Braune Geschichte: Bundesbehörde reagiert auf wachsenden Druck
Das „Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe“ (BGR) reagiert auf den wachsenden Druck über die bis heute nicht erfolgte Aufarbeitung ihrer Nazi-Geschichte. Auf ihrer Homepage hat die BGR auf der „Geschichts-Seite“ nun eine Ergänzung vorgenommen, in der die fehlende Aufarbeitung eingeräumt wird und nun von der großen Bedeutung einer solchen Aufarbeitung die Rede ist. Die Formulierung folgt der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE, siehe unten). Gleichzeitig hat die Bundesanstalt die Seite über die Präsidenten der BGR aus dem Netz genommen. Darunter waren mit Hans-Joachim Martini, Alfred Bentz und Gerhard Richter-Bernburg ehemalige Präsidenten, die als Geologen an der Kriegsführung in Nazi-Deutschland großen Anteil hatten. Darüber berichteten vor wenigen Tagen auch die Süddeutsche Zeitung und die Tagesschau.
- Hubertus Zdebel hat vor wenigen Tagen als ersten Schritt Original-Dokumente aus der Nazi-Zeit über den ehemaligen BGR-Präsidenten Hans-Joachim Martini veröffentlicht, der noch heute als Namensgeber einer Stiftung fungiert: Görings Nazi-Geologen bauten Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe auf. Zdebel (DIE LINKE) fordert umgehende, umfassende und rückhaltlose Aufarbeitung der Geschichte der BGR
Hubertus Zdebel: „Es ist gut, wenn nun endlich die braune Geschichte der BGR und ihrer Vorgängerorganisationen in den Focus gerät und eine Aufarbeitung in Gang kommt. Wie tief der Sumpf ist, zeigt ja die neue Untersuchung über die Nazi-Geschichte des Justizministeriums. Die Geologen in Nazi-Deutschland waren für die Kriegsführung von entscheidender Bedeutung. Wenn die BGR nun aber schamvoll die Seite mit der Auflistung der früheren Präsidenten einfach aus dem Netz nimmt, ist das mehr als peinlich. Auch hier wäre ein Hinweis, dass die Aussagen zu den Präsidenten mit Blick auf ihre Tätigkeit in Nazi-Deutschland und ihre Kriegs-Beteiligung noch aufgeklärt werden müssen, sinnvoller, aber vor allem angebracht gewesen.“
- Die aus dem Netz genommene Seite zu den Präsidenten der BGR ist hier auf einer Archiv-Seite online. Die oben erwähnte Ergänzung ist hier zu finden. Mit Datum Juli 2012 sah die Seite noch so aus (Archiv.is).
In der Antwort auf die Kleine Anfrage Drs. 18/9732 von Zdebel teilt die Bundesregierung mit: „Die Fragen 25 und 26 werden aufgrund ihres Zusammenhangs gemeinsam wie folgt beantwortet: Die systematische geschichtliche Untersuchung und wissenschaftliche Aufarbeitung der 1958 gegründeten Bundesanstalt für Bodenforschung (BfB), die 1975 in Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) umbenannt wurde, und ihrer Vorläufereinrichtungen steht noch aus (siehe Antwort zu den Fragen 7 und 8, Abs. 2 in Bundestagsdrucksache 18/4238). Der Untersuchung kommt aus Sicht des BMWi sowie auch des BGR eine große Bedeutung zu. Auf Basis der Erfahrungen aus der BMWi-Geschichtskommission wird das BMWi gemeinsam mit der BGR dazu weitere konkrete Schritte einleiten, um eine systematische, wissenschaftlich unabhängige Aufarbeitung bei der BGR durchzuführen. Die entsprechenden Gespräche dazu sind bereits in Vorbereitung.“
Zum Hintergrund auch:
- Dokumente über den Ex-BGR-Präsidenten Dr. Hans-Joachim Martini und die Kriegsführung im Nationalsozialismus
- Nachgefragt: BGR und Martini-Stiftung – Wirtschaftliche Einflussnahme und NS-Geschichte
- Zur späten Aufklärung über die Nazi-Geschichte des Justizministeriums und den Einsatz von Nazi-Juristen siehe hier die soeben veröffentlichte Studie „Die „Akte-Rosenburg“ – Endergebnisse des Rosenburg-Projekts vorgestellt„