AREVA am Ende: Milliarden Subventionen und EDF

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Der französische Atomkonzern AREVA bricht auseinander.

Der laufende Zusammenbruch des französischen Atomgiganten AREVA wird durch eine massive Staatsintervention aufgefangen. Die Regierung in Paris will den Bereich Entwicklung und Bau von Atomreaktoren der Électricité de France (EDF) einverleiben. Bei AREVA sollen laut Handelsblatt die Bereiche Uranversorgung und Atommüll (Wiederaufarbeitung) verbleiben. EDF, ebenso wie AREVA, zu fast 90 Prozent im Staatsbesitz, betreibt die rund 50 Atommeiler in Frankreich. Rund fünf Milliarden Euro Verlust hatte AREVA nach auch vorher schlechten Zahlen im letzten Jahr eingefahren. Das Unternehmen mit einem Jahresumsatz von „nur“ rund 7/8 Milliarden Euro ist in mindestens dieser Größenordnung verschuldet. Weitere Rückschläge stehen schon vor der Tür: Bei den beiden AKW-Neubauten in Finnland und Frankreich gibt es massive Hinweise auf Materialfehler in den Reaktordruckbehältern, die AREVA teuer zu stehen kommen könnten, wenn sich diese bestätigen und der komplette Austausch erfolgen müsste. Betroffen könnten auch Neubauten z.B. in China sein. Die Projekte in Flamaville und Olkiluoto sind darüber hinaus ohnehin über Jahre verspätet und kosten inzwischen weit mehr als das doppelte der ehemaligen Planung. Und: Die französische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Konzernspitze.

Elegant drücken die Schweizer es aus, wenn AREVA jetzt unter die schützenden Flügel von EDF gestellt werden soll. Die NZZ: „Rettung von Areva – EdF soll Meltdown verhindern. Frankreichs Staatspräsident François Hollande hat entschieden, dass Electricité de France (EdF) die Mehrheit des AKW-Geschäfts des Atomkonzerns Areva kaufen soll.“
Das Blatt erinnert an die noch gar nicht so lange zurückliegende Gründung der AREVA: „Als die in der Atomindustrie aktiven Unternehmen Framatome, Cogema und CEA-Industrie 2001 zum führenden französischen Konzern für Nukleartechnik fusionierten, wurde Areva, der Name des neuen Konglomerates, mehr oder wenig zufällig aus einer Liste spanischer Klöster herausgepickt. Fast 15 Jahre nach der extravaganten Namensgebung hat sich die zu 87% vom Staat kontrollierte Areva als Kathedrale in der Wüste entpuppt, deren Sanierung die Steuerzahler und vermutlich auch die Stromverbraucher Frankreichs etliche Milliarden kosten wird.“
Die Rettungsaktion, die keine Zweifel daran aufkommen lässt, dass die Grande Nation unvermindert am Status der Atommacht festhalten will, wird den französischen SteuerzahlerInnen noch einiges abverlangen.
Das Handelsblatt schreibt: „Wirtschaftsminister Emmanuel Macron hob hervor, durch die Restrukturierung solle die französische Atombranche „nachhaltig gesichert werden“. Im Sender France Info wies er den Eindruck zurück, dass Areva zerschlagen werden solle.“ Dabei weist er auf ein seit langem bestehendes Problem hin. „EDF und Areva, die in der Vergangenheit „zu oft“ gegeneinander gearbeitet hätten, müssten international besser zusammenarbeiten. Beide müssten nun einen „echten Pakt“ zustande bringen.“
Allerdings verweist das Handelsblatt auch auf einen einsetzenden Strukturwandel in Frankreich. Künftig wird der Atomstrom abnehmen, stattdessen der Nuklear-Export eine größere Rolle spielen und die Erneuerbaren Energie rücken nach und nach in den Vordergrund: „Umwelt- und Energieministerin Ségolène Royal machte im Gespräch mit den Sendern RMC-BFMTV deutlich, dass durch den Umbau nicht nur die Finanzprobleme von Areva geregelt werden sollten. Es gehe auch darum, die französische Atomindustrie beim Export und bei der Umstellung auf erneuerbare Energien zu stärken. „In den nächsten Jahren wird es tausend Mal mehr Investitionen in Erneuerbare als in Atom geben“, sagte sie.“

