AKW Grafenrheinfeld, defekte Castor-Behälter und der Atommüll: BUND Naturschutz Bayern fordert Prüfung auch des „Sicheren Einschluss“

radioaktiv-03An immer mehr Atomstandorten zeigt sich, wie groß auch die Risiken im Zusammenhang mit der Stilllegung der Atommeiler und beim weiteren Umgang mit den Atomabfällen sind. Auf eines dieser Probleme verweist nun der BUND Naturschutz in Bayern im Zusammenhang mit dem AKW Grafenrheinfeld. E.on wird diesen Atomreaktor vorzeitig Ende Mai endgültig abschalten und plant dann den Rückbau der Anlage. Der Scoping-Termin (Schweinfurter Tagblatt) hat gestern stattgefunden. Der bayerische BUND fordert nun aber die Prüfung auch des sogenannten „Sicheren Einschlusses“. Der Grund: Auf dem Gelände werden noch mindestens bis Ende 2040 hochradioaktive Brennelemente in Castor-Behältern im Zwischenlager auf dem AKW-Gelände gelagert. Was aber geschieht, wenn die Behälter undicht würden und repariert werden müssen? Derzeit könnte das im Sicherheitsbereich des AKWs erfolgen. Wird das AKW aber zurückgebaut, wäre diese Möglichkeit weg. Ein Schutz vor austretender Strahlung aus einem defekten Castor-Behälter wäre dann nicht mehr möglich.

  • Vor wenigen Wochen berichtete umweltFAIRaendern.de über das Problem der wachsenden Sicherheitsprobleme zwischen AKW-Rückbau und defekten Castor-Behältern in den Zwischenlagern: Atommüll-Zwischenlager brauchen Nachrüstung: Heiße Zellen sind erforderlich
  • UPDATE: Die Initiativen bitten darum, noch einmal ausdrücklich festzustellen, dass sie nicht gegen einen Abriss der Anlage sind, sondern zusätzlich die Alternativen-Prüfung „sicherer Einschluss“ verlangen, damit die Probleme umfassend bewertet werden können! Anlass für diesen Hinweis ist die aus Sicht der Initiativen fehlerhafte Berichterstattung des BR, bei der der Eindruck entstanden wäre, als ob die Initiativen gegen einen Abriss votieren würden und stattdessen lediglich den Einschluss verlangen.

Dieses Problem wird immer brisanter, auch weil das Oberverwaltungsgericht Schleswig jüngst die Genehmigung für das Castor-Lager am ebenfalls abgeschalteten AKW Brunsbüttel wegen erheblicher Mängel bei den Sicherheitsnachweisen aufgehoben hat. Auch in Brunsbüttel soll der Reaktor nach den Plänen von Vattenfall zurückgebaut werden, eine Genehmigung liegt allerdings noch nicht vor. Derzeit liegen die Antragsunterlagen aus.

Auch das Anti-Atom-Bündnis Schweinfurt unterstützt die Forderungen des BUND.
Der Bayerische Rundfunk berichtet über die Forderung des BUND: „Grund der Forderung des Bund Naturschutz: Unmittelbar neben dem KKW steht ein Atommüll-Zwischenlager. Sollte es zu Schäden an den Atommüllbehältern, den Castoren, kommen, könnten sie bislang in den strahlensicheren Bereich des Kraftwerks umgelagert werden. Laut der Pressemitteilung des Bund Naturschutz steht nach Abriss des KKW aber genau dieser strahlensichere Bereich als „heiße technische Zelle“ nicht mehr zur Verfügung.“

Dazu heißt es dort weiter: „Bislang werden die Castoren zur Abschirmung der Radioaktivität unter Wasser mit Atommüll des KKW befüllt. Im Fall einer undichten Stelle am Castor, würde hier unter Wasser der sogenannte „Primärdeckel“ getauscht werden. Beim „sicheren Einschluss“ des Kernkraftwerks würde der gesamte radioaktive Bereich rund 30 Jahre eingeschlossen, mit dem Ziel, dass in der Zeit die Radioaktivität sinkt. Dann könnte mit einem deutlich unproblematischeren Abriss begonnen werden. KKW Betreiber E.ON will aber den direkten Rückbau.“

Und: „Aus Sicht des Bund Naturschutz müsste das Zwischenlager in einem neuen Verfahren neu genehmigt werden, weil das KKW mit seinem strahlensicheren Bereich als Notfalllösung als Backup also, nach einem Abriss nicht mehr existiere. Außerdem müsse das Zwischenlager am KKW-Grafenrheinfeld auch baulich deutlich verbessert werden. Denn dem Atommüllzwischenlager Brunsbüttel war erst die Betriebsgenehmigung entzogen worden, weil es beim Absturz eines Flugzeugs von der Größe des Airbus A 380 oder bei terroristischen Anschlägen nicht ausreichend geschützt ist. Bislang ist in Grafenrheinfeld lediglich der Bau einer jeweils zehn Meter hohen Mauer entlang der Längsseiten des Zwischenlagers geplant – eine Lösung, die vor einem derartigen Flugzeugabsturz keinen Schutz bietet.“
Dokumentation: Die PM des BUND Naturschutz Bayern (als PDF) und im Wortlaut:

  • Der BUND Bayern hat einen Fragenkatalog mit Hinweisen zur Stilllegung und Abbau des AKW Grafenrheinfeld zum Scoping-Termin erarbeitet, der hier als PDF bereit steht.

PRIORITÄT FÜR DIE MINIMIERUNG RADIOAKTIVER EMISSIONEN BEIM ABSCHALTEN UND RÜCKBAU DES AKW GRAFENRHEINFELD
„Der BUND Naturschutz in Bayern fordert den Atomausstieg sofort. Wir begrüßen es daher und sehen dies als Erfolg unserer langjährigen Arbeit, dass das AKW Grafenrheinfeld zum 31. Mai abgeschaltet wird und aus dem Leistungsbetrieb genommen wird – also keinen Atommüll mehr produziert. Aber – nach dem Abschalten muss die Minimierung der Exposition von Menschen mit radioaktiven Stoffen, oder mit anderen Schadstoffen, den absoluten Vorrang haben!“ fordert Edo Günther, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Schweinfurt.
„Prinzipiell können nach der Abschaltung des Leistungsbetriebs mehrere Möglichkeiten zur Minimierung weiterer Exposition in Betracht gezogen werden. Neben dem Abbau gibt es auch die Möglichkeit des sicheren Einschlusses. Im Antrag der E.ON wird der Abbau beantragt, aus unternehmerischer Bewertung der E.ON.
Aus Sicht des BUND Naturschutz ist diese Vorab-Einengung des Scoping-Verfahrens nicht akzeptabel. Das Umweltministerium muss eine Alternativenprüfung einfordern“, so Günther weiter.  „Am Standort des AKW Grafenrheinfeld lagert hochradioaktiver Atommüll in Castoren im Zwischenlager. Bei potentiellen Schäden an den Castoren könnten die Einrichtungen im Schutz des bestehenden Containments herangezogen werden, um technische Problemlösungen anzubieten. Nach Abriss des AKWs stehen diese
Einrichtungen als „heiße technische Zellen“ nicht mehr zur Verfügung. Wir fordern zu klären, welche technischen Alternativen nach einem Abriss als lokales „back-up“ für Unvorhergesehenes am Zwischenlager zu Verfügungen stehen. Die Ankündigung der Errichtung einer sogenannten Bereitstellungshalle (BeHa) löst dieses Problem nicht auf!“, kritisiert Babs Günther, Sprecherin des Schweinfurter Aktionsbündnis gegen Atomkraft – das stellt sich für den BUND Naturschutz in Bayern genauso dar.
Die Einladungen an Vertreter öffentlicher Belange wurden von der Aufsichtsbehörde versandt in einem Radius von 5 km um das AKW Grafenrheinfeld. Dies ist aus Sicht des BUND Naturschutz willkürlich und nicht akzeptabel. In den Katastrophenschutzplänen für AKWs sind Evakuierungszonen mit einem Radius von 20 km vorgesehen.
Für den Termin des Scoping-Verfahrens am 19.03.2015 am AKW Grafenrheinfeld sind keine MedienvertreterInnen eingeladen und zugelassen. Aus Sicht des BUND Naturschutz widerspricht dies dem Prinzip der immer wieder hervorgehobenen Öffentlichkeitsbeteiligung. Aus Sicht des BUND Naturschutz ist der Antrag der E.ON gemäß Schreiben vom 28. März 2014 auf Abriss des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld nicht akzeptabel, da dieser Antrag unter Vorbehalten gestellt wurde: zum Einen ist der Antrag abhängig vom Ausgang der Verfassungsbeschwerde gegen die 13. Novelle des Atomgesetzes (Erlöschung der Berechtigung des Leistungsbetriebes) und zum Anderen von der bedarfsgerechten Verfügbarkeit der erforderlichen Endlagerkapazitäten. Im Scoping-Verfahren müsse politisch geklärt werden, ob der Antrag so bearbeitet werden kann.
Am Standort des AKW Grafenrheinfeld besteht ein atomares Zwischenlager zur Lagerung von Castoren mit hochradioaktiven Materialien. Mit Abriss des AKW Grafenrheinfeld kommt diesem Zwischenlager eine neue Funktion einer Einzelanlage „stand alone“ zu, deren Genehmigungssituation aus Sicht des BUND Naturschutz neu ist und das in einem neuen Verfahren neu zu prüfen wäre.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Januar 2015 dem atomaren Zwischenlager am Standort des AKW in Brunsbüttel die Betriebserlaubnis verweigert und die Aufhebung der Genehmigung durch das Oberverwaltungsgericht Schleswig vom Juni 2013 bestätigt. Grund war die nicht erfolgte Berücksichtigung eines Absturzes eines zivilen Flugzeuges von der Größe eines Airbus 380 und die nicht erfolgte Berücksichtigung terroristischer Anschläge.
Analog trifft das auch für das atomare Zwischenlager Grafenrheinfeld zu. Der BUND Naturschutz fordert, dass die zuständigen Genehmigungsbehörden in Bayern die
Konsequenzen aus dem Urteil zu Brunsbüttel analog übertragen auf das atomare Zwischenlager Grafenrheinfeld und Maßnahmen zur adäquaten Ertüchtigung und Verbesserung der Sicherheit als Auflage machen.
Am Standort des AKW Grafenrheinfeld steht kein geeigneter Gleisanschluss an das überregionale Bahnnetz zur Verfügung. Der Lokalbahnhof Gochsheim liegt im Bereich der Wohnbebauung. Aus Sicht des BUND Naturschutz müsse völlig neu geprüft werden, wo eine geeignete Verladestation für das AKW Grafenrheinfeld einzurichten ist.
Für Rückfragen:
Edo Günther, Erster Vorsitzender BUND Naturschutz in Schweinfurt
Tel: 0176-46121314
Dr. Herbert Barthel, Referent für Energie und Klimaschutz , BUND
Naturschutz in Bayern
Tel: 0151-50489963

Dirk Seifert

2 Gedanken zu “AKW Grafenrheinfeld, defekte Castor-Behälter und der Atommüll: BUND Naturschutz Bayern fordert Prüfung auch des „Sicheren Einschluss“

  1. Für den Termin des Scoping-Verfahrens am 19.03.2015 am AKW Grafenrheinfeld sind…
    Hallo Dirk,
    für alle Interessierten muss der Termin geändert werden, der Scoopingtermin kann nicht am 19.3. sein !
    Gruß
    Renate

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