Atommüll-Alarm: Tatort Sennfeld – Kleine Gemeinde mit Ewigkeitsproblem

Atommüll-Alarm: Tatort Sennfeld – Kleine Gemeinde mit Ewigkeitsproblem

webheader_atomalarm_920x230Kleine Gemeinde  mit enorm großen Problemen: Sennfeld, in der Nähe von Schweinfurt und dem Atommeiler Grafenrheinfeld. Voraussichtlich im Sommer 2015 wird E.on den Reaktor aus wirtschaftlichen Gründen abschalten. Doch mit den Risiken ist es dann ebensowenig vorbei, wie mit den ungeklärten Atommüll-Sorgen. Die Gemeinde Sennfeld hat nun gefordert, dass das dortige Castor-Lager schnellstmöglich und dauerhaft aufgelöst werden soll.

In der Main-Post wird berichtet: „Auf Antrag der Wählergemeinschaft „Freie Wähler Sennfeld“ beschloss der Gemeinderat Sennfeld in seiner jüngsten Sitzung eine Resolution zur Auflösung des Zwischenlagers am Atomkraftwerk Grafenrheinfeld. Darin heißt es: „Die im Sennfelder Gemeinderat vertretenen Fraktionen von Freien Wählern, CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen fordern die Bundesregierung und die Bayerische Staatsregierung auf, die schnellstmögliche und dauerhafte Auflösung des Atommüllzwischenlagers ‚Bella‘ AKW Grafenrheinfeld in die Wege zu leiten.““

Damit nicht genug. Vorsorglich fordern die Gemeinderäte dann auch gleich, dass es im Rahmen der Stilllegung keine neuen Atommülllager geben dürfe. Weil sich das geplante dauerhafte Atommülllager im Schacht Konrad in Salzgitter immer weiter verzögert, werden an anderen Standorten mit abgeschalteten AKWs wie z.B. Brunsbüttel oder Biblis inzwischen neue Lagerhallen für den beim Rückbau anfallenden Strahlenmüll beantragt.
Mit Blick auf die Castor-Halle fordert die Gemeinde: „Die Genehmigung des Zwischenlagers laufe bis 2046. Eine Auflösung müsse baldmöglichst erfolgen, spätestens dann, wenn ein bundesweites Atommüll-Endlager gefunden wurde.“
Die Forderungen begründen die LokalpolitikerInnen mit den Risiken der Zwischenlagerung des hochradioaktiven Atommülls und der Sorge, dass diese Zwischenlager möglicherweise zu Endlagern werden könnten.
Diese Risiken zeigen sich demnach z.B. angesichts der Nachrüstung des Lagers mit einer zehn Meter hohen Schutz-Mauer. Ohne dass die Antragsteller in Sennfeld darauf näher eingehen, ist diese Mauer – die nicht nur in Grafenrheinfeld erfolgt – eine Anti-Terror-Schutzmaßnahme. Weil moderne panzerbrechende Waffen heute leicht beschaffbar sind und enorme Durchschlagskräfte haben, reagierten die Behörden mit derartigen Baumaßnahmen als zusätzliche Sicherheitsbarriere.

Mit Bezug auf Grafenrheinfeld berichtete im November 2013 der BR z.B. darüber: „Das Atommüllzwischenlager am Kernkraftwerk Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) wird zehn Meter hohe Mauern erhalten, um Angriffe von Terroristen abzuwehren. Der Bauausschuss der Gemeinde stimmte am Montag (25.11.13) dem Bauantrag des Energieversorgers E.ON zu.“ Weiter heißt es dort: „Laut der Grafenrheinfelder Bürgermeisterin Sabine Lutz (parteilos) soll die Mauer nur entlang der Längsseiten des Atommüllzwischenlagers gebaut werden, weil es an diesen Stellen Lüftungsschächte gibt. Das Atommüllzwischenlager ist gut 50 Meter lang.“

Die Wirkungen von panzerbrechenden Waffen und (gezielten) Flugzeugabstürzen war zentral für ein Urteil des Oberverwaltungsgericht in Schleswig. Das Gericht hob im Sommer 2013 die Genehmigung für den Betrieb des Castor-Zwischenlagers am AKW Brunsbüttel auf, weil Sicherheitsnachweise von Behörden und Betreiber entweder falsch oder gar nicht erbracht worden sind. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Vattenfall und Bundesamt für Strahlenschutz klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht, um eine Revision des Urteils und eine Neuverhandlung zu erzwingen.

