Olympia Hamburg: Preisabsprachen im „Grenzbereich“ – Bußgeld für Chef des Olympischen Sportbundes

Wer zahlt für den Atommüll? Konzerne oder BürgerInnen?
Rechtswidrige Preisabsprachen? DOSB-Chef Hörmann akzeptiert Bußgeld und spricht von „Grenzbereich“

Alles nicht so ganz sauber hier: „Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann, zahlt wegen illegaler Preisabsprachen aus seiner Zeit als Geschäftsführer eines Baustoffunternehmens 150.000 Euro Bußgeld. Seine damalige Rolle bezeichnete er als „schwer einzuschätzende Gratwanderung“. In Zeiten der Glaubwürdigkeitskrise des Sports könnte das Hörmanns Vorbildfunktion schaden.“ So berichtet der Deutschlandfunk auf seiner Seite. Der Vorgang spielt in einem Kartellverfahren. Das Bundeskartellamt hat für die Creaton AG, bei der Hörmann Geschäftsführer war, ein Bußgeld von insgesamt 66 Millionen Euro – ausgesprochen. Dagegen klagt das Unternehmen. Das Verfahren hat am letzten Montag in Düsseldorf begonnen. Dadurch, dass Hörmann das Bußgeld akzeptiert, braucht er nicht vor Gericht zu erscheinen. Allerdings: Es könnten unter Umständen später zu weiteren Schadensersatzforderungen gegen ihn kommen. Insgesamt sind sechs Unternehmen an dem Vorgang beteiligt und Bußgelder in Höhe von 165 Mio. Euro verhängt worden.

Bei Spiegel-online wird Hörmann so zitiert: „“Ich bleibe dabei, dass es keine Kartellabsprache im eigentliche Sinne gegeben hat. Ich habe mich wohl im Grenzbereich bewegt und muss bei selbstkritischer Betrachtung einen Fehler eingestehen“, so Hörmann.“
Nochmal langsam lesen: … keine Kartellabsprache IM EIGENTLICHEN SINNE… Wie bitte? Zurecht wird das in einigen Medien als eine Art Eingeständnis interpretiert, dass es in der Sache damals nicht so ganz mit rechten Dingen zugegangen ist:
„Im Jahr 2006 sollen sich sechs Unternehmen aus der Dachziegelbranche auf höhere Preise verständigt haben. Damals litt die gesamte Branche darunter, dass die Umsätze zurückgingen und die Gewinne einbrachen. Gleichzeitig stiegen die Kosten für Energie. Vorstände und Manager kamen auf den Gedanken, die Energiekosten auf die Preise für ihre Dachziegel aufzuschlagen. Das Bundeskartellamt kam den Firmen 2008 auf die Schliche und verhängte empfindliche Geldstrafen. Hörmann beurteilt das Treffen der Verantwortlichen rückwirkend als schwer einzuschätzende Gratwanderung, bei dem er möglicherweise einen Fehler begangen habe.“ (BR)
Im Abendblatt steht: „Wie die FAZ berichtete hatte das Kartellamt mehreren Dachziegel-Herstellern – darunter auch der damals von Hörmann geführten Creaton AG – eine „Beteiligung an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen“ vorgeworfen. Insgesamt sollen Bußgelder in Höhe von 165 Millionen Euro verhängt worden sein. Hörmann müsse eine Geldbuße von 150.000 Euro plus etwa 75.000 Euro Zinsen zahlen, hieß es.“
Diese Preisabsprachen, die nun vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht ohne Hörmann verhandelt werden, haben zu überhöhten Kosten für die Kunden geführt, die möglicherweise auch noch auf den Gedanken kommen, Schadensersatzforderungen an die Firmen zu stellen.
Mal abgesehen davon, wie absurd es ist, dass Hörmann über sich selbst in dieser Geschichte von einer „schwer einzuschätzenden Gratwanderung“ spricht. Im Kommentar beim DLF wird gefragt: „Wann ist ein Sportfunktionär nicht mehr tragbar? Diese Frage stellt Thomas Purschke in seinem Kommentar nach den Entscheidungen im Fall des DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann und im Fall des LSB-Geschäftsfühers Rolf Beilschmidt. Er kommt zu einer eindeutigen Antwort.“ (Zur LSP-Geschichte in Sachen Doping siehe weiter unten und hier beim DLF …)

Die Reaktionen sind teilweise – sagen wir – „ernüchternd“. Im Abendblatt ist zu lesen: „In der Sportwelt traf das Vorgehen von Deutschlands ranghöchstem Sportfunktionär auf ein geteiltes Echo. „Herr Hörmann sollte sich selbst hinterfragen, ob dieser Fall mit seinem ethischen Kodex, mit dem des Deutschen Olympischen Sportbundes und mit dem des Internationalen Olympischen Komitees vereinbar ist“, sagte Grünen-Sportpolitiker Özcan Mutlu dem SID und ergänzte: „Herr Hörmann selbst und der DOSB müssen auch über Konsequenzen nachdenken.“

