Nukleare Terrorgefahren – Einige Antworten des BMUB
Nach den Terror-Anschlägen von Brüssel waren auch Hinweise bekannt geworden, dass Atomanlagen im Visier der Attentäter sein könnten. Auch in Deutschland werden Atomanlagen durch Nachrüstungen gegen mögliche Anschläge gesichtert. Grund genug, dass MdB Hubertus Zdebel in der Sitzung des Umweltausschusses am 13. April dazu das Bundesumweltministerium befragte. Schriftlich reagierte jetzt das BMUB mit den Antworten, die im Folgenden nachzulesen sind.
- Zdebel (DIE LINKE) macht Terrorgefahren bei Atomanlagen zum Thema im nächsten Umweltausschuss
- Atomanlagen und „terroristisch motivierte Taten“: Erhöhte Schutzmaßnahmen gegen „bestimmte Angriffsszenarien“
„Auch wenn es teilweise verständlich ist, wenn angesichts wachsender Terrorgefahren über einzelne Maßnahmen an den Atomanlagen nicht im Detail informiert wird. Die Antworten des BMUB sind äußerst unbefriedigend, wenn z.B. aus vermeintlichen „Geheimschutzgründen“ nicht einmal der Sinn der für alle sichtbaren Gerüste auf den Dächern rund um die Reaktorkuppel des AKW Brokdorf genannt wird. Dabei ist offenkundig, dass damit das Landen von Hubschraubern verhindert werden soll. Geheimschutz wird immer mehr zu Problem, weil eine unabhängige Beurteilung der Maßnahmen nicht mehr möglich ist und damit Grundrechte gefährdet werden“, so Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE mit Blick auf die Antworten des BMUB.
Dokumentation 18(16)371 BMUB Antwort auf Fragen aus der 80 Sitzung des Umweltausschusses, BMUB, 22.04.2016
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
in der 80. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit am 13. April 2016 wurden von den Abgeordneten Zdebel (DIE LINKE) und Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zum Tagesordnungspunkt 12:
Bericht der Bundesregierung über ihre Kenntnis der Gefahr terroristischer Anschläge auf belgische Atomkraftwerke sowie über daraus folgende Konsequenzen für die Sicherung deutscher Atomanlagen
Fragen gestellt, die ich nachfolgend beantworten möchte:
MdB Zdebel:
Welche Schlussfolgerungen werden für deutsche Anlagen (aus den Ereignissen in Brüssel) gezogen?
Es gab nach Aussagen der belgischen zuständigen Behörde (FANC) für die belgischen Kernkraftwerke (KKW) keine konkrete Bedrohung. Den Bundessicherheitsbehörden liegen keine Erkenntnisse vor, die eine veränderte Gefährdungsbewertung für deutsche Kernkraftwerke rechtfertigen. Da das gesamte Sicherungs- und Schutzsystem der deutschen kerntechnischen Anlagen und Einrichtungen auch unter Auswertung von Ereignissen im Ausland regelmäßig geprüft und evaluiert wird, waren für deutsche Anlagen keine weitergehenden Maßnahmen zu ergreifen.
Wird das Personal sicherheitsüberprüft?
Das gesamte Personal in den kerntechnischen Anlagen und Einrichtungen in Deutschland benötigt für den Zugang zu den Anlagen eine positiv beschiedene Zuverlässigkeitsüberprüfung. Basis ist die Atomrechtliche Zuverlässigkeitsüberprüfungs-Verordnung vorn 22. Juni 2010, in vollem Text veröffentlicht im BGBl Teil 1 Nr. 34.
Die größte Gefahr geht von den Kernkraftwerken aus — warum werden sie nicht abgeschaltet?
Die deutschen Kernkraftwerke mit Berechtigung zum Leistungsbetrieb sind umfassend gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter (SEWD) auf der Basis der Gefährdungsbewertung der Bundessicherheitsbehörden geschützt. Der erforderliche Schutz, den die Betreiber im Rahmen des integrierten Sicherungs- und Schutzkonzeptes zu gewährleisten haben, ist im SEWD-Regelwerk festgelegt und wird regelmäßig evaluiert.
Wie können Bevölkerung und Parlament angesichts der notwendigen Geheimhaltung im Bereich der Sicherung besser informiert werden? Ergänzend zur Beantwortung durch das Bundesumweltministerium in der Sitzung wird darauf hingewiesen, dass zusätzlich zur offenen und öffentlichen Beantwortung auch die Möglichkeit besteht und in der Vergangenheit bereits genutzt wurde, Verschlusssachen über die VS-Registratur des Deutschen Bundestages den Parlamentariern zur Einsichtnahme bereitzustellen.
Welchen Zweck haben die Schutzmaßnahmen auf den Dachflächen des KKW Brokdorf und werden die anderen KKW ebenso geschützt?
Zusätzlich zu den vorhandenen Sicherungsmaßnahmen wurden im KKW Brokdorf ergänzende Sicherungseinrichtungen auf Dachflächen installiert. Weitergehende Sicherungsmaßnahmen wie in Brokdorf sind auch bei den restlichen Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb entsprechend vorgesehen oder bereits umgesetzt. Weitere Einzelheiten zu diesen Sicherungseinrichtungen können aus Geheimschutzgründen nicht dargelegt werden, um Rückschlüsse auf die Sicherungsmaßnahmen und die zu Grunde liegenden Szenarien zu vermeiden.
MdB Kotting-Uhl
Gibt es neue Erkenntnisse zum Innentäter-Ereignis in Doel (Ölverlust der Turbine)?
Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Staatsanwaltschaft in Belgien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen und veröffentlicht keine Informationen über laufende Ermittlungen zu dem Vorfall, der sich am 5. August 2014 ereignete. Daher liegen keine belastbaren Einzelheiten und Hintergründe zur Tat vor. Alle bisherigen Informationen deuten auf die Tat eines Innentäters hin.
Wie werden Sub-Unternehmer sicherheitsüberprüft?
Für Sub-Unternehmer gelten dieselben Zugangsregelungen wie für die unmittelbar Beschäftigten der kerntechnischen Anlagen und Einrichtungen. Auch für Sub-Unternehmer gilt die atomrechtliche Zuverlässigkeitsüberprüfungs-Verordnung (s.a. Frage 2 MdB Zdebel).
gez. Rita Schwarzelühr-Sutter Parlamentarische Staatssekretärin Mitglied des Deutschen Bundestages, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit