Klimakatastrophe: Sigmar Gabriel – Die Todgeweihten grüßen euch
Es ist so fadenscheinig wie offenkundig: Der ehemalige Pop-Beauftragte der SPD und heutige Wirtschaftsminister „Siggi“ Sigmar Gabriel macht Politik für die todgeweihten Stromkonzerne RWE, Vattenfall und Co, wenn er sich jetzt gegen eine schrittweise Stilllegung von (Braun-)Kohlekraftwerken stellt und sich damit definitiv von dem 40 Prozent CO2-Einsparziel für 2020 verabschiedet. Da mag er noch so viel reden.
Da wird nun in den nächsten Tagen und Wochen ein massiver Eiertanz stattfinden. Denn irgendwie muss die SPD es ja hinbekommen, sich weiterhin als Klimaschützer zu geben, auch wenn noch so offenkundig eine Politik des Investitionsschutzes für große Stromkonzerne (TTIP lässt grüßen) betrieben wird. Da tut einem – fast – sogar Matthias Miersch, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, leid. Das Interview im Deutschlandfunk mit ihm ist kaum auszuhalten. Siehe auch: Klimaziele. Gabriel setzt weiter auf Kohle.
Es gibt enorme Erzeugungsüberkapazitäten. Seit Jahren entwickelt sich Deutschland zu einem gigantischen Exportweltmeister beim grenzüberschreitenden Stromverkauf. Dennoch müssen reihenweise weniger klimaschädliche Gaskraftwerke abgeschaltet werden, weil sie teurer produzieren als Atom und Kohle. Daran wird sich auch nur in geringem Umfang was ändern. Denn: Der Atomausstieg ist viel zu langsam, um gegen diese Überkapazitäten wirksam zu werden. Schlimmer noch: Z.B. Vattenfall hat in Moorburg ein nagelneues 1.600 MW Kohlekraftwerk stehen. Das ist bis heute nicht am Netz, weil der Betrieb die Verluste eher noch erhöht, als dass es Geld bringen würde. Nicht viel anders sieht es bei den anderen Stromkonzernen aus. Alle haben noch seit Mitte der 2000er Jahre in neue Kohlekraftwerke investiert. Die tragen nun dazu bei, dass sich die Konzerne sozusagen selbst kannibalisieren.
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Kurz und gut: Soll nicht noch mehr Kapital vernichtet werden, dann brauchen RWE, E.on, Vattenfall und EnBW Zeit! Zeit und nicht noch mehr Verluste. Genau das aber würde das Abschalten von (Braun-)Kohlekraftwerken bedeuten. Mag sein, dass dabei sogar die Arbeitsplätze für Gabriel eine Rolle spielen. Denn vor allem die Braunkohle ist mit dem dafür erforderlichen Tagebau verbunden. In der Lausitz sollen das mindestens 8.000 direkt bei Vattenfall und einige Zigtausend davon abhängige Arbeitsplätze sein. Klare Sache: Es braucht ein Programm, um für die Menschen in der Region den längst stattfindenden Strukturwandel sozial zu gestalten. Vattenfall – wie auch den anderen Konzernen – dürfte die soziale Frage angesichts der gewaltigen Gewinneinbrüche allerdings recht egal sein. Es geht immerhin um Milliardenbeträge.
Fonds für schrittweisen Braun-Kohleausstieg und Klimaschutz
Dieser Strukturwandel – in der Lausitz ebenso wie in den RWE-Braunkohleregionen in NRW – muss endlich auf die Tagesordnung. Nicht die Konzernverluste müssen geschützt werden, sondern es braucht jetzt endlich ein Konzept: Schrittweiser Ausstieg aus der Braunkohle für den Klima- und Umweltschutz (die Tagebaue sind schlicht eine grausame Umweltzerstörung) gekoppelt mit einem massiven Umstrukturierungsfonds, in dem auch die Konzerne ihren Beitrag nach jahrzehntelangen Gewinnen beizutragen haben. Das sollten Gabriel und seine SPD in Angriff nehmen. Stattdessen rennen sie Konzernen hinterher, die nicht mehr zu retten sind, lassen das Klima und die Umwelt über die Klippe springen und die SteuerzahlerInnen die Zeche zahlen.
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Stromkonzerne nicht mehr zu retten
Es ist klar: Die Stromkonzerne, ehemals die „Großen Vier“ genannt, sind wirtschaftlich massiv angeschlagen und taumeln vor sich hin. Alle vier haben in den letzten Wochen zum wiederholten Mal Gewinneinbrüche und Verluste gemeldet. Das wird sich für Jahre nicht ändern – wissen die Konzernchefs. Schon seit Jahren läuft ein massives Programm zur Kosteneinsparung in allen Unternehmen – natürlich mit Arbeitsplatzabbau.
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Finanz- und Wirtschaftskrise in den 2000er Jahren, massive Fehlinvestitionen gepaart mit dem für sie so überraschenden Laufzeitverlängerungs-Ausstieg nach Fukushima und den unglaublich positiven Entwicklungen der Erneuerbaren Energie, haben nicht nur die Grundfeste des jahrzehnte alten Geschäftsmodells erschüttert, sondern auch einen umfassenden Strukturwandel in der Energiewirtschaft zur Folge. Wenn tausende und abertausende Menschen selbst Strom erzeugen, braucht es keine Stromkonzerne mehr. Eigentlich ist das ganz einfach.
Es gibt ein absurd hohes Angebot von Stromerzeugung. Gleichzeitig wird vor allem durch die Solarenergie das profitträchtige Marktsegment der Mittel- und vor allem Spitzenlasterzeugung nahezu vollständig übernommen. Und nun sind seit Jahren auch immer mehr die Grundlastbereiche in Frage gestellt. Das Gute ist: All das wird – egal was Gabriel da jetzt macht – nicht zurückzudrehen sein. Das Dumme nur: Der Klimaschutz bleibt auf der Strecke, wenn die SPD zulässt, was Gabriel vorhat.
Still und leise – aber nur für Blinde übersehbar – haben die Erneuerbaren Energien die Strukturen des Strommarktes umgebaut. Selbst wenn es nach Fukushima nicht zur Stilllegung von acht Atomkraftwerken gekommen wäre, wäre die Krise der Stromkonzerne kaum aufzuhalten gewesen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hatte schon ab Mitte der 2000er massive Verluste für die Stromkonzerne mit sich gebracht. Mit der Laufzeitverlängerung für die Atommeiler hätten sie mehr Geld und mehr Zeit für den lange überfälligen Umbau bekommen. Ob das gereicht hätte? Vermutlich nicht.
Denn der Umbau in der Stromwirtschaft ist viel fundamentaler, als die Konzerne das überhaupt kapiert haben. Eigentlich auch ganz einfach, aber vielleicht schwer zu verstehen, wenn ein Wirtschaftsmodell schon seit Ende des Zweiten Weltkriegs besteht und damit wie für die Ewigkeit gemacht wirkt. Man könnte sagen: Die Erneuerbaren Energien mit ihrer gnadenlosen Dezentralität – sowohl technisch als auch wirtschaftlich – revolutionieren den Strommarkt etwa so wie es das Internet in der Kommunikationsbranche zur Folge hatte.