Atommüll in Not: Hochradioaktiver Abfall in Jülich nun amtlich ein Sicherheitsrisiko und ab sofort illegal

irgendwo-atommuell-umweltfairaendernDie rot-grüne Landesregierung in NRW verweigert die weitere Genehmigung zur Lagerung von 152 Castor-Behältern mit hochradioaktiven Brennelemente-Kugeln am ehemaligen Atomforschungszentrum in Jülich. Darüber berichten u.a. die Westfälischen Nachrichten. Auch nach einer zweimaligen Notverordnung konnte der Betreiber die erheblichen Sicherheitsmängel bis heute nicht beseitigen. Wegen der weiterhin fehlenden Erdbebensicherheit hat jetzt das zuständige Wirtschaftsministerium die weitere Lagerung in Jülich untersagt. Nur: Was mit dem Atommüll jetzt passieren soll, hat sie vergessen zu erwähnen. Den es gibt eigentlich auch sonst keinen wirklich sicheren Ort, wo das atomare Erbe aus dem Versuchsreaktor gelagert werden könnte. Immer mehr steht die atomare Entsorgung vor dem Kollaps.

Denn nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig ist auch die Sicherheit der Castor-Lager an den AKW-Standorten nicht gewährleistet. Im Sommer 2013 hatte das Gericht die Genehmigung für das Castor-Lager am Vattenfall-AKW Brunsbüttel aufgehoben und erklärt, dass Sicherheitsnachweise entweder falsch oder mangelhaft erbracht worden sein.  Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, weil Betreiber und die Genehmigungsbehörde, das Bundesamt für Strahlenschutz auf eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen. Doch allzu groß sind die Hoffnungen nicht, dass diese Klage Erfolg haben wird. Bestätigt das BVerwG das Schleswiger Urteil, dann befindet sich die gesamte Atommülllagerung von hochradioaktiven Abfällen quasi im „rechtsfreien Katastrophenzustand“. Auch für die Castor-Halle in Esenshamm steht noch ein Urteil im Verfahren um Sicherheitsmängel aus, das am OVG in Lüneburg anhängig ist.

Wie umfangreich und gravierend die aktuellen Atommüllprobleme sind, zeigt auch ein interner Bericht aus Baden-Württemberg. Dort wird zusätzlich zu den wachsenden Mängeln bei den hochradioaktiven Abfällen auch das Desaster bei dem leicht- und mittelaktiven Atommüll ausführlich dargestellt (Die Anti-Atom-Initiativen haben eine Atommüllbilanz als Sorgenbericht vorgelegt, siehe dazu unten.).
Atommüllentsorgung am Abgrund: Ein Lagebericht aus dem grünen Umweltministerium Baden-Württemberg.
Auch das Zwischenlager in Ahaus, unweit von Jülich und ebenfalls in NRW gelegen, dürfte diese Sicherheitsmängel haben. Dennoch dürfte die Landesregierung nun die Einlagerung der Jülich-Castoren in Ahaus auf die Tagesordnung setzen . 152 Transporte mit hochradioaktiven Brennelementen müssen dann auf den Autobahnen von Jülich nach Ahaus transportiert werden – von einem unsicheren Zwischenlager zum nächsten unsicheren Zwischenlager.
Vor allem diese Transporte hatte die rot-grüne Landesregierung im Koalitionsvertrag ausgeschlossen. Der Atommüll in Jülich sollte nur noch einmal transportiert werden – nämlich in ein Endlager. Das gibt es bis heute nicht und der Jülich-Betreiber hat die erforderlichen Sicherheits-Nachrüstungen bis heute nicht auf die Reihe bekommen. NRW ist auch die zuständige Atomaufsichtsbehörde und muss sich daher auch fragen lassen, wie das eigentlich passieren konnte.

Weil es für die Entsorgung dieses Atommülls keinerlei Konzepte und schon gar kein Endlager gibt, hatte die rot-grüne Landesregierung in den letzten Jahren verstärkt an einer weiteren Lösung gearbeitet, die die beteiligten Parteien sonst immer ausgeschlossen hatten. Der Atommüll soll möglichweise zur vermeintlichen „Wiederaufarbeitung“ in die USA abgeschoben werden.

Während von Atommüll-Standort zu Atommüll-Standort die offiziell als Zwischenlagerung deklarierte Aufbewahrung hochradioaktiver Abfälle angesichts bestehender Sicherheitsmängel oder falscher Nachweise zusammenbricht, sitzt in Berlin eine Kommission, die sich um ein künftiges Endlager Gedanken machen soll. Ob man sich in dieser Kommission auch über die heutigen Probleme mit den radioaktiven Abfällen Gedanken machen wird, steht noch in den Sternen. Umweltverbände haben das als dringend erforderlich verlangt, konnten sich damit aber gegen einen Parteien-Konsens von Grünen, SPD, CDU/CSU und FDP nicht durchsetzen. Rechtlich soll sich die mit dem Standort-Auswahl-Gesetz eingesetzte Such-Kommission nur um Endlager-Möglichkeiten kümmern, nicht aber um die heute akuten Probleme. Dabei gäbe es wahrlich genug zu tun. Auf der letzten und zweiten Sitzung diskutierte der Kreis erstmal in aller Ausführlichkeit eine Geschäftsordnung.

 

Dirk Seifert

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