Konzerne kaufen Hamburger Bürgerentscheid? – Musical – Seilbahn und Einflussnahme von Unternehmen

Fussgaenger-kreuzt2So war das mit „Mehr Demokratie“ vermutlich nicht gemeint. In Hamburg betreiben derzeit zwei Konzerne einen Bürgerentscheid im Bezirk Hamburg Mitte. Das Ziel: Eine Seilbahn über den Hamburger Hafen mit Mitteln der direkten Demokratie durchsetzen. Vor wenigen Wochen haben sie erklärt, dass sie eine Spende an die Stadt zahlen, wenn die Seilbahn kommt. Der Bezirk ist mehrheitlich gegen das Projekt. Die Seilbahn soll von St. Pauli aus die Gäste für die Musicals auf der südlichen Hafenseite transportieren. Bislang erledigen das Fähren. Am 24. August stimmen die BürgerInnen ab.
Das Seilbahn-Projekt ist aus gutem Grund heftig umstritten. Vor wenigen Wochen setzten die hinter dem Volksentscheid stehenden Initiatoren einen drauf: „Ein Musicalunternehmen und ein Seilbahnbauer wollen bei einem positivem Bürgerentscheid Hamburg eine Seilbahn und zehn Millionen Euro für soziale Projekte schenken. Ein unmoralisches Angebot, sagen Kritiker.“ So die taz-nord.
„Die Firma Stage Entertainment und der österreichische Seilbahnbauer Doppelmayr haben angekündigt, dem Bezirk Hamburg-Mitte zehn Millionen Euro für soziale Projekt zu spenden, sollte der geplante Bau der Seilbahn zustande kommen. Weil die beiden Unternehmen diese Offerte einen Monat vor dem Bürgerentscheid über das Projekt unterbreiten, sehen Experten darin eine neue Dimension der Einflussnahme auf die direkte Demokratie.“
Fast 200.000 BürgerInnen werden beim Bürgerentscheid am 24. August abstimmen können. Zuvor war ein Bürgerbegehren mit rund 14.000 Unterschriften im Juni von SPD, Grünen und Linken in der Bezirksversammlung Mitte abgelehnt worden. „Die Parteien halten die Seilbahn, die in rund 80 Metern Höhe über die Elbe schweben soll, für eine zu große zusätzliche touristische Belastung für den Stadtteil St. Pauli.“
Ein Streitgespräch gibt es aktuell im Hamburger Abendblatt. „Seilbahn über die Elbe – Fluch oder Segen für Hamburg?“ Da sprechen die Seilbahngegnerin Sabrina Hirche (SPD) und Befürworterin Herlind Gundelach (CDU) über das umstrittene Projekt.
Die Initiative der GegnerInnen der „Musical-Bahn“ sind inzwischen auch online erreichbar. Dort findet sich auch ein Text, der sich mit der Einflussnahme durch die Konzerne befasst: Die Seilbahnabstimmung – ein Versuchsballon für künftige Konzernbegehren?
Der dort angesprochen Rede des Präsidenten der Kammer hatte sich umweltFAIRaendern bereits hier gewidmet: Volksentscheid untergräbt die Macht der Handelskammer. Wie Demokratie zur Gefahr wird.
Auch dieser Text der Seilbahn-GegnerInnen kommt nicht umhin, die Hamburger Handelskammer zu erwähnen, die in nahezu allen Fragen ihre Finger im Spiel hat und die Politik vor sich her treibt. Auch bei der jetzt laufenden Debatte um eine Olympia-Bewerbung von Hamburg war die Handelskammer maßgeblich:

Interessant dürfte werden, dass es in der Handelskammer seit den letzten Plenarwahlen eine kritische Minderheit gibt. Die ist aus dem Volksentscheid „Unser Hamburg – Unser Netz“ entstanden formiert sich: Hamburger Volksentscheid mit Folgen: Opposition im Plenum der Handelskammer
 

Dirk Seifert

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