Urantransporte aus Lingen für marode AKWs in Belgien und Frankreich – Hubertus Zdebel (DIE LINKE) fordert Exportstopp für Brennelemente
„Bislang hat die Bundesregierung auch auf Nachfragen von mir im Umweltausschuss immer wieder behauptet, sie könne Atomtransporte mit Uran-Brennstäben von der bundesdeutschen Hersteller-Firma in Lingen zu den maroden AKWs in Doel (Belgien), Fessenheim und Cattenom (Frankreich) nicht untersagen. Das steht im eklatanten Widerspruch zu dem von der Ärzteorganisation IPPNW in Auftrag gegebenen Gutachten, wonach Ausfuhrgenehmigungen für Brennelemente in diese AKWs mit geltendem Recht nicht vereinbar seien und vom insoweit zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nicht erteilt werden dürfen“, erklärt der aus NRW stammende Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel, Sprecher für den Atomausstieg der Fraktion DIE LINKE. „Ich fordere die Bundesregierung auf, umgehend die Anordnung eines Exportstopps zu prüfen sowie die weitere Belieferung der Atomkraftwerke in Doel, Fessenheim und Cattenom mit in Deutschland hergestellten Brennelementen zu unterbinden.“
Zdebel weiter: „Der Bund und die Bundesländer haben aufgrund von Sicherheitsbedenken gegenüber Belgien und Frankreich bereits die Stilllegung der grenznahen, maroden Anlagen in Cattenom, Doel und Fessenheim gefordert. Trotz dieser grundlegenden Sicherheitsbedenken untersagt die Bundesregierung die Belieferung dieser Standorte mit Brennelementen aus Lingen bislang nicht, obwohl diese überhaupt erst den Betrieb u.a. der genannten Atomkraftwerke ermöglicht haben und ermöglichen. Die Begründung der Bundesregierung: Sie habe keine Handhabe dagegen.
Wie Rechtsanwältin Dr. Cornelia Ziehm in dem aktuell vorgelegten Gutachten ausführt, sei zwingende Genehmigungsvoraussetzung für die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung laut Atomgesetz, dass die Verwendung der Kernbrennstoffe nicht die ‚innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland‘ gefährde. Dabei seien grundsätzlich alle aus der Anwendung von Kernenergie resultierenden Risiken zu erfassen. Eine Beschränkung auf eine militärische Perspektive gebe es nicht. Erforderlich sei nach dem Atomgesetz zudem ein Handeln bereits aus Vorsorgegründen und nicht erst zur Gefahrenabwehr. Da objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass die Anlagen in Doel, Fessenheim und Cattenom nach dem Atomgesetz nicht mehr betrieben werden dürfen, dürften neue Ausfuhrgenehmigungen vom zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle nicht mehr erteilt werden, schlussfolgert Frau Dr. Ziehm in ihrem Gutachten. Bereits erteilte Ausfuhrgenehmigungen könnten bzw. müssten widerrufen werden. Das wiederum bedeute einen Exportstopp für Brennelemente aus Deutschland in die Atomkraftwerke in Doel, Fessenheim und Cattenom.
Über 5 Jahre nach Fukushima und 30 Jahre nach Tschernobyl ist Deutschland nach wie vor von alternden Atomkraftwerken und einer weiterhin aktiven Nuklearindustrie bedroht. Während die verbleibenden acht deutschen Atomkraftwerke bis Ende 2022 abgeschaltet werden sollen, bleibt die nukleare Infrastruktur unangetastet. Sowohl die Brennelementefabrik in Lingen als auch die Urananreicherungsanlage in Gronau, die den Brennstoff anreichert, bevor er zu Brennelementen verarbeitet wird, verfügen weiterhin über eine unbefristete Betriebsgenehmigung. Das ist völlig inakzeptabel. Deshalb fordere ich, dass sowohl die Brennelementefabrik als auch die Urananreicherungsanlage in den Atomausstieg einbezogen werden.“
Das Rechtsgutachen von Rechtsanwältin Dr. Cornelia Ziehm findet sich unter: https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Exportstopp_Brennelemente_Lingen.pdf