Risse in den belgischen Atomkraftwerken Tihange und Doel
Wie steht es um die Risse in den beiden belgischen Atomkraftraftweren Doel 3 und Tihange 2? Das wollte der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE, von der Bundesregierung wissen. Beide Reaktoren sind seit März 2014 wegen tausender Risse im Herzstück der Anlage – den Reaktordruckbehältern (RDB) – abgeschaltet.
Zu den Rissbefunden in den belgischen Atomkraftwerken sagte Zdebel: „Die Reaktoren in Doel und Tihange gehören endgültig stillgelegt. Das Risiko, dass vorhandene Vorschädigungen der Reaktordruckbehälter bei extremen Betriebssituationen zu einer Katastrophe führen können, ist unter keine Umständen zu tolerieren.“
In der Antwort auf die Kleine Anfrage teilt die Bundesregierung mit, dass sie über die „europäischen und internationalen Gremien“ informiert ist, spricht von „fachlichem Austausch“ mit der belgischen Atomaufsicht, räumt ein, dass die „erneute Prüfung im Jahre 2014 (ergab) eine wesentliche höhrere Anzahl von Anzeigen in den gleichen Bereichen“ des RDB ergeben habe, betont aber, dass diese Risse gegenüber Vergleichsdaten von 2012 nicht gewachsen wären und stellt dann fest: „Die Bundesregierung wird die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und sich im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit weiterhin einbringen. In welcher Weise sie das tun wird, hängt von den weiteren Entwicklungen und Ergebnissen der Untersuchungen sowie den Schlussfolgerungen der belgischen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde ab.“
- Die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel zum „Stand der Überprüfung der Risse in den Atomkraftwerken Tihange und Doel“ hier als PDF.
Im März 2014 wurden die beiden belgischen Kernreaktoren Doel 3 und Tihange 2 wegen unerwarteter Ergebnisse bei Bestrahlungsversuchen im Forschungsreaktor BR2 in Mol abermals heruntergefahren. Die Reaktordruckbehälter der beiden Atomkraftwerke (AKW) sind mit tausenden bis zu 18 cm großen Fehlstellen beschädigt. Trotzdem versucht der Betreiber Electrabel immer noch, die Sicherheit der beiden Reaktoren nachzuweisen. Der
zunächst vom Betreiber für Juli 2015 geplante Neustart wurde Anfang Mai 2015 auf den
1. November 2015 verschoben
(http://transparency.gdfsuez.com/UMMDetail.aspx?IsDefault=False&UMMId=11479&IsUM
M=True&CommodityId=3).
Die belgische Atomaufsicht (FANC) verlangt von Electrabel vor einem möglichen Neustart
einen Sicherheitsnachweis (Safety Case). Die Schritte, die möglicherweise zu einem
Wiederanfahren der beiden AKWs führen, werden von der FANC wie folgt beschrieben:
Nachdem der Safety Case vom Betreiber an die FANC übergeben wurde, erfolgt eine
Überprüfung des Sicherheitsnachweises durch Bel V, einer Tochterfirma der FANC. Bel V
wird bei diesem Prozess durch weitere Gremien für die Bereiche Ultraschallverfahren,
Materialeigenschaften und bruchmechanische Fragen unterstützt. Die Bewertungen all dieser Gruppen fließen zurück an die FANC, werden von ihr abschließend bewertet und führen zur Entscheidung für oder gegen die Genehmigung für einen Neustart der beiden Reaktoren. (http://fanc.fgov.be/nl/news/doel-3/tihange-2-next-steps-of-the-review-process/766.aspx)
Tihange ist nicht einmal 60 Kilometer von deutschem Hoheitsgebiet entfernt. Bereits im Jahr 2013 wurden die beiden Reaktoren gegen die Empfehlung der von der FANC selbst beauftragten internationalen Experten wieder angefahren. Diese Experten hatten einen größeren RTNDT-Shift von 100°C empfohlen (http://fanc.fgov.be/GED/00000000/3300/3393.pdf Seite 17). Dieser Shift hätte zu einer sofortigen und dauerhaften Abschaltung der beiden Reaktoren führen müssen (http://www.stop-tihange.org/de/wp-content/uploads/Report_DE.pdf Seite 25). Seitdem hat sich herausgestellt, dass der Zustand der beiden Reaktoren noch katastrophaler ist.