Atommüll-Probleme nicht klein reden: Fachgespräch im Umweltausschuss

Hubertus Zdebel - Ursula Schönberg - Dez2015
Am Rande des Fachgesprächs um Umweltausschuss. Der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE) und Ursula Schönberger vom Atommüllreport.

Wird die Zwischenlagerung hochradioaktiver Atomabfälle künftig nur noch nach dem Model Jülich und Brunsbüttel stattfinden? Beiden Castor-Atommülllagern ist wegen Sicherheitsdefiziten die Genehmigung entzogen worden. Diese Frage stellte am Mittwoch (16.12) die Expertin Ursula Schönberger vom Atommüllreport bei einem von der Fraktion DIE LINKE initiierten Fachgespräch im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages. Sie kritisierte damit die Umgangsweise der Behörden mit den wachsenden Problemen bei der Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle. Atomrechtliche Sicherheitsanforderungen würden zunehmend unterhöhlt, warnte die Expertin. Auch das immer noch nicht fertiggestellte Atommülllager im Schacht Konrad für leicht- und mittelradioaktive Abfälle wurde kritisch diskutiert.
Anlass für das Fachgespräch war das im August von der Bundesregierung beschlossene Nationalen Entsorgungsprogramm. Per Antrag hatten Hubertus Zdebel und die Fraktion DIE LINKE ihre Kritik an den Mängeln des Berichts formuliert und Konsequenzen verlangt. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE, der mit den Stimmen der CDU/CSU, der SPD und der GRÜNEN am Ende der Sitzung abgelehnt wurde, ist hier als PDF 18/5228.
Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE, Obmann der Fraktion im Umweltausschuss und auch Mitglied der Atommüll-Kommission des Deutschen Bundestages sagte in seinem Statement vor dem Ausschuss: „Das Nationale Entsorgungsprogramm und seine Mängel machen klar, dass es einen Neustart vom Neustart beim Umgang mit allen Arten von radioaktiven Abfällen brauche. Die derzeitige Atommüll-Kommission würde angesichts der neuen Anforderungen durch das Nationale Entsorgungsprogramm bestenfalls einen Zwischenbericht liefern können, viele der wichtigen Fragen würden unbeantwortet bleiben.“

Die Kritik von Ursula Schönberger fasst der Bundestag auf seiner Seite so zusammen: „Grundsätzliche Kritik am Napro übte Ursula Schönberger (Projekt Atommüllreport). Der darin beschrieben Zeitplan sei „unrealistisch“ und „inkonsistent“. Dies könnte dazu führen, dass Zwischenlagerung nach dem Modell Jülich und Brunsbüttel zur Normalität werde. Für beide Standorte gibt es aktuell keine gültige Genehmigung. Die Realität einer längeren Zwischenlagerung müsse klar kommuniziert und unter anderem unter Einbindung der Bevölkerung umgesetzt werden. Auch die Endlagerung im Schacht Konrad kritisierte Schönberger. Das Lager entspreche nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik.“
Weitere Statements der anderen Sachverständigen sind dem o.g. Link zu entnehmen.

  • Als Sachverständige geladen waren: Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfälle, Ursula Heinen-Esser und Michael Müller, Öko-Institut e. V. – Institut für angewandte Ökologie, Michael Sailer, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Institut für Nukleare Entsorgung (INE), Prof. Dr. Horst Geckeis, Ursula Schönberger, Projekt Atommüllreport, Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)
    Wolfram König

Auf der Seite des Bundestages heißt es zum Fachgespräch: „Mit der Zukunft der Lagerung radioaktiver Abfälle hat sich am Mittwochmittag der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit befasst. Im Rahmen eines öffentlichen Fachgespräches ging es dabei um das von der Bundesregierung vorgelegte Nationale Entsorgungsprogramm (Napro) (18/5980). Das Napro zeigt Pfade auf, an denen sich die Endlagerung von radioaktiven Abfällen orientieren soll. Vorgesehen ist, dass am Standort Konrad, einem ehemaligen Eisenerzbergwerk nahe Braunschweig, schwach- und mittelradioaktive Abfälle eingelagert werden. Stoffe, die aus sicherheitstechnischen Gründen dort nicht eingelagert werden können, sowie Abfälle aus der Urananreicherung und der zu bergenden Abfälle aus der Asse sollen, wenn möglich, gemeinsam mit hoch radioaktiven Abfällen an einem Standort untergebracht werden.“
Das Nationale Entsorgungsprogramm hat massive Auswirkungen auch auf die Arbeit der Atommüll-Kommission, da es zahlreiche neue und umfangreiche Anforderungen an den bis Ende Juni 2016 zu erstellenden Bericht stellt. So muß die Kommission nun als Folge des Programms zusätzlich die Frage untersuchen, ob und wie mit den hochradioaktiven Abfällen auch der leicht- und mittelradioaktive Atommüll aus der ASSE und der Uranverarbeitung in Gronau gemeinsam in einem zu findenden „Endlager“ untergebracht werden könnten. Ebenfalls müssen nun Fragen zur Zwischenlagerung von hochradioaktivem Atommüll neu betrachtet werden, auch weil die Zwischenlagerung viel länger als ehemals geplant dauern wird. Daher wird im NaPro auch von einem neuen Eingangslager am Standort des zu findenden Atommüll-„Endlagers“ gesprochen, in dem 500 Castoren abgestellt werden sollen. Welche Folgen dieses für die Standortsuche hat, muss nun geklärt werden. Dazu hat die Atommüll-Kommission erst vor wenigen Tagen einen entsprechenden Beschluss gefasst. Der Beschluss ist hier als PDF.

DSe4Zdebel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert