BI Lüchow-Dannenberg kritisiert Gesetzentwurf zum vorgezogenen Nationalen Begleitgremium

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Martin Donat, Vorsitzender der BI Lüchow-Dannenberg, kritisiert Gesetz-Entwurf zum Nationalen Begleitgremium. Foto: Screenshot

Nach der Vorlage eines interfraktionellen Gesetzesantrags zur Einrichtung eines (vorgezogenen) Nationalen Begleitgremiums (NBG) bei der Suche nach einem Dauerlager für hochradioaktive Abfälle kritisiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, dass in dem Entwurf unklar bleibe, „welche Rechte dieses Gremium hat, über welche finanziellen Mittel das Gremium verfügt, wie weit die Akteneinsicht geht, wie auf Augenhöhe mit behördlichen Institutionen zu dieser komplexen Materie gearbeitet werden kann ohne umfassende finanzielle Ausstattung für einen Vollzeitjob und wissenschaftliche Beratung“. Außerdem wird die Besetzung des vorerst neun Personen zählenden Gremiums mit zwei Zufalls-BürgerInnen kritisiert.

Mit der Vorlage des Gesetzentwurfs reagieren die Berichterstatter aus den vier Bundestagsfraktionen auf Diskussionen der „Endlager“-Kommission. Während nach der Sommerpause das Suchverfahren nach dem Standortauswahlgesetz beginnen soll und im ersten Schritt die Behördenstruktur auf der Basis der Empfehlungen der Kommission mit dem Aufbau des Bundesamts für kerntechnische Entsorgung beginnen soll (dazu ist vom Bundesumweltministerium ein weiterer Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause angekündigt), wäre nach StandAG keinerlei Form einer Öffentlichkeitsbeteiligung vorhanden. Dies war in der Kommission als „Schwarzes Loch“ der Beteiligung kritisiert worden.  Mit dem jetzt vorgelegten Entwurf soll – ist im Entwurf zu lesen – ein „Fadenriss“ verhindert werden.
Mit der Beteiligung von zwei ZufallsbürgerInnen und einer Vertretung der Jugend reagieren die Abgeordneten auch auf Vorschläge, die in den Workshopveranstaltungen angeregt worden sind. Außerdem sollen sechs weitere Personen in das Gremium bestimmt werden, die „gesellschaftlich hohes Ansehen genießen“. Außerdem wird festgestellt: „Die Mitglieder dürfen weder einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes noch der Bundes- oder einer Landesregierung angehören; sie dürfen keine wirtschaftlichen Interessen in Bezug auf die Standortauswahl oder die Endlagerung im weitesten Sinne haben.“

  • Bereits im April hatte die BI zur Einrichtung dieses NBG während der Diskussionen in der Kommission reagiert: „Wächterrolle oder Beschwerdestelle? Parteienvorstoß in Sachen Endlagersuche“. Siehe zur Debatte in der Kommission z.B. auch diese Drucksache zum Nationalen Begleitgremium. (PDF)
  • Im weiteren Verlauf der Suche nach einem Dauerlager ist im StandAG bereits ein erweitertes Nationales Begleitgremium vorgesehen, dessen Ausgestaltung in der Kommission im Rahmen der Evaluierung stattfindet und das in die kommende Änderung des StandAG von Bundesrat und Bundestag aufgenommen werden soll. Der bisherige Gesamtberichtsentwurf mit Stand 31. Mai 2016 (mit noch vielen offenen Stellen, die noch bis zum 20. Juni (nächste Sitzung) geschlossen werden sollen, ist hier als PDF (Drucksache 202d).

In der heutigen Pressemitteilung titelt die BI „Nationales Begleitgremium – Honoratioren treffen Zufallsbürger_innen“ und schreibt dann weiter (Dokumentation):
„Man stelle sich vor: das Telefon klingelt. Am Apparat ist der Sprecher des Umweltbundesamtes und beglückwünscht Sie, denn Sie sind einer der Zufallsbürger oder der Zufallsbürgerinnen, die zu einem Planzellenseminar eingeladen wurden. „Eine nach Zufallsprinzip eingeladene, nach Geschlecht und Alter vielfältige Gruppe erörtert in einer Workshopreihe die gesellschaftlichen Fragen der Endlagerung. Anschließend veröffentlichen die Teilnehmer ihre Empfehlungen und wählen ihre – zwei – Vertreter für das nationale Begleitgremium. Das Vorgehen sichert ab, dass die Personen aus der Bürgerschaft und der Jugend sowohl qualifiziert als auch unabhängig sind.“
So stellt sich das die Allparteienkoalition aus Union, SPD, der Linken und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein einem Gesetzentwurf vor. Die „Sieger“ der Workshopreihe gehören dann für die nächsten drei Jahre dem „nationalen Begleitgremium“ an, das die Brücke schließen soll zwischen der Arbeit der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe und dem beginnendem Standortauswahlverfahren.
Ein solches Szenario kann durchaus Wirklichkeit werden, so die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. (BI), sollte der Bundestag diese  Gesetzesinitiative beschließen. Im Antragstext heißt es: „Das nationale gesellschaftliche Begleitgremium muss bereits unmittelbar nach Abgabe des Kommissionsberichtes eingesetzt werden, um einen Fadenriss in der gesellschaftlichen Begleitung zu verhindern und den gesellschaftlichen Dialog nicht abreißen zu lassen.“
Das Gremium soll demnach 9 Mitglieder umfassen. Sechs Mitglieder, die je zur Hälfte vom Bundesrat und Bundestag vorgeschlagen werden, sollen „gesellschaftlich hohes Ansehen genießen“, heißt es im Antragstext. Daneben sind jene zwei Bürger oder Bürgerinnen zu berufen, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden, und ein Vertreter oder eine Vertreterin der jungen Generation. „Unvorstellbar“, meint die BI, denn wie sollen diese drei Personen ohne Fach- und Hintergrundwissen den anderen Paroli bieten können?“
Unbeantwortet bleibt bei dem Gesetzentwurf vor allem, welche Rechte dieses Gremium hat, über welche finanziellen Mittel das Gremium verfügt, wie weit die Akteneinsicht geht, wie auf Augenhöhe mit behördlichen Institutionen zu dieser komplexen Materie gearbeitet werden kann ohne umfassende finanzielle Ausstattung für eine Vollzeitjob und wissenschaftliche Beratung, hinterfragt die BI.
„Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine wirksame Verfahrenskontrolle nur durch substantielle Klagerechte und ergebniswirksame Beteiligung der Bevölkerung sicher gestellt werden kann. Diese fundamentalen Elemente sollen aber gerade zugunsten des neuen Gremiums beschnitten werden“, stellt der BI-Vorsitzende Martin Donat fest.
BI-Sprecher Wolfgang Ehmke sekundiert: „Die entscheidenden Fragen bleiben wieder einmal ungeklärt. Dringender als ein Honoratiorengremium mit einem Touch Bürgerbeteiligung braucht es eine umfassende gesellschaftlichen Debatte der Atommüllproblematik mit viel Zeit, statt einem kleinen Zirkel Aufgaben aufzubürden, die er so nicht schultern kann.““

Dirk Seifert

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