Die Atommüllkommission – eine Sitzung und ein paar Beschlüsse
Im größer werdenden Dschungel der Debatten und Papiere in der Atommüll-Kommission wird es selbst für Eingeweihte immer schwieriger nachzuvollziehen, was da gerade eigentlich läuft und passiert. Da ist es zumindest eine kleine Hilfe, wenn es mal ein paar Zusammenfassungen gibt, z.B. mit einer Pressemeldung der Kommission selbst oder in einer knappen Darstellung des BUND. Sogar einen Eklat könnte man verpassen, den es neulich in der AG1 zur Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben haben soll. Jedenfalls für Jörg Sommer von der Deutschen Umweltstiftung. Kleiner Tipp: Die Umweltstiftung sucht ab März 2016 eine/n Referentin/Referenten im Bereich Bürgerbeteiligung (Greenjobs).
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Jürgen Voges, Pressesprecher der Kommission, berichtet von der letzten Sitzung, dass man sich nun auf eine Definition für den Begriff „bestmögliche Sicherheit“ bei der „Endlagersuche“ verständigt habe. Auf dieser Basis müssen nun die AG2 zur Evaluation des StandAG schauen, welchen Handlungsbedarf es gäbe. Die PM der Kommission ist gleich unten zu finden. Eine längere Debatte gab es z.B. auch über die Frage, wer Träger der neuen Behördenstruktur samt „Bundes-Gesellschaft für Kerntechnische Entsorgung“ (BGE) werden soll. Bislang schien klar, dass die künftig wieder zu 100 Prozent staatliche BGE beim Umweltministerium angesiedelt wird. Doch es gab eine heftige Debatte, ob nicht das Wirtschaftsministerium eher zuständig sein solle. Mit 8-6-3 fiel die Entscheidung nicht im Konsens, sondern eher in einem Kopf-an-Kopf-Rennen für das BMUB.
Der BUND berichtet (wie gewohnt auf seiner Homepage) über die letzte Doppelsitzung der Kommission das folgende:
„Bericht von der Sitzung der Kommission am 20. und 21. Januar
In der Doppelsitzung der Atommüll-Kommission wurde letzte Woche endlich auf Initiative des BUND eine Klärung über den Begriff „Standort mit der bestmöglichen Sicherheit“ herbeigeführt. Außerdem wurden einige Teile des Berichtsentwurfs in erster Lesung verabschiedet. Darunter auch die Berichte zu den Themen „Exportverbot“ und „Veränderungssperre“.
Standort mit der bestmöglichen Sicherheit:
Der BUND hatte in der Kommission schon länger darauf gedrängt, endlich den für das Standortauswahlverfahren zentralen Begriff „Standort mit der bestmöglichen Sicherheit“ zu klären. Es geht darum klarzustellen, dass es ein vergleichendes Suchverfahren durchgeführt wird und das auch bei der Auswahl zwischen mehreren potentiell geeigneten Standorten ein mehr an Sicherheit den Ausschlag geben soll. Die Kommission hat sich im breiten Konsens auf diese Definition verständigt:
„Der Standort mit der bestmöglichen Sicherheit für ein Endlager insbesondere für hochradioaktive Abfälle ist der Standort, der im Zuge eines vergleichenden Verfahrens zwischen den in der jeweiligen Phase nach den entsprechenden Anforderungen geeigneten Standorten gefunden wird und die bestmögliche Sicherheit für den dauerhaften Schutz von Mensch und Umwelt vor ionisierender Strahlung und sonstigen schädlichen Wirkungen dieser Abfälle für einen Zeitraum von einer Million Jahren gewährleistet. Dazu gehört auch die Vermeidung unzumutbarer Lasten und Verpflichtungen für zukünftige Generationen. Der Standort mit der bestmöglichen Sicherheit wird nach dem Stand von Wissenschaft und Technik mit dem in diesem Bericht beschriebenen Standortauswahlverfahren und den darin angegebenen und anzuwendenden Kriterien und Sicherheitsuntersuchungen gefunden. Dazu gehört auch die Implementierung von Möglichkeiten zur Fehlerkorrektur.“
Diese neue Definition soll zentral an den Anfang des Berichtes der Kommission gestellt werden. Die AG 2 erhielt den Auftrag, einen Vorschlag für die Integration dieser Definition in das Strandortauswahlgesetz zu erarbeiten.
Behördenstruktur – welches Ministerium soll für die neue BGE zuständig sein?
Die Kommission hatte schon vor längerer Zeit einen Vorschlag für eine neue Behördenstruktur gemacht – die Bundesregierung arbeitet an der Umsetzung. Sowohl in der Bundesregierung als auch in der Kommission ist noch umstritten, welches Ministerium für die neue staatliche Endlagergesellschaft BGE zuständig sein soll. Nach intensiver Debatte sprach sich eine Mehrheit in der Kommission dafür aus, auch die BGE beim Umweltministerium anzusiedeln. Auch der BUND favorisiert diese Lösung. Die Vertreter der AKW-Betreiber und der Gewerkschaften sprachen sich für eine Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums aus.
Kriterien: erster Entwurf und Fachworkshop
Die Arbeitsgruppe 3 stellte einen ersten Entwurf der Kriterien vor. Zentrale Punkte wie etwa die Rolle eines intakten Deckgebirges und die Notwendigkeit eines redundanten Sicherheitssystems sind noch strittig.
Derartige stellen sind ab jetzt in allen Entwürfen für den Bericht in eckigen Klammern dargestellt. Am kommenden Wochenende werden die Kriterien auf einem Fachworkshop in Berlin mit 200 Experten diskutiert.
Ein zentraler Punkt bei der Anwendung der Kriterien wurde intensiv in der Kommission diskutiert: die ungleiche Verteilung von vorhandenen geologischen Daten in Deutschland. Insbesondere von den ostdeutschen Bundesländern wurde auf dieses Problem hingewiesen. Diese zentrale Gerechtigkeitsfrage soll weiter in der Kommission behandelt werden.“
Dokumentation von der Homepage der Kommission
Standort „bestmöglicher Sicherheit“ definiert
Die Mitglieder der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlagerkommission) haben sich am Donnerstag, 21. Januar 2016, nach intensiver Diskussion auf eine grundlegende Definition des Begriffes „Standort mit bestmöglicher Sicherheit“ geeinigt. Die Definition ist Basis für das von der Kommission im Abschlussbericht zu beschreibende Suchverfahren für ein Endlager für insbesondere hochradioaktive Abfallstoffe und bezieht sich zudem auf Paragraf 1 des dafür grundlegenden Standortauswahlgesetzes.
Definition beschlossen
Die grundlegend beschlossene Definition lautet: „Der Standort mit der bestmöglichen Sicherheit für ein Endlager insbesondere für hoch radioaktive Abfälle ist der Standort, der im Zuge eines vergleichenden Verfahrens zwischen den in der jeweiligen Phase nach den entsprechenden Anforderungen geeigneten Standorten gefunden wird und die bestmögliche Sicherheit für den dauerhaften Schutz von Mensch und Umwelt vor ionisierender Strahlung und sonstigen schädlichen Wirkungen dieser Abfälle für einen Zeitraum von einer Million Jahren gewährleistet. Dazu gehört auch die Vermeidung unzumutbarer Lasten und Verpflichtungen für zukünftige Generationen.
Der Standort mit der bestmöglichen Sicherheit wird nach dem Stand von Wissenschaft und Technik mit dem in diesem Bericht beschriebenen Standortauswahlverfahren und den darin angegebenen und anzuwendenden Kriterien und Sicherheitsuntersuchungen gefunden. Dazu gehört auch die Implementierung von Möglichkeiten zur Fehlerkorrektur.“
„Evaluierungsbedarf für Standortauswahlgesetz prüfen“
Die Arbeitsgruppe 2 der Endlagerkommission soll auf Grundlage der Definition nun erörtern, ob sich daraus Evaluierungsbedarf für das Standortauswahlgesetz selbst ergibt. Denkbar erscheint zum Beispiel eine Überarbeitung des Paragrafen 19. Kommissionsmitglied Klaus Brunsmeier (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) regte an, dort ebenfalls im Normtext ein „vergleichendes Verfahren“ zu verankern. Von einer Verwendung des Begriffs „bestmöglicher Standort“ nahm die Kommission hingegen Abstand.
Zudem begannen die Kommissionsmitglieder mit der Diskussion des ersten Teils des Abschlussberichtes. Die Beratungen sollen bei der Sitzung am Freitag, 22. Januar, fortgesetzt werden. Den Bericht muss die Endlagerkommission bis Ende Juni 2016 vorlegen. Vorher soll er noch in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Der Ko-Vorsitzende der Kommission, Michael Müller, mahnte zur Eile. Die Kommission liege zwei Monate hinter dem Zeitplan, sagte Müller. (scr/21.01.2016)
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