BR berichtet auch über die Sorgen vor Ort: „Kritiker befürchten Endlager in Grafenrheinfeld“. Das „Atommüllzwischenlager am KKW Grafenrheinfeld mit dem Namen „Bella“ ist seit dem Februar 2006 in Betrieb. Dort können bis zu 88 Castoren gelagert werden. In jeder Castor kann maximal 19 abgebrannte Brennelemente aufnehmen.“ Zwar sei nach offiziellen Stellen alles sicher, schreibt BR, verweist aber auch: „Die genehmigte Laufzeit für das Zwischenlager am KKW Grafenrheinfeld beträgt 40 Jahre. Kritiker befürchten, dass die dezentralen Atommüll-Zwischenlager an deutschen Kernkraftwerkstandorten langfristig Endlager werden.“

Und die Main-Post berichtet über die Sorgen der Sennfelder Gemeinderäte aktuell: „Hier werde sich im Zuge der Stilllegung und des Rückbaus eine riesige Menge an atomaren Müll ansammeln. Und hochradioaktiver Müll wie Brennelemente müssten laut Wissenschaftlern eine Million Jahre endgelagert werden. Das Versprechen der Bundesregierung, derzeit bis 2030 ein bundesweites Atommüll-Endlager zu installieren, ist für die Sennfelder Räte keinesfalls gewährleistet. Ein weiterer Neu- oder Erweiterungsbau zum bestehenden Atommüll-Zwischenlager solle strikt verhindert werden wie auch die Umwandlung der bundesweiten Zwischenlager zu Atommüll-Endlagern. Je mehr solche Zwischenlager entstehen und auch genutzt werden, desto mehr Zeit werde sich bei der Suche nach einem bundesweiten Endlager genommen, glaubt man. Die Planungen für ein bundesweites Atommüll-Endlager sollten mit größter Dringlichkeit forciert werden, betont das Ratsgremium.“
Auch diese Sorge ist nicht unberechtigt. Kaum jemand hält das im neuen Endlagersuchgesetz veranschlagte Ziel für realistisch. Darauf wies z.B. der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel jüngst hin: „Im Jahr 2031 soll entschieden sein, wo in Deutschland ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll gebaut wird. So steht es im Endlagersuchgesetz. Doch Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) hat jetzt Zweifel an diesem Zeitplan geäußert. Der Minister informiert sich zurzeit über den Stand der Endlagersuche in der Schweiz. Die Erfahrungen dort zeigten, dass es noch einen großen Forschungsbedarf zur Endlagerung gebe, sagte Wenzel. Das werde zu erheblichen Verzögerungen bei Auswahl und Bau eines Endlagers führen“, schreibt der NDR auf seiner Seite. Weiter heißt es dort: „Bis in Deutschland ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll zur Verfügung steht, so Wenzel, könnten 20 bis 30 Jahre mehr Zeit vergehen als derzeit kalkuliert. Erst im Jahr 2050 oder 2060 könnte ein Lager in Betrieb gehen, sagte der Minister am Dienstag. Vor allem in der Grundlagenforschung habe Deutschland noch große Defizite.“
Die Atommüllentsorgung steht am Abgrund. Das zeigen nicht nur die wachsenden Probleme in Jülich, in Gronau, in Brunsbüttel, beim Schacht Konrad oder der ASSE. Die Genehmigungen für die Einlagerung hochradioaktiver Abfälle in Castor-Behältern ist fast überall auf 40 Jahre begrenzt. In Ahaus z.B. wird diese Genehmigung in jedem Fall auslaufen, bevor ein dauerhaftes unterirdisches Lager zur Verfügung steht. Die Genehmigungen für die Standort-Zwischenlager – allesamt um 2005 in Betrieb gegangen – läuft spätestens 2045 aus. Das mag derzeit weit weg erscheinen, aber kommt es zu den Verzögerungen, was sehr wahrscheinlich ist, dann steht eine nächste Generation vor dem atomaren Erbe.
Atommüll ohne Ende:

Dirk Seifert

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