Walther Tröger, Ehrenmitglied des IOC, wertete den Fall anders. „In meinen Augen ist das keine Debatte, die mit dem deutschen Sport geführt werden muss. Der Fall resultiert aus der Zeit vor seiner DOSB-Präsidentschaft“, sagte Tröger. „Solche Vorgänge passieren im Geschäftsleben alle Nase lang, nicht nur bei der Deutschen Bank“, meinte der 85-Jährige: „Ich sehe ihn in keiner Weise als DOSB-Präsident beschädigt.““ Auch die FAZ sieht in ihrem Kommentar keinen Anlass für Konsequenzen.

Vorbild? Hamburg und der DOSB

Nicht nur mit Blick auf die Vorbildfunktionen gerade und besonders im Zusammenhang mit dem olympischen Gedanken, der immer wieder betont wird, hat dieser Vorgang insgesamt reichlich „Geschmäckle“. Auch ganz konkret wirft der Vorgang einen Schatten auf aktuelle Dinge: Immerhin betreibt der DOSB derzeit die Hamburger Olympiabewerbung für 2024. Gerade ist in Hamburg die Olympia-Ausführungsgesellschaft in Gründung. Darin wird der DOSB 51 Prozent der Anteile übernehmen. Als Vertreter des DOSB wird Bernhard Schwank den Job gemeinsam mit dem ehemaligen Justiz-Staatsrat Nikolas Hill übernehmen. (HA und NDR).

DOSB-Chef Hörmann akzeptiert das Bußgeld, weil er damit verhindern will, vor Gericht zu erscheinen. Beim DLF heißt es dazu weiter: „…vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ein Gerichtsprozess wegen Kartellabsprachen, zu dem auch der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes Alfons Hörmann vorgeladen worden wäre. Als früherer Vorstands-Chef eines Baustoff-Unternehmens hat ihn das Bundeskartellamt 2006 wegen Preisabsprachen zur Zahlung eines Bußgeldes verurteilt. Der Allgäuer legte zunächst Einspruch ein, akzeptierte aber nun das Bußgeld von 150.000 Euro plus geschätzter Zinsen in Höhe von 75.000 Euro. Und es könnte für den DOSB-Präsidenten noch teurer werden.“
Das Verfahren in Düsseldorf hat nun am letzten Montag ohne den DOSB-Präsidenten begonnen, darüber berichtet der Bayerische Rundfunk hier.
Noch ist der Vorgang nicht zu Ende
Mein Lieblingssender und Heinz Peter Kreuzer informieren weiter: „Einen Gerichtsprozess in eigener Sache hat Alfons Hörmann zwar vermieden. Doch neben dem Bußgeld drohen dem DOSB-Präsidenten Schadenersatzforderungen, weil er als Vorstandsvorsitzender des Dachziegelherstellers Creaton AG an Preisabsprachen beteiligt gewesen sein soll. „Es kann durchaus sein, dass sein Arbeitgeber die Creaton AG auch versucht, die Schadensersatzansprüche, die sie jetzt selber zahlen muss möglicherweise – es steht ja ein Bußgeld in Höhe von 66 Millionen Euro im Raum – dass sie versucht, das von den handelnden Personen und damit auch vom Vorstandsvorsitzenden, wiederzubekommen“, erläutert der Münchner Kartellexperte Mark E. Orth. Zudem könnten auch betroffene Bauherren wegen der zu teuren Dachziegel Regressforderungen stellen. Insgesamt bleibt durch Hörmanns Rückzieher ein fader Beigeschmack zurück. Die Frage, wie dieses Vorgehen mit dem ethischen Kodex des DOSB vereinbar sei, steht im Raum, auch wenn beim Deutschen Olympischen Sportbund selbst bislang keinerlei Aufregung herrscht.“
Olympia und eine „Glaubwürdigkeitskrise“
Dort ist auch zu lesen: „Auch wenn die Vorwürfe der illegalen Preisabsprache unter mehreren Dachziegel-Herstellern nach deutschem Recht nur eine Ordnungswidrigkeit sind, gibt Rechtsanwalt Orth zu Bedenken: „Da empfinde ich es schon als etwas schwierig, wenn man dann solche Vorwürfe hinstellt und sagt, das sei ein Graubereich. Er sagt ja, er hätte gegrätscht, und dann eine gelbe Karte bekommen. Wenn das dann für andere, die Manipulationen im Sportbereich zu verantworten haben, auch so gilt, ist das schwierig mit der Vorbildfunktion.“ Das gelte besonders in Zeiten, in denen der Sport um seine Integrität kämpft. Erst jüngst attestierte die Wochenzeitung „ZEIT“ den Sportverbänden den zunehmenden Verlust ihrer Autonomie und Deutungshoheit über den Sport und wertete dies als „ein weiteres Indiz ihrer Glaubwürdigkeitskrise“.“

Ich hoffe, der DLF erlaubt es, wenn wir hier weiter ausführlich aus dem Kommentar über die Hintergründe und Zusammenhänge übernehmen: „Der höchste Sport-Ehrenamtler Deutschlands, Alfons Hörmann, erklärte nun, er sei erleichtert, dass das Kartellverfahren für ihn beendet sei, andererseits gehe ihm die Chance verloren, die damaligen Vorgänge unter seiner Mitwirkung gerichtlich klären zu lassen, was er bedauere. Doch ist Hörmann jetzt wirklich zu bedauern? Hat er als DOSB-Präsident von mehr als 27 Millionen Mitgliedern keine Vorbildfunktion?

Vor seiner Wahl zum DOSB-Chef im Dezember 2013 hatte Hörmann gesagt, er sei einst bei der Creaton AG an keinen illegalen Preisabsprachen beteiligt gewesen. Nun erklärte er plötzlich: Er habe sich wohl im Grenzbereich bewegt und müsse einen Fehler eingestehen. „In die Sportsprache übersetzt“, so Hörmann „würde ich sagen, dass ich gegrätscht habe und dann die Gelbe Karte bekam. Ich habe daraus gelernt.“ Und der deutsche Sport steht wie es zu erwarten war, weiter hinter ihm. Dabei wäre hier nun im DOSB wirklich ein sofortiger Platzverweis, also die Amtsenthebung von Hörmann die angemessene Strafe gewesen.

Foul statt Fairplay

Der Fall resultiere aus der Zeit vor Hörmanns DOSB-Präsidentschaft, solche Vorgänge würden im Geschäftsleben alle Nase lang passieren, meinte allen Ernstes das deutsche IOC-Ehrenmitglied Walther Tröger beschwichtigend dazu. Der Jurist Tröger sieht Hörmann in keiner Weise als DOSB-Chef beschädigt. Willkommen in der Bananenrepublik! Foul statt Fairplay, eine Meinung, die nur allzu typisch ist für die Geisteshaltung vieler Sportfunktionäre, nicht nur in Deutschland. Und mit einem solch beschädigten Spitzenfunktionär wie Hörmann will der DOSB sich nun mit der Stadt Hamburg für die Olympischen Spiele bewerben.
Kritische Stimmen zu Hörmann aus der Politik hingegen, waren kaum zu hören. Die Politik in Deutschland, die sich zwar gern mit dem Sport und dessen Siegern schmückt, geht wie gewohnt auf Tauchstation. Immerhin die Obfrau der Grünen im Bundestags-Sportausschuss Monika Lazar monierte, dass es im Fall Hörmann ausgerechnet um Preisabsprachen, also unlauteren Wettbewerb ginge, dies verleihe der Sache im Sportkontext, einen besonders bitteren Beigeschmack.

Ein Ex-Stasi-Spitzel bleibt weiter im Amt

Welche Auswirkungen die fehlende Transparenz und Glaubwürdigkeit im DOSB und den Verbandsstrukturen hat, konnte man in einem anderen Fall sehen, der in der vergangenen Woche für Kopfschütteln sorgte. Der betraf Rolf Beilschmidt, den Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes in Thüringen. Beilschmidt hatte in der DDR viele Jahre als Stasi-Zuträger gewirkt und dabei laut Aktenlage auch über privateste Details von Freunden und Bekannten an die Stasi berichtet. Doch die Stasi-Kommission des DOSB unter Leitung des einstigen Gründungsdirektors der Stasi-Unterlagenbehörde, Hansjörg Geiger, empfahl jetzt nach einer für die Öffentlichkeit völlig intransparenten Prüfung die Weiterbeschäftigung von Beilschmidt. Eine fatale Fehlentscheidung der Kommission und ein moralischer Offenbarungseid des DOSB! Noch dazu eindeutig entgegen den Prämissen des DOSB, dass Ex-Stasi-Spitzel, heute keine Führungsämter einnehmen sollten. Was vor allem Opfer als einen regelrechten Schlag ins Gesicht empfinden.
Völlig zu recht kritisierte der Doping-Opfer-Hilfe-Verein die Entscheidung der sogenannten unabhängigen DOSB-Kommission und forderte den Rücktritt von Beilschmidt.
Der Fall Hörmann, der als DOSB-Präsident seine moralische Integrität und Glaubwürdigkeit genauso verloren hat, wie auch der Thüringer LSB-Chef Beilschmidt, lassen nur einen Schluss zu: Beide sind in ihren Spitzenämtern im Sport absolut nicht mehr tragbar. Von einer Vorbildrolle besonders für Kinder und Jugendliche ganz zu schweigen.“

Dirk Seifert

Ein Gedanke zu “Olympia Hamburg: Preisabsprachen im „Grenzbereich“ – Bußgeld für Chef des Olympischen Sportbundes

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