Vattenfalls Atom-Rückstellungen versenkt in Braunkohlegruben

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Vattenfall: Das Geld für die Atommüllentsorgung liegt in den Braunkohlegruben der Lausitz. Foto: Dirk Seifert

Die Atomkonzerne wollen nicht mehr. Um ihre Atomkraftwerke und die enormen Probleme mit dem Atommüll los zu werden, schlagen sie nun vor, eine Stiftung zu gründen, die diese Risiken künftig trägt. Dazu wollen sie die für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle über Jahrzehnte gebildeten Rückstellungen in diesen Stiftungsfonds übertragen. Danach, so die bisherige Lesart, sind sie aus der Verantwortung für dieses atomare Erbe raus. Das jedenfalls planen E.on, RWE und die EnBW. Vattenfall steht offenbar abseits. Die Entsorgungs-Rückstellungen der Konzerne in einen öffentlich-rechtlichen Fonds zu übertragen, ist eine Forderung der Anti-Atom-Bewegung seit vielen Jahren. Damit verbunden ist aber keineswegs die Idee, die Atomkonzerne aus ihrer – finanziellen – Verantwortung zu entlassen.

Einer der Gründe für derartige Überlegungen ist die wachsende Sorge, die wirtschaftlich angeschlagenen Atomkonzerne könnten zusammen brechen – mitsamt der Rückstellungen. Für deren Verwendung hat es nie sonderliche Auflagen oder Anforderungen gegeben. Da sie steuerfrei waren, hatten die Atomkonzerne allesamt jeweils möglichst hohe Rückstellungen gebildet. Derzeit ist von einer Summe von insgesamt rund 36 Mrd. Euro die Rede. Mit diesen Rückstellungen haben die Konzerne ihre massiven Expansionspläne finanziert – mit hohen Verlusten. RWE und E.on haben durch Fehlspekulationen, durch Finanz- und Wirtschaftskrise und niedrige Strompreise, Verluste von jeweils über 30 Mrd. Euro aufgebaut. Vattenfall soll rund 20 Mrd. Euro Verluste gemacht haben. Die Entsorgungs-Rückstellungen stehen also nicht auf irgendwelchen Sparbüchern bereit, sondern sind in Unternehmen oder Kapitalgeschäften gebunden.

In der Frankfurter Rundschau wies Felix Matthes vom Öko-Institut auf die Probleme von Vattenfall in dieser Frage hin. „Vattenfall hat das größte Problem. Das Unternehmen hat mit den Rückstellungen für die Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel massiv in die ostdeutsche Braunkohle investiert. Im Zuge der Energiewende muss es aber auch einen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung geben. Wenn es der Braunkohle aber an den Kragen geht, sind die Rückstellungen weg. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die Sicherung der Mittel für den Atomausstieg ist.“ Hinzu kommt, dass Vattenfall nach einer Konzern-Umstruktierung nur noch teilweise für die deutschen Atommeiler haftet. Siehe dazu auch das Handelsblatt.

Vattenfall steht also mit dem Rücken zur Wand – und das könnte schwere Folgen für die SteuerzahlerInnen haben. Immer wieder wurde in den letzten Monaten berichtet, dass Vattenfall einen „strategischen Partner“ für die Braunkohle in der Lausitz sucht. Das rot-rot regierte Land Brandenburg hat bereits einen Arbeitsstab eingerichtet, der sich mit einem Ausstieg Vattenfalls aus dem Braunkohlegeschäft befasst. Auch die staatliche Übernahme soll dabei ein Thema sein.

Der BUND in Brandenburg ist alarmiert. In einer Pressemeldung unter der Überschrift „Atom-Rückstellungen Vattenfall: Drohende Risiken für Brandenburg klären. BUND fordert Verzicht auf den neuen Tagebau Welzow-Süd II“, stellt der Geschäftsführer Axel Kruschat fest: „Müssten die Unternehmen die Rückstellungen in einen Fonds einzahlen, könnte dies zur Folge haben, dass die Liquidität unter anderem des Vattenfallkonzerns nicht mehr gewährleistet ist“. Und: „Insbesondere die Finanzierung der Nachsorge und der Folgekosten der Ausbeutung der Braunkohlevorkommen wäre dann nicht mehr gesichert. „Auf das Land könnten erhebliche Kosten in Milliardenhöhe zukommen“, so Kruschat. Der BUND Brandenburg fordert die Landesregierung dazu auf, die Frage der Liquidität des Vattenfall-Konzerns vor dem Hintergrund der Sicherung der Atom-Rückstellungen gründlich zu prüfen und die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Es wäre fahrlässig, vor dieser Klärung eine Entscheidung zugunsten des neuen Tagebaus Welzow-Süd II zu treffen.“

Nicht nur bei Vattenfall wird es eng. Immer mehr zeigt sich, dass die desaströse Konzernpolitik und das Wegschauen einiger Bundesregierungen dazu führen könnte, dass die BürgerInnen abermals die Kosten übernehmen müssen.

Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, hat dazu einen Vorschlag gemacht: „Den Vorschlag der AKW-Betreiber, über die Einrichtung einer „Bad Bank“ das gesamte Kostenrisiko für Rückbau und Endlagerung komplett auf den Staat und die Allgemeinheit abzuwälzen, lehne sein Verband ab. Unter ganz anderen Voraussetzungen könne er sich eine Übertragung von mehr Verantwortung für die Atom-Altlasten auf den Staat vorstellen, sagte Weiger. „Wenn die Energiekonzerne bis spätestens 2017 alle Atomkraftwerke stilllegen, könnte der Staat die Federführung beim Rückbau und bei der Endlagerung des Atommülls übernehmen“, so der BUND-Vorsitzende.
Erforderlich sei, dass die AKW-Betreiber – sei es in Form einer Stiftung oder eines Fonds – ihre kompletten Entsorgungsrückstellungen plus einem Risikozuschlag von etwa 15 Milliarden Euro dem Staat übertrügen und in unbegrenzter Höhe für die Kosten des Rückbaus aller AKW, der Suche nach einem Atommülllager und der Atommülllagerung hafteten. Außerdem müssten sie sämtliche Klagen gegen die Bundesregierung und die Bundesländer gegen aus ihrer Sicht eingetretene Verluste wegen des Atomausstiegs zurückziehen.“
Greenpeace hat bereits 2012 eine Studie mit Vorschlägen zu den Entsorgungs-Rückstellungen vorgelegt, die hier als PDF online ist. Eine neuere Studie ist auch hier online.

Dirk Seifert

Ein Gedanke zu “Vattenfalls Atom-Rückstellungen versenkt in Braunkohlegruben

  1. Wie üblich im Turbo Kapitalismus, entwickelt und verbreitet von den Angelsächsischen Staaten, innerer und äußerer Imperialismus. Die Gewinne privat vereinahmen die Kosten und Verluste trägt die Allgemeinheit.
    Raffgier, Neid, Brutalität, Gefühlskälte, Sadismus u.v.a. mehr sind die Kennzeichen der zwar kranken (narzisstische Persönlichkeitsstörung) aber weder leidenden noch bemitleidenswerten Menschen.
    Jedem das Vielfache, was er angerichtet hat wie z.B.
    einem Befürworter der Atomenergie sein Villa östlich eines KKWs,
    einem Befürworter der Braukohleverstromung seine Villa unter der schwarzen Pumpe.
    Einem Befürworter des Fracking die Villa direkt darüber. usw
    usw
    Dem Befürworter Massentierhaltung eine Villa neben den Massentierställen und seinen Urlaub im Schlachthof.
    Habt Ihr noch bessere Ideen.
    Martin

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