Atommüll, eine Kommission, der BUND, der TOP Gorleben und andere Kriterien

20151006_TropenkleidungDie sogenannte „Endlager“-Kommission setzt zum Endspurt an. In einem fast schon unmenschlichen Modus werden angesichts viel zu vieler, ungeklärter oder strittiger Fragen Papiere ohne Ende erzeugt. Ende Juni muss der Bericht laut Standortauswahlgesetz fertig sein, egal wie und komme was da wolle. Eine Erkenntnis von Vernunft – die Vorbereitung der Atommülllagersuche ist in der zu kurzen vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeit schlicht nicht zu schaffen – hat in dem System keine Chance. Obwohl klar ist, dass sich die reale Standortsuche über mehrere Jahrzehnte deutlich länger gestalten wird, bleibt das Prinzip: Wir haben keine Zeit. Und dann gibt es noch den Streit um Gorleben, zu dem die Kommission lieber schweigen möchte. Außerdem – Premiere – sollen auf der morgigen Sitzung erstmals in der Kommission die Anforderungen bzw. Kriterien an die Endlagersuche debattiert werden. Die sollen wissenschaftlich sein, aber hinter jedem steht die Frage: Ist das nun für oder gegen Gorleben. Der Clou: Noch ist das in den Medien bereits heftig debattierte „Gorleben-Papier“ noch nicht mal auf der Tagesordnung der morgigen Sitzung. Der BUND hat das nun schriftlich angemahnt (PDF).

Das vor ca. 14 Tagen vorgelegte „Gorleben-Papier“, ein Entwurf für den zu erstellenden Bericht, hatte aus Sicht nicht nur der CDU in der Kommission eine Ungeheuerlichkeit begangen: Es hatte nicht nur eine abwägende Darstellung der Geschichte der Endlagersuche in Gorleben vorgenommen. Es hatte auch eine Schlussfolgerung formuliert, der sich die Kommission am besten anschließen wolle: Angesichts all der Fehler und Konflikte in der Vergangenheit ist Gorleben als Standort für eine neue Endlagersuche nicht denkbar. Weil ein Konsens aufgrund dieser Geschichte nicht mehr möglich ist, wäre der Standort politisch nicht durchsetzbar. Die Kontroverse, die darauf folgte hatte umweltFAIRaendern ein wenig dargestellt.

Der BUND hat nun dringend angemahnt, das Thema Gorleben und die vorgelegten Papiere nicht einfach vom Tisch zu wischen. „Es gab bisher schon viel Kritik von außen, dass die Kommission sich nicht ausreichend kritisch mit der Geschichte des Standortes Gorleben, den Fehlern der Vergangenheit und der Frage, was wir daraus für das kommende Standortauswahlverfahren lernen müssen, beschäftigt hat“, schreibt Klaus Brunsmeier an die Kommission. Jetzt „braucht es auch eine schonungslose und kritische Auflistung aller Probleme und kritischen Punkte, die der Standort Gorleben mit sich bringt.“

Weiter schreibt Brunsmeier, stellvertretender BUND-Vorsitzender und Mitglied der Kommission: „Der BUND hat von Anfang an gefordert, dass der Standort Gorleben gerade auch wegen der Fehler der Vergangenheit, keine Rolle mehr in einem neuen Standortauswahlverfahren spielen darf. Die aktuelle öffentliche Diskussion außerhalb der Kommission zeigt wieder einmal deutlich, dass ein echter Neustart bei der Suche nach einem Lager für den hoch radioaktiven Atommüll mit dem Standort Gorleben nicht wirklich funktionieren kann.“
Auch wenn die Kommission sich in Gänze nicht dafür aussprechen mag, Gorleben aus dem Suchprogramm zu streichen, so Brunsmeier weiter, über die Folgen, die ein Festhalten an Gorleben für die Zukunft habe, müsse der Bericht klar machen, „welche Probleme es für die Kommission und gerade auch für das nachfolgende Standortauswahlverfahren bedeutet, wenn der Standort Gorleben mit seiner Geschichte, seinen Konflikten und dem Wissen über die Ungeeignetheit des Salzstockes für ein Atommülllager im Verfahren bliebe.“
Inzwischen gibt es mehrere Korrekturen oder auch Neufassungen zu der Originalvorlage. Minister der Grünen, der CDU und der SPD haben dem Entwurf in der Weise widersprochen, dass Gorleben nun mal im Verfahren sei und die Kommission diesen „Konsens“ nicht anfassen solle. Einen „Ordnungsruf“ hat der CO-Vorsitzende Michael Müller, der das Papier verteidigt und von der Kommission eine Klärung der Gorleben-Frage gefordert hat, auch von der Bundesumweltministerin erhalten:

Keine leichte Sache dürfte auch die nun erstmals in der Kommission anstehende Debatte über die Kriterien und Anforderungen an die angestrebte Endlagersuche werden. Auf der Seite „Endlager-Dialog“ wird das so angekündigt: „Nun ist es offiziell als Pressemeldung angekündigt: Am 13.05.2016 werden das erste Mal die geowissenschaftlichen Kriterien zur Endlagerstandortsuche in der Gesamtkommission behandelt. Zur Erinnerung: Schon bei der Sitzung am 18.04. stand dieses Thema unter TOP 5 mit Verweis auf K-Drs. 209 auf der Tagesordnung, konnte aber insbesondere wegen der Auseinandersetzung über einen Text zum Standort Gorleben nicht behandelt werden.“ Autor Michael Mehnert gibt dort einen kleinen Überblick und nimmt dort aus seiner Sicht zu den Punkten Stellung.
Dokumentation: Die o.g. Drucksache der Kommission, mit der der BUND das Thema auf die TO setzen will:
K-Drs. 212 und /AG4-27 (Erkundungsbergwerk Gorleben) als eigener TOP der Kommissions-Sitzung am Freitag, den 13.5.2016
Sehr geehrte Frau Heinen-Esser, sehr geehrter Herr Müller,
Bezug nehmend auf die Tagesordnung der Einladung vom 3.5.2016 bitte ich, bei der Kommissions-Sitzung am Freitag, den 13.5.2016, die eigentlich für die letzte Sitzung angekündigte Debatte zu der o.a. Drucksache intensiv führen zu können. Dies ist ein sehr wichtiges Thema für die Kommission und es sollte für diese Diskussion ein eigener TOP – gern gut vorbereitet durch die Ad hoc AG Leitbild – vorgesehen werden.
Es gab bisher schon viel Kritik von außen, dass die Kommission sich nicht ausreichend kritisch mit der Geschichte des Standortes Gorleben, den Fehlern der Vergangenheit und der Frage, was wir daraus für das kommende Standortauswahlverfahren lernen müssen, beschäftigt hat.
In der im Konsens verabschiedeten Gliederung des Berichtes der Kommission (K.-Drs. 202c Pkt. 4.2.4 Erkundungsbergwerk Gorleben) ist eine entsprechende Bearbeitung bereits angelegt, nun braucht es auch eine schonungslose und kritische Auflistung aller Probleme und kritischen Punkte, die der Standort Gorleben mit sich bringt. Insofern hatte ich bereits in der Sitzung vom 18. April 2016 die o.a. Vorlage der Ad hoc AG Leitbild ausdrücklich begrüßt.
Der BUND hat von Anfang an gefordert, dass der Standort Gorleben gerade auch wegen der Fehler der Vergangenheit, keine Rolle mehr in einem neuen Standortauswahlverfahren spielen darf.
Die aktuelle öffentliche Diskussion außerhalb der Kommission zeigt wieder einmal deutlich, dass ein echter Neustart bei der Suche nach einem Lager für den hoch radioaktiven Atommüll mit dem Standort Gorleben nicht wirklich funktionieren kann.
Wenn die Kommission sich dieser Position nicht anschließen kann, dann muss aber zumindest in dem Berichtsteil 4.2.4 wesentlich stärker als bisher beschrieben werden, welche Probleme es für die Kommission und gerade auch für das nachfolgende Standortauswahlverfahren bedeutet, wenn der Standort Gorleben mit seiner Geschichte, seinen Konflikten und dem Wissen über die Ungeeignetheit des Salzstockes für ein Atommülllager im Verfahren bliebe.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Brunsmeier
BUND e.V.
Stellv. Vorsitzender
 
P.S.
Das beigefügte Schreiben im Original bitte ich den Mitgliedern der Kommission als K.-Drs. zur Kenntnis zu geben

Dirk Seifert

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