Paragrafen gegen Baumbesetzer – A100 nächste Woche vor Gericht
+++ Aktualisierung 1.6.2015, 11Uhr: Die Richterin vertagt den Prozess nach einer Stunde Verhandlung auf Ende Oktober. +++
Fast 400 Tage währte die Baumbesetzung gegen die Verlängerung der A 100 in Berlin. Am 3. Februar letzten Jahren wurden die Umweltschützer_innen von einem polizeilichen Großaufgebot geräumt und die Bäume gefällt.
Vier Aktivist_innen stehen nun am nächsten Montag vor Gericht: Ein Mitarbeiter des damaligen Stadtentwicklungssenators und heutigen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller, SPD, hat Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt. Besonders wohnlich ist es nahe der mehrspurigen Kreuzung Neuköllnische Allee/Grenzallee nicht, und die bis Ende 2014 von Müller geführte Behörde hatte zum Zeitpunkt der Räumung erst seit wenigen Minuten das Hausrecht über das per vorzeitiger Besitzeinweisung dem protestierenden Privateigentümer entzogene Gelände, auf dem sich die Vier hausfriedensbrecherisch in Baumkronen und am Boden aufgehalten haben sollen. Doch Müller hält am Strafantrag fest, statt sich der politischen Auseinandersetzung über sozial- und klimaverträgliche Mobilität zu stellen.
Die A100 kostet das Fünffache der bisher teuersten Autobahn-Neuplanung in Deutschland. Eine Milliarde Euro sind für die sechs Kilometer von Neukölln nach Friedrichshain veranschlagt. Und wenn die erstmal ausgegeben sind, muss unbedingt weiter gebaut werden, weil Friedrichshain sonst dem Verkehrsinfarkt erliegt. Es wird nur deshalb eine Autobahn gebaut, weil für diesen Straßentyp das Geld vom Bund kommt. Für eine verkehrlich gebotene kleinere Lösung müsste die öffentliche Hand in eine andere Tasche mit Steuergeldern greifen, in die Kassen von Stadt und Land Berlin. Bundespolitisch überstrahlt wird der unverantwortliche Berliner Taschenspielertrick vom Skandal um den nicht betriebsfähigen Großflughafen BER für derzeit 6,4 Milliarden Euro.
Der Prozess beginnt am Montag, 1. Juni 2015, um 9:15 Uhr im Saal 862, Altbau des Kriminalgerichts Tiergarten, Turmstraße 91.