BUND debattiert Atommülllagerung und „Endlager“-Kommission

Finale_SaleWo steht die Debatte über den künftigen Umgang mit „insbesondere“ hochradioaktiven Abfällen in der „Endlager-Kommission“, welche Probleme, welche Chancen gibt es, um die Fehler der Vergangenheit (ASSE, Gorleben, Konrad, Morsleben) nicht zu wiederholen, dabei eine breite Öffentlichkeit bei der Suche nach einem Lager mit bestmöglicher Sicherheit zu beteiligen und ihr wirksame Rechte dabei zu geben? Und wie kann ein Konsens gelingen, wenn nicht sämtliche Probleme mit allen Arten von Atommüll in das Verfahren einbezogen werden, die es heute an den vielen Atomstandorten gibt? Das alles dürfte Thema einer Tagung des BUND am kommenden Samstag „zum Berichtsentwurf der Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe““ in Hannover sein, der bislang allerdings nur in Bruchstücken vorliegt.

Weder das Thema noch das Verfahren rund um die Atommüll-Kommission sind einfach. Immerhin spielt die Auseinandersetzung um die Lagerung der Atomabfälle vor dem Hintergrund eines bis heute nicht beendeten gesellschaftlichen Konflikts um die Nutzung und das Erbe einer unverantwortlichen Atomenergiepolitik mit Gefahren, die sowohl in der Gegenwart durch Unfälle mit enormer Reichweite als auch mit Blick auf die Atomabfälle, deren sichere Lagerung für eine Million Jahre erforderlich ist, nach menschlichem Ermessen nicht zu beherrschen sind, aber beherrscht werden müssen. Fukushima und Tschernobyl sind zwei Orte, die diesen Wahnsinn beschreiben.

Mit einer in der Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung umstrittenen Entscheidung hatte sich der BUND vor rund zwei Jahren entschieden, sich an einer „Endlager-Kommission“ auf Basis eines Gesetzes an einem neuen Suchverfahren für einen langfristigen Lagerort für die hochradioaktiven Abfälle zu beteiligen. Allerdings: den überwiegenden Teil der Kritik am Gesetz und an der Kommission teilt der BUND, sei es, dass Gorleben aus dem Verfahren raus muss, sei es, dass viele wichtige Themen ausgeklammert blieben, sei es, dass es viele gravierende Mängel im Gesetz für die Standortsuche gibt.
Umstritten vor allem die Frage: Legitimiert man mit einer Beteiligung in einem mit so vielen Mängeln und Fehlern ausgestatteten „schlechten“ Verfahren am Ende trotz aller Bemühungen nicht ein Ergebnis, bei dem am Ende möglicherweise doch wieder Gorleben (um nur einen Punkt zu nennen) raus kommt? Oder ist es eine Chance, trotz aller Mängel und Fehler, etwas in dieser Kommission zu erreichen, damit Gorleben aus dem Verfahren ausgeschlossen wird und bessere Bedingungen für Bürgerbeteiligung und Umgang mit den atomaren Hinterlassenschaften zu erreichen?
Ende Juni soll nun der Abschlussbericht dieser Kommission vorliegen, der Vorschläge für die Öffentlichkeitsbeteiligung im Suchverfahren machen wird, nach einer Überprüfung Vorschläge für Veränderungen am so genannten StandortauswahlGesetz vorlegt und außerdem Kriterien vorschlägt, die bei der künftigen Standortsuche in diesem Auswahlverfahren zu beachten sind.
Schon heute ist klar, dass die Kommission mindestens an einem ihrer selbsterklärten wichtigen Ziele scheitert: Der Bericht sollte als Entwurf einer umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung unterworfen werden. Doch die Vielfalt der Probleme und Themen verzögerte die Berichterstellung immer mehr. Bereits im letzten Jahr hatte der BUND in der Kommission festgestellt, dass die angestrebte Öffentlichkeitsbeteiligung absehbar nicht mehr realisierbar wäre und – erfolglos – eine Laufzeitverlängerung der Kommission gefordert.

Ende April soll nun der Berichtsentwurf auf einer nur noch zweitägigen Veranstaltung in einer eher als begrenzt zu bezeichnenden Veranstaltung diskutiert werden. Vermutlich erst Mitte April wird der dann vollständige Entwurf schriftlich und mit Monaten Verspätung vorliegen. Den Berichtsrahmen (Gliederung) und die bislang vorhandenen Teile und Lücken sind  hier als PDF verfügbar!
Der BUND wird nun am kommenden Samstag sozusagen einen Faktencheck über die Arbeit der Kommission durchführen. Das Programm ist hier zu finden. Auf seiner Homepage hat der BUND die wesentlichen Ergebnisse der Kommission-Sitzungen jeweils veröffentlicht. Die sind hier zu finden.
Die Bundesdelegiertenkonferenz des BUND hatte sich im November 2015 mit der Arbeit der Kommission ausführlich beschäftigt und am Ende folgenden Beschluss gefasst:

Dokumentation: Beschluss der BDV 2015, A005: Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe
Die Bundesdelegiertenversammlung beschließt:

  1. Die Mitarbeit des BUND in der Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ wird fortgesetzt.
  2. Der BUND fordert eine Neubewertung des Auftrages der Kommission. Der gesamte Atommüll muss betrachtet werden. Die Probleme der Sicherheit der Zwischenlager und die Frage, ob weiterer Müll (etwa die Asse-Abfälle) in das Atommüll-Lager eingelagert werden soll und kann, müssen von der Kommission konkret bearbeitet werden, ebenso wie die Probleme der „Freimessung“ von Atommüll.
  3. Der BUND fordert, dass die Arbeitszeit der Kommission bis Ende 2016 verlängert wird, um eine ernsthafte Beteiligung der Öffentlichkeit am Berichtsentwurf der Kommission zu ermöglichen.
  4. Der BUND fordert die Verankerung des Atomausstiegs im Grundgesetz.
  5. Der BUND fordert die Aufarbeitung der Vergangenheit der Nutzung der unbeherrschbaren Atomenergie im Abschlussbericht der Kommission. Hier geht es sowohl um die Entscheidungen zum Umgang mit radioaktiven Materialien (Bsp. Gorleben, Asse) als auch um die Kommunikation mit der Bevölkerung.
  6. Der BUND drängt darauf, dass die Kosten für die Atommülllagerung und die Standortsuche von den AKW-Betreibern als Verursacher getragen werden.

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Bundesdelegiertenversammlung, Bad Hersfeld, 21. November 2015
(Hinweis: Der Autor ist BUND Mitglied und stellvertretender Sprecher des BAK Atomenergie und Strahlenschutz)

Dirk Seifert

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