AKW Stade: Wohin mit radioaktiv kontaminiertem Bauschutt? Umweltminister Wenzel antwortet
Beim Rückbau der Atommeiler fallen in großem Maßstab kontaminierte Abfälle von Bauschutt und Stahl an. Unterhalb einer bestimmten Strahlengrenze dürfen die nach den rechtlichen Bestimmungen „freigegeben“ und auf ganz normalen Deponien oder im Straßenbau eingesetzt werden. Das spart viele Kosten. Doch viele BürgerInnen, aber auch Deponiebesitzer reagieren auf Anfragen der AKW-Betreiber ablehnend, wenn es um die Lagerung vor Ort geht. Ein Problem, mit dem das AKW Stade derzeit intensiv zu tun hat. Der Grüne Umweltminister Stefan Wenzel antwortete zum aktuellen Stand jüngst auf Anfragen von Landtagsabgeordneten. Die PM ist hier nachzulesen.
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Dort heißt es mit Datum 17. Juli 2015: „Antwort auf die mündliche Anfrage: Wo soll der freigemessene Bauschutt aus dem KKW Stade hin?
Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Dr. Stefan Birkner, Jan-Christoph Oetjen und Björn Försterling (FDP) geantwortet.
Vorbemerkung der Abgeordneten: Presseberichten zufolge sollen in diesem Jahr 4 000 t freigemessener Bauschutt aus dem Abriss von Kernkraftwerken auf Deponien in Sachsen transportiert werden. Unter anderem stammt dieser Bauschutt auch aus dem Kernkraftwerk Stade. Nachdem die Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag diese Transporte kritisiert hatte, meinte der Sächsische Umweltminister Thomas Schmidt (CDU): „Die Grünen sollten ihre Kritik an ihren eigenen Parteigenossen und Umweltminister in Niedersachsen richten. Weil der aus Sicht des Strahlenschutzes ungefährliche Bauschutt auf den Deponien in Niedersachsen aus ideologischen Gründen nicht angenommen wird, soll er auf Deponien in weiter Ferne gebracht werden. Die Behörden des Freistaates Sachsen haben rechtlich keine Möglichkeit, die Annahme dieser freigemessenen Abfälle auf dafür geeigneten Deponien zu unterbinden. Allerdings haben die Betreiber der betroffenen Deponien in Sachsen bereits erklärt, dass sie bis auf vertraglich bereits gebundene Lieferungen weiteren Bauschutt nicht annehmen werden und insofern die für dieses Jahr genehmigten 4 000 t nicht ausschöpfen. Wenn die Deponien heute auf Einnahmen verzichten, die sie mit der Annahme der freigemessenen und daher ungefährlichen Abfälle machen könnten, dann geschieht das freiwillig. Dafür bin ich dankbar. Auch intensive Gespräche meines Hauses mit den Betreibern haben dazu geführt. Gleiches Engagement erwarte ich von den sächsischen Grünen bei ihren Parteifreunden in Niedersachsen, damit die überflüssigen und umweltbelastenden Transporte des Bauschutts künftig unterbleiben, so wie es auch auf der Umweltministerkonferenz im Herbst 2014 erörtert wurde.“
Minister Wenzel beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
1. Wie viel freigemessener Bauschutt soll noch aus Stade in andere Bundesländer überführt werden?
Nach derzeitigem Stand ist für die Freigabe von Bauschutt aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Stade zur Beseitigung auf Deponien gemäß § 29 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) für die Deponie Cröbern im Bundesland Sachsen ein Einvernehmen nach § 29 Absatz 2 StrlSchV mit dem Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft als der für den Standort der Beseitigungsanlage für den Vollzug der Strahlenschutzverordnung zuständigen obersten Landesbehörde für das Jahr 2015 für eine Masse von bis zu 1.000 Tonnen hergestellt worden. Vertragliche Regelungen zwischen der Abfallerzeugerin und der Deponiebetreiberin bestehen nach hiesigem Kenntnisstand noch nicht. Die bisher genutzten Deponien Wetro und Grumbach im Bundesland Sachsen sind nach dem derzeitigen hiesigen Kenntnisstand für die genannte Freigabeoption nicht mehr vorgesehen. Andere Deponien im Bundesland Sachsen oder in anderen Bundesländern als dem Bundesland Niedersachsen sind nach dem derzeitigen hiesigen Kenntnisstand für die genannte Freigabeoption nicht vorgesehen.
2. Könnten diese Mengen aktuell auf niedersächsischen Deponien gelagert werden und, wenn ja, wo?
Für eine Freigabe von Bauschutt aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Stade zur Beseitigung auf Deponien gemäß § 29 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) ist eine Prüfung der Einhaltung der dem § 29 StrlSchV zugrunde liegenden Festlegungen zur Freigabe in Anlage IV der Strahlenschutzverordnung oder, soweit die Festlegungen der Anlage IV im Einzelfall nicht vorliegen, des von der Abfallerzeugerin vorzulegenden, unter Berücksichtigung der Festlegungen der Anlage IV Teil A Nr. 2 der Strahlenschutzverordnung auf andere Weise zu führenden Nachweises, dass für Einzelpersonen der Bevölkerung nur eine effektive Dosis im Bereich von 10 Mikrosievert im Kalenderjahr auftreten kann, erforderlich. Eine solche Prüfung wird erfolgen, wenn die Abfallerzeugerin im Freigabeverfahren die Nutzung einer niedersächsischen Deponie entsprechend beantragt.Für die Deponie Hillern des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Abfallwirtschaft Heidekreis (AHK), die im Deponieverbund auch als Deponie für den Landkreis Stade dient, fand eine solche Prüfung statt. Wegen eines Beschlusses des dortigen Kreistags, keinen zur Beseitigung freigegebenen Bauschutt mehr aufzunehmen, schloss die Abfallerzeugerin vertragliche Regelungen mit den oben genannten Deponien. Daneben sind die abfallrechtlichen Vorschriften nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und der dazu ergangenen Verordnungen zu beachten.
3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits getroffen, um Anwohner von Deponien über die Unbedenklichkeit freigemessenen Bauschutts aus Kernkraftwerken zu informieren?
Über die Freigabe von Bauschutt aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Stade zur Beseitigung auf der Deponie Hillern wurde in öffentlicher Sitzung des Verwaltungsrates sowie durch Teilnahme eines Vertreters des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz an einer diesbezüglichen Bürgerversammlung im Jahr 2011 entsprechend informiert. Gleichwohl erfolgte der oben genannte Beschluss im Kreistag des Landkreises Heidekreis, keinen zur Beseitigung freigegebenen Bauschutt mehr aufzunehmen. Zudem erfolgten Informationen zu mehreren Anfragen und Anträgen im Niedersächsischen Landtag.