Risiko Umwelthaushalt 2015: Wenig Klimaschutz – zuviel Atommüll – kein Fracking-Verbot
Haushaltsdebatte 2015, Etat des Bundesumweltministeriums: Hubertus Zdebel, Sprecher der Links-Fraktion für Atomausstieg konzentrierte sich auf die ungelöste Entsorgung mit den atomaren Hinterlassenschaften der Atomenergie (Anträge und Rede im Wortlaut siehe unten). Zuvor kritisierte der Abgeordnete, dass es ein Fehler war, die Energiepolitik dem Wirtschaftsministerium zuzuschlagen. Die Mängel zeigen sich z.B. beim Klimaschutz, wo nicht mehr Umweltbelange im Vordergrund stehen, sondern wirtschaftliche Interessen.
Die Atommüll-Entsorgung zeige sich immer mehr als Scherbenhaufen, so Zdebel in seiner Rede vor dem Bundestag weiter: Erst vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung eingeräumt, dass es möglicherweise rund doppelt so viel Atommüll geben wird, als bislang zugegeben.
Die Risiken auch für den Umwelthaushalt und die BürgerInnen wachsen, weil immer noch unsichere Projekte wie der Schacht Konrad finanziert werden. Weitere Risiken entstehen durch die Schadensersatzklagen der Atomkonzerne. Vorläufiger Höhepunkt ist ihr Vorschlag, eine Art Bad Bank für den Atommüll zu schaffen.
Die Konzerne wollen – zu Lasten der SteuerzahlerInnen – die Atommüllentsorgung verstaatlichen. Mit einer Einmalzahlung wollen sie sich dann von der Kostenrisiken freikaufen. Zdebel fordert die Bundesregierung auf, endlich einen Neustart bei der Atommülldebatte zu ermöglichen und die Konzerne in die Pflicht zu nehmen.
Zum Thema Fracking-Verbot warf der Abgeordnete der Regierung vor, mit dem jetzt vorliegenden Gesetz-Entwurf frühere Versprechen zu brechen.
Die Anträge von Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKEN:
- Antrag zur Haushaltsdebatte Drucksache 18/3307: Schacht Konrad, Gorleben, Standortauswahlgesetz und Bundesamt kerntechnische Entsorgung (PDF).
- Im Bereich des Forschungsministeriums hatte die Fraktion DIE LINKE beantragt, die beantragten Gelder in Höhe von rund 65 für das Haushaltsjahr 2015 für die „US-Option“, d.h. den geplanten Export von hochradioaktivem Atommüll aus Jülich in die USA zu streichen: Drucksache 18/3308
Hubertus Zdebel (DIE LINKE):
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin Hendricks! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin und er verschwindet leider gerade ins Gespräch sehr geehrter Herr Staatssekretär!
Es war keine gute Entscheidung für den Umweltschutz, dass die Energiepolitik von der Großen Koalition aus dem Umweltministerium herausgetrennt und dem Wirtschaftsministerium zugeschlagen wurde.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das macht sich jetzt schon sehr deutlich bemerkbar, auch im Umweltausschuss selbst, weil verschiedene Themen, die früher immer im Umweltausschuss behandelt wurden – energiepolitische Fragen und sehr viele andere Fragen des Umweltschutzes -, teilweise nicht mal mehr im Umweltausschuss diskutiert werden, sondern nur noch im federführenden Ausschuss; das ist im Regelfall der Ausschuss für Wirtschaft und Energie.
Auch die Debatte um die Klimaschutzziele macht das sehr deutlich; denn es hängt jetzt vor allem vom Wirtschaftsminister ab, ob er dem Klimaschutz Vorrang gibt oder den wirtschaftlichen Braunkohleinteressen von Vattenfall und RWE. Das Umweltministerium kann nur noch Vorschläge machen; aber hier hat das Ministerium keine echte Handhabe mehr, um wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen auch umzusetzen. So wird der Umweltschutz erneut der Wirtschaftspolitik untergeordnet. Das lässt sich an anderen signifikanten Bereichen Ihres Ressorts, Frau Hendricks, deutlich belegen.
Stichwort Atommüll. Der Entwurf des nationalen Entsorgungsprogramms bringt es an den Tag: Wir haben vermutlich doppelt so viel Atommüll, wie die Bundesregierung bislang zugegeben hatte. Klar ist damit auch: Die gesamte Atommüllentsorgung wird noch viel teurer werden als bislang gedacht. Immerhin das rechne ich Ihnen sehr hoch an, Frau Ministerin hat die Bundesregierung jetzt begonnen, sich der strahlenden Realität zu stellen. Die Frage ist aber doch letztlich: Wann will die Bundesregierung endlich die entsprechenden Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen ziehen? – Davon ist bisher nichts zu sehen.
