in der ASSE II eine Neubewertung für das Konzept zur Endlagerung im Schacht Konrad gefordert.
Der grüne Minister Stefan Wenzel (NDS) reagiert mit diesen Äußerungen auf einen Vorstoß des grünen Minister Franz Untersteller (Ba-Wü). In Stuttgart entdeckt man gerade, was die Anti-Atom-Bewegung seit Jahren feststellt: Es gibt ein Atommüll-Problem, dass viel größer ist, als die Politik bereit ist einzugestehen. Das gilt nicht nur für hochradioaktiven Atommüll, sondern auch für die leicht- und mittelradioaktiven Abfälle. Mit einem „Papier von Fachleuten“ bringt Untersteller jetzt offenbar eine „Anpassung der Einlagerungsbedingungen“ für den Schacht Konrad ins Spiel. So nennt man das diplomatisch, wenn man eigentlich eine Absenkung der Sicherheitsanforderungen meint.
Die FAZ berichtet vor einigen Tagen: „Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hat ein Entsorgungskonzept für schwach- und mittelradioaktive Abfälle gefordert und sich besorgt über eine Vernachlässigung des Themas geäußert. „An allen Standorten atomarer Anlagen hat sich auch eine große Menge an mittel und schwach radioaktiven Abfällen angesammelt, der eigentlich abtransportiert werden soll, für den es aber keinen Ort gibt, wohin er abtransportiert werden kann. Der Rückbau der Kernkraftwerke im kommenden Jahrzehnt wird das Problem noch erhöhen“, sagte Untersteller FAZ.NET. Über das Thema müsse endlich politisch debattiert werden. „Eine oberirdische Lagerung in Fässern, die nicht für eine jahrzehntelange Aufbewahrung gedacht sind, ist sicher kein Weg, das Risiko zu minimieren“, sagte der Grünen-Politiker.“
Die Botschaft richtet sich klipp und klar gegen das Land Niedersachsen und das Bundesamt für Strahlenschutz. Darauf bezieht sich Stefan Wenzel in dem oben genannten Statement, wenn er Überlegungen zurückweist, „wonach mit geänderten Einlagerungsbedingungen für Schacht Konrad mögliche Probleme beim Entsorgen mittelradioaktiver Abfälle gemindert werden könnten.“
Wie wenig von einem Neustart bei der Endlagersuche gesprochen werden kann, wird immer deutlicher. Die Berge von Atommüll, nicht nur bei den hochradioaktiven Abfällen sondern eben auch bei den leicht- und mittelaktiven, geraten immer mehr außer Kontrolle. Die logische Konsequenz, die laufenden Atommeiler abzuschalten, um nicht noch mehr von diesem Atommüll zu erzeugen ist für die Grünen im Stuttgarter Umweltministerium kein Thema.
„Anpassung der Einlagerungsbedingungen“
Der unmittelbare Grund, warum sich der Grüne Minister aus BaWü nun gegen Niedersachsen wendet, ist der FAZ zu entnehmen: „In dem Papier des baden-württembergischen Ministeriums, das FAZ.NET vorliegt, werden zahlreiche Schwierigkeiten bei der Entsorgung mittel radioaktiver Abfälle beschrieben: So sind auf dem Gelände des ehemaligen Kernforschungszentrums in Karlsruhe derzeit 13.000 Atommüllbehälter zwischengelagert worden, aber nur 194 sind für eine Einlagerung im Schacht Konrad im niedersächsischen Braunschweig zugelassen. Der Grund: Im größten Zwischenlager Deutschlands sind in den neunziger Jahren schwach und mittel radioaktive Abfälle offenbar vor allem kostengünstig verpackt worden. Den heutigen Vorschriften für eine Einlagerung im Schacht Konrad genügt diese Verpackung nicht mehr.“
Das wäre zunächst mal die Feststellung der Fakten. Was die FAZ dann aber weiter berichtet läuft eindeutig darauf hinaus, dass der Grüne Minister in BaWü die Absenkung der Sicherheitsanforderungen verlangt. Das sagt Untersteller natürlich nicht selbst. Es ist eine besondere Form der Politik, „Papiere von Fachleuten“ sprechen zu lassen. Die FAZ fasst das aus seiner Sicht zusammen: „Zur Lösung bieten sich zwei Möglichkeiten an: Entweder werden die Abfälle gemäß der Vorschriften neu verpackt, was erhebliche Kosten für das Land Baden-Württemberg nach sich ziehen würde, oder man ändert die Einlagerungsbedingungen für die Anlage in Braunschweig. Die grün-rote Landesregierung möchte natürlich zusätzliche Kosten vermeide(n).“
Noch mehr Müll und noch mehr Probleme
In dem Papier aus Ba-Wü werden der FAZ zufolge aber auch weitere Probleme aufgelistet, die das Desaster der Atommüllentsorgung auf der ganzen Linie verdeutlichen und auf die die Anti-Atom-Bewegung bereits seit längerer Zeit hinweist.
In Gronau fallen bei der Urananreicherung viele tausend Tonnen abgereichertes Uran an, dass bis heute in keiner Entsorgungs-Strategie enthalten ist. Noch gilt das Zeug offiziell als Wertstoff, aber Experten gehen davon aus: Auch dieses Material wird irgendwann zu Atommüll und muss endgelagert werden. Wo? Das weiß derzeit niemand, aber im Schacht Konrad kann das aus genehmigungsrechtlichen Gründen nicht erfolgen. Kommt also ein drittes Endlager?
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Ebenso unklar ist, was mit dem Atommüll aus der ASSE II werden soll. Weil das Lager einzustürzen und abzusaufen droht wird derzeit daran gearbeitet, den gesamten Atommüll zu bergen. Wo der dann aber künftig besser gelagert werden kann, ist ebenfalls unklar. Auch hierfür wäre der Schacht Konrad nicht zulässig.
Und schließlich droht das Konzept der Zwischenlagerung hochradioaktiver Brennelemente an den AKWs zu scheitern. Das OVG in Schleswig hatte mit einem Urteil im Sommer 2013 die Genehmigung für das Lager in Brunsbüttel aufgehoben, weil zahlreiche Sicherheitsnachweise unzureichend oder falsch erbracht worden sind. Noch läuft ein Antrag auf Revision beim Bundesverwaltungsgericht. Wird der abgewiesen, sind im Grunde alle Castor-Lager an den AKW Standorten illegal!
Atommülllagerung, Politik, Unsicherheit: Das Problem ist viel größer …
Unsere beiden Umweltspezis werden es wohl richten in der Kommission, derweil Atommüll lustig weiter produziert wird. Die Erde ist eine Scheibe!