Atomingenieur und Atomaussteiger: Klaus Traube ist tot

Klaus Traube
Klaus Traube. Foto: Harald H. Schröder, http://www.haraldschroeder.de/

Er war einer der Atomkonstrukteure der deutschen Atommeiler bei Siemens. Das Modell Siedewasserreaktor Baulinie 69 wurde in Teilen unter seiner Regie entwickelt. Und er hat die Mängel erkannt und wurde zu einem der schärfsten Kritiker der Atomenergie. In den Jahren 1976/77 geriet er in einen Abhörskandal des Verfassungsschutzes, wegen vermeintlicher Kontakte zur RAF. Innenminister Maihofer musste am Ende zurücktreten. Später wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgestattet (BUND). Klaus Traube, von 1997 bis 2004 energiepolitischer Sprecher des BUND, ist im Alter von 88 Jahren gestorben.
Der BUND reagiert auf den Tod von Klaus Traube hier mit einem Nachruf.  Dort schreibt Werner Neumann, jetziger Sprecher des BAK Energie: Der BUND trauert um Klaus Traube, der am 4. September mit 88 Jahren in Oberursel verstarb. Klaus Traube prägte eine ganze Ära der deutschen Energiepolitik. Vom Direktor der Siemenstochter „Interatom“, die den „Schnellen Brüter“ in Kalkar baute, wurde er zu einem der schärfsten Kritiker der Atomkraft. Kaum einer wusste so genau um die Gefahren der Atomenergie und konnte sie so klar belegen. Und das lange vor den Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima.“ (mehr unter dem angegebenen Link)
Außerdem heißt es dort: „Mit Klaus Traube haben wir einen der klügsten und engagiertesten Wissenschaftler im Kampf gegen die Atomenergie und für eine ökologische Energieversorgung verloren. Sein Leben und Wirken ist Vorbild, Lehre und Mahnung zugleich – gegen eine irregeleitete Wirtschaft und un­menschliche Wissenschaft. Und für Freiheit und Bürgerrechte sowie eine sorgsame, umweltschonende Nutzung der Energie.“
Nach-dem-Super-GAU-Tschernobyl-u-d-Konsequenzen-Klaus-Traube-u-aDie Frankfurter Rundschau widmet hier Klaus Traube einen Nachruf. 2011, nach der Katastrophe von Fukushima schrieb die FAZ über Klaus Traube als den „ersten Aussteiger“. Die Süddeutsche berichtet hier. Einen Überblick gibt natürlich auch Wikipedia, auch über seine vielfältigen Buch-Publikationen. Spannend auch ein Streitgespräch mit Edward Teller, einem der Erfinder der Wasserstoffbombe (Youtube).
Ingenieur-technisch ist der Siedewasserreaktor der Baulinie 69 (Typ Brunsbüttel) durchaus eine Meisterleistung, allerdings mit dem Potential eines Super-GAU. Auf engstem Raum mit – sagen wir erstaunlichen Maßnahmen – wurden Rohrleitungen und Sicherheitssysteme untergebracht, die sonst wegen ihrer Dimensionen erheblich größere Konstruktionen erfordert hätten. Aber das sparte Kosten. Ausgeklügelt das System der Steuerstäbe, die von unten in den Reaktor geschossen werden mussten, um im Krisenfall den Neutronenfluss zu unterbrechen und die Abschaltung der nuklearen Kettenreaktion zu erreichen. Technisch beeindruckend. Sicherheitstechnisch Wahnsinn. Ebenso beeindruckend: Das Kompaktlager, in dem die hochradioaktiven Brennelemente nach ihrem Reaktoreinsatz abklingen mussten, oberhalb der gesamten Konstruktion. Betriebstechnisch schlau, mit dem enormen Risiko tausender Tonnen Wasser, die im Krisenfall den Super-Gau beschleunigen würden. Oder Rohrleitungssystem auf engstem Raum, mit tausenden von Windungen – und Schweißnähten, die sich später als eine gravierende Fehlerquelle für Risse herausstellen sollten. Das AKW Brunsbüttel war lange Zeit abgeschaltet, wegen dieser „genialen“ Rohr-Verlegung und Rissbildungen.
Daran war der Ingenieur Klaus Traube in den 60er Jahren beteiligt, ebenso, wie er in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre zum Kritiker der Atomenergie wurde und sich fortan für den Ausstieg aus dieser Technologie einsetzte und bedeutsame Impulse für die Energiewende gab. Traube hatte maßgeblichen Einfluss, dass insbesondere die Plutonium-Wirtschaft unter massiven Druck kam. Er unterstützte den Widerstand gegen diese Technik in der SPD und trug so mit dazu bei, dass die Plutonium-Fabrik in Hanau geschlossen wurde, der fast fertige Plutonium-Reaktor in Kalkar nicht ans Netz ging und die WAA Wackersdorf aufgegeben wurde.

Dirk Seifert

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