Französischer Atomkonzern EDF: AKW-Neubau Hinkley Point spaltet Vorstand
Nicht nur die deutschen Atomkonzerne sind schwer in der Krise. Angesichts von Milliardenverlusten fliegen auch bei den französischen Atomkonzernen EDF und AREVA die Fetzen. Jetzt ist angesichts der Neubaupläne eines AKW im britischen Hinkley Point der bisherige Finanzvorstand zurück getreten. Er forderte eine Verschiebung der Investitionsentscheidung für den Reaktorbau in England um mindestens drei Jahre, heißt es laut Medienberichten. „EDF plant gemeinsam mit dem chinesischen Atomkonzern CGN den Bau zweier Druckwasserreaktoren mit jeweils 1.600 MW Leistung am britischen Standort Hinkley Point. Die Gesamtkosten des Projekts werden mit 18 Mrd. Pfund (23,3 Mrd. Euro) beziffert, wovon EDF etwa zwei Drittel tragen soll.“ Seit Monaten wird die Entscheidung bei EDF immer wieder verschoben. Gegen den Deal, der mit massiven Steuermitteln subventioniert werden soll, klagen einige deutsche Stadtwerke und Ökostromer.
Bei Energate heißt es zu den Auseinandersetzungen bei EDF: „Der für die Finanzen zuständige Vorstand des französischen Energiekonzerns EDF, Thomas Piquemal, ist zurückgetreten. Wie das Unternehmen mitteilte, werde ab sofort Xavier Girre interimsweise den Posten übernehmen. Girre war bislang bei EDF Finanzverantwortlicher für das Frankreich-Geschäft. Zu den Gründen des Personalwechsels machte der französische Staatskonzern keine Angaben. Laut übereinstimmenden Medienberichten soll der Rückzug Piquemals im Zusammenhang stehen mit dem geplanten Bau des britischen Kernkraftwerks Hinkley Point. Der Finanzchef soll angesichts der schwierigen Lage des Konzerns Zweifel an der Finanzierbarkeit des Projekts gehabt haben. So soll er in den vergangenen Tagen mehrfach auf das Management von EDF eingewirkt haben, das Vorhaben im Südwesten Englands um drei Jahre zu verschieben – ohne Erfolg.“
Greenpeace Energy, die mit Stadtwerken gemeinsam gegen die aus ihrer Sicht rechtswidrige Subventionierung des AKW-Neubaus in Hinkley Point klagt, hatte erst vor wenigen Wochen in einer Pressemitteilung darauf hingewiesen, wie heftig die Auseinandersetzungen bei EDF sind. In der PM vom 27. Januar teilte GPE mit: „Der französische Energiekonzern Electricité de France (EDF) hat laut übereinstimmenden Medienberichten seine für heute geplante Investitionsentscheidung für den Bau des Atomkraftwerks Hinkley Point C in Großbritannien erneut vertagt. Damit verzögert sich abermals der Baubeginn für das umstrittene AKW, dessen Betrieb der britische Staat mit umfangreichen Subventionen finanzieren will.“
Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy sagte: „Zum neunten Mal hat das EDF-Management seine Entscheidung darüber verschoben, ob man Hinkley Point C denn nun bauen will oder nicht. Farce oder Taktik – diese Nicht-Entscheidung überrascht nicht wirklich: Dem hochverschuldeten Konzern fehlt derzeit schlicht das Geld, um das teure Prestige-Projekt alleine zu stemmen. Auch die chinesischen Partner wollen weniger investieren als erwartet – und das alles trotz der versprochenen üppigen Milliarden-Subventionen. Rating-Agenturen, Gewerkschafter oder Aufsichtsbehörden warnen längst vor den finanziellen, technischen und juristischen Risiken des Projektes. Dazu gehört auch die Klage des deutschen Energieversorgers Greenpeace Energy gegen das vorgesehene Subventionspaket.“
Außerdem warnte das Öko-Unternehmen, dass die Kosten-Risiken noch viel höher liegen, als bislang angenommen. „Hinkley Point C soll 2025 ans Netz gehen. Die britische Regierung will mit dem geplanten Atomkraftwerk die Versorgungssicherheit des Landes sicherstellen und hat den AKW-Investoren für die Laufzeit von 35 Jahren eine garantierte Einspeisevergütung von umgerechnet 120,51 Euro für jede in Hinkley Point C produzierte Megawattstunde versprochen. Das sind rund 40 Prozent mehr, als z.B. ein neuer Windpark in Deutschland an Vergütung erhält. Laut Berechnungen des Berliner Analyseinstituts Energy Brainpool summiert sich die Garantie-Vergütung für Hinkley Point C über die Förderlaufzeit von 35 Jahren unter Berücksichtigung der Inflation auf rund 108 Milliarden Euro. Greenpeace Energy klagt gemeinsam mit neun weiteren Unternehmen gegen dieses Subventionspaket, weil es den Wettbewerb auf dem europäischen Energiemarkt zu Lasten der Erneuerbaren verzerrt. Auch Österreich, unterstützt von Luxemburg, hat vor dem Gericht der Europäischen Union in Luxemburg geklagt. Beide Verfahren laufen derzeit.“
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