Die Sanierung und Übernahme unter das Dach der EDF wird auch in den nächsten Jahren noch einige Milliarden Euro kosten. Die NZZ berichtet: „Wie Staatspräsident Hollande mitteilen liess, soll der Atomkonzern zum einen eine direkte Kapitalspritze des Staates erhalten und zum andern die Mehrheit der Sparte Bau und Wartung von Atomkraftwerken an den zu 85% vom Staat kontrollierten Elektrizitätskonzern EdF verkaufen. Die Mitteilung aus dem Elysée-Palast nannte weder für die Rekapitalisierung noch für die Handänderung Beträge. Die Details sollen von den zwei Staatskonzernen innert eines Monats ausgearbeitet werden.“
Allein für die Reaktorsparte von AREVA müsste EDF nach vom Handelsblatt zitierten Experten rund zwei Milliarden Euro zahlen.
Dort ist auch zu lesen: „Der Staat wiederum will „in der nötigen Höhe“ dem Atomkonzern, der für das vergangene Jahr einen Verlust von fast fünf Milliarden Euro melden musste, mit einer Finanzspritze unter die Arme greifen. Angaben zur Höhe wurden nicht gemacht.“
In der letzten Woche hatte der Elysée-Palast die Entscheidung für diese Übernahme des AREVA-Reaktorgeschäfts durch EDF bekannt gegeben und erklärt: „EDF ist befähigt, Mehrheitsaktionär zu werden“ bei den Areva-Reaktoraktivitäten. Areva behalte eine „strategische Beteiligung“.
Das Handelsblatt informiert: „In der Reaktorsparte NP (Nuclear Power) von Areva, die auch die Wartung von Atomkraftwerken umfasst, sind rund 15.000 der weltweit etwa 44.000 Areva-Mitarbeiter beschäftigt. Die Gewerkschaften, die einen massiven Stellenabbau befürchten, sprachen von „Plünderung des Grabes“ von Areva zugunsten des Atomkraftwerkbetreibers EDF. Sie brachten auch ihre Sorge über einen möglichen Einstieg chinesischer Investoren zum Ausdruck.“
Was von AREVA übrig bleibt: „Beim künftigen Areva-Konzern werden somit die Bereiche vom Uranabbau bis zur Wiederaufarbeitung von Atom-Brennstäben bleiben. Der Stromkonzern EDF soll laut Presseberichten zwei Milliarden Euro für die Reaktorsparte angeboten haben. Areva wollte eigentlich lediglich eine begrenztere Annährung der beiden Unternehmen beim Reaktorbau.“ Dazu zählen wohl auch die Bereiche der Urananreicherung und damit verbundener Fertigungen sowie die Brennelemente-Herstellung.

Unklar bleibt vorerst, welche weiteren Folgen der AREVA-Zusammenbruch für die deutschen Standorte haben wird. Schon in den letzten Jahren hatte AREVA mit dem Abbau von Arbeitsplätzen in Erlangen und Lingen begonnen. Die Produktionskapazitäten im Brennelemente-Werk in Lingen (Emsland) sind seit Jahren nicht ausgelastet, Arbeitsplätze wurden bislang in geringerem Umfang abgebaut. Auch wenn dabei in größerem Maß der Einbruch nach der Katastrophe von Fukushima eine Rolle spielt: Es dürfte nicht unwahrscheinlich sein, dass jetzt bei AREVA das große Ausfegen beginnt, um die miserable Finanzlage in den Griff zu bekommen. Dabei könnte es auch zu Produktionsverlagerungen kommen.

Dirk Seifert

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