An vielen Standorten entwickelt sich die Atommülllagerung zum Desaster. In Brunsbüttel zum Beispiel quillt der Atommüll aus verrosteten Fässern, und bundesweit wurden bislang 2 000 Rostfässer entdeckt. Der Atommüll in Jülich soll sogar in meinen Augen rechtswidrig in die USA verschoben werden,
(Hiltrud Lotze (SPD): Falsch!)
weil man die sichere Lagerung bisher nicht in den Griff bekommen hat. Deswegen haben wir heute in der Debatte zum Forschungsetat verlangt, die vorgesehenen Finanzmittel für dieses rechtswidrige Atommüllgeschachere mit den USA zu streichen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Antrag wurde aber gegen die Stimmen der Linken und der Grünen von der Großen Koalition abgelehnt.
(Hiltrud Lotze (SPD): Zu Recht!)
Das macht deutlich, wohin die Reise gehen soll.
Der Schacht Konrad ist als Endlager nicht geeignet; das wissen wir alle. Der Ausbau des Lagers für leicht- und mittelradioaktiven Atommüll verzögert sich wegen immer neuer Probleme immer weiter. Dadurch steigen auch die Kosten. Und jetzt muss die Regierung zugeben: Er reicht nicht mal aus, um den gesamten Atommüll aufzunehmen.
Der Oberbürgermeister von Salzgitter, die IG Metall Salzgitter-Peine, das Landvolk Braunschweiger Land und die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad haben völlig recht, wenn sie die Bundesregierung und die Niedersächsische Landesregierung auffordern, bei diesen Fragen endlich zu einem Neustart zu kommen. Meine Fraktion hat daher für die heutige Sitzung beantragt, kein neues Geld in den ungeeigneten Schacht Konrad zu stecken.
(Beifall bei der LINKEN)
Es macht auch wenig Sinn, weitere Haushaltsmittel in ein mangelhaftes Standortauswahlgesetz oder gar in den Aufbau eines völlig überflüssigen neuen Bundesamtes für kerntechnische Entsorgung zu stecken. Die Anhörung der Endlager-Kommission vor einigen Wochen, Anfang November, hat diesen Unsinn verdeutlicht: Fast alle Experten meldeten massive Bedenken gegen dieses neue Bundesamt an. Wann wollen Sie, meine Damen und Herren von der Großen Koalition, denn daraus die Konsequenzen ziehen? Sie haben gleich die Chance, dem entsprechenden Änderungsantrag von uns zuzustimmen.
(Beifall bei der LINKEN)
Jahrzehntelang hatten die Atomkonzerne mit den AKWs die Lizenz zum Gelddrucken. Den atomaren Dreck und die enormen Kostenrisiken sollen jetzt der Staat und damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler übernehmen. Die größte Unverschämtheit ist, dass sich die Konzerne nun auch noch aus der Finanzierung der Atommüllentsorgung stehlen wollen. Wir Linke sagen: Es gibt ein Verursacherprinzip, und dieses muss die Regierung durchsetzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Frau Hendricks, es wäre gut, wenn Sie endlich klar sagen würden – da hört man im Moment sehr wenig von Ihnen -, wohin die Reise bei dieser Sache, bei der sogenannten Bad Bank für Atom, gehen soll.
Lassen Sie mich am Schluss noch einiges zum Fracking sagen. Für uns Linke ist klar: Fracking muss angesichts der unvorhersehbaren Risiken für Mensch und Umwelt ohne jegliche Ausnahmen per Gesetz verboten werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Sonst stehen uns die nächsten Umweltkatastrophen und damit die nächste Kostenexplosion ins Haus. Eine Bad Bank für Fracking ähnliche Überlegungen gibt es auch für den Atombereich wäre vorprogrammiert.
Noch im Juli 2014 hatten Sie, Frau Hendricks, gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Gabriel die strengsten Regeln angekündigt. Jetzt haben Sie diese Regeln weiter aufgeweicht. Bei aller Rhetorik: Die vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen laufen in Wirklichkeit auf ein Fracking-Erlaubnis-Gesetz hinaus.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben einen weiteren Kniefall vor den Konzernen gemacht, und Mensch und Umwelt bleiben erneut auf der Strecke, und das alles offensichtlich mit Ihrer Zustimmung, Frau Ministerin. So stellen wir uns wirkungsvolle Politik im Umweltbereich zum Schutz von Mensch und Natur nicht vor. Wir werden den Einzelplan daher ablehnen.
(Beifall bei der LINKEN)