Main-Post: „Dreiste Atomaufsicht“ – „Bedenkenträger abgebügelt“ – Bayerns Atomministerium sagt Danke
„Herr Heierth, es ist dreist, wie Sie Bedenkenträger abbügeln!“ Unter dieser Überschrift beschwert sich Susanne Wiedemann von der Main-Post am 4. November in einem „Samstagsbrief“ über den Ablauf des Erörterungstermins zur Stilllegung des AKW Grafenrheinfeld. „Erörtern kann man das nicht nennen“, stellt die Journalistin fest und kritisiert sowohl den Versammlungsleiter aus dem bayerischen Staatsministerium als auch den Vertreter aus dem Hause E.on bzw. Preußen Elektra heftig. Bayern wäre nicht Bayern, wenn die dortige Atomaufsicht nicht so richtig noch einen drauf setzen würde: Atom-Abteilungsleiter Ludwig Kohler bedankt sich nun in einer an Zynismus kaum zu überbietenden Weise.
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Angesichts des Verhaltens dieser Herren gegenüber den EinwenderInnen, darunter neben dem BUND, VertreterInnen aus Anti-Atom-Gruppen als auch zahlreichen Gemeinden und den Kreis Schweinfurt, fragt Weidemnan in überaus sarkastischer Weise: „Oder glauben Sie, Sie gehören zu den Guten und die anderen sind einfach nur ewig bedenkentragende Nervensägen?“
Schon im Vorfeld gab es massive Kritik am Vorgehen der Behörden und des Betreibers für den geplanten Rückbau des AKWs Grafenrheinfeld. Viele Probleme blieben völlig ausgeklammert, die Unterlagen würden vor allem durch die Mängel auffallen, kritisierten Kommunen und Umweltschützer. Als „nicht genehmigungsfähig“ wurden diese Unterlagen gar bezeichnet. Doch selbst die Kritik lokaler Bürgermeister scherte Betreiber und die bayerische Atomaufsicht nicht. Wie auch in den anderen Genehmigungsverfahren in den meist grün-regierten Bundesländern jenseits von Bayern stellen die Behörden nur äußerst reduzierte Informationen für die Bevölkerung zur Verfügung und handeln sich an allen AKW-Standorten damit massive Kritik ein.
Auf dem Erörterungstermin zur Stilllegung des AKW Grafenrheinfeld sorgte aber eben auch der Stil für heftige Empörung, dem sich auch lokale Medien nicht entziehen konnten. Es muss schon einiges Vorfallen, bevor sich die Lokalpresse derart deutlich mit Betreibern und Atomaufsicht anlegt, wie es die Main-Post in ihrem auf Seite 2 veröffentlichten Beitrag von Susanne Weidemann tut.
„Sehr geehrter Herr Heierth, wir haben in der vergangenen Woche einige Stunden miteinander verbracht. In der Kulturhalle in Grafenrheinfeld, als dort die Einwendungen gegen den Abriss des Atomkraftwerkes erörtert wurden. Ganz ehrlich, es waren keine schöne Stunden. Und erörtern kann man das auch nicht nennen, was dort an zwei Tagen passiert ist. Deswegen ein paar offene Worte – an Sie als Versammlungsleiter und Vertreter der Abteilung für Kernenergie im Umweltministerium, aber auch an Christian Müller-Dehn, den Leiter der Preussen-Elektra-Delegation,“, heißt es dort.
Die Autorin verlegt sich in ihrem Beitrag auf einen durch und durch sarkastisch-ironischen Ton, um ihrer Empörung Ausdruck zu verleihen: „Egal, ob Landrat, Rechtsanwalt, städtischer Referent, Bürgermeister, ungeliebte Aktivistin oder ganz normaler Bürger, der halt ein paar Fragen hat: Jeder fühlt sich gleich abgebügelt. Und wenn er dann noch mehrmals nachfragt, weil er gerne eine konkrete Antwort hätte, hat er auch so einen leicht gereizten Unterton in der Antwort verdient. Gerade Herr Müller-Dehn beherrscht das meisterhaft.“
Leider ist der Artikel der Main-Post online nur als Bezahlbeitrag veröffentlicht. So haben wohl nur die regionalen LeserInnen das Vergnügen, auch den folgenden Satz zu genießen: „Ganz ehrlich: Ich kann verstehen, dass Sie beide nicht so recht nachvollziehen können, warum einige Leute, darunter hochrangige Verwaltungsleute und Kommunalpolitiker, nicht verstehen wollen, dass es doch vollkommen egal ist, ob alle Unterlagen für den Antrag von Preussen Elektra vorliegen. Sie machen das schon. Und dann gehen auch noch Leute unter Protest, wie die vom Bund Naturschutz.“
Zum Schluss ihres Artikel hätte Weidemann aber noch „einige Fragen“ an den Versammlungsleiter: „War es überhaupt Ihr Ziel, bei der Versammlung zumindest den Eindruck entstehen zu lassen, die Leute ernst zu nehmen? Oder sitzen Sie solche Termine einfach ab, weil es sein muss? Oder glauben Sie, Sie gehören zu den Guten und die anderen sind einfach nur ewig bedenkentragende Nervensägen? Können Sie verstehen, wenn nach dieser Anhörung jemand sagt: „So schafft man Wutbürger“ oder „Die stecken doch eh alle unter einer Decke und machen, was sie wollen“?
In der Ausgabe der Main-Post vom 19.11. ist nun die Antwort des Atom-Abteiligungsleiter in Auszügen nachzulesen: „Die Post ging nach München: Redakteurin Susanne Wiedemann hat vor 14 Tagen, nach dem Erörterungstermin zur Atomkraftwerk-Stilllegung, unseren „Samstagbrief“ an Versammlungsleiter Hans Heierth vom Umweltministerium geschrieben. Unter anderem kritisierte sie Atmosphäre, Verlauf und fehlende Unterlagen. Die Antwort aus München verfasste der Abteilungsleiter, Ludwig Kohler.“
Und dieser Kohler schreibt jetzt: „Es ist verständlich, dass Sie mit der Atmosphäre des großen Saals der Kulturhalle Grafenrheinfeld nicht zufrieden waren. Die Größe des Saals geht darauf zurück, dass wir allen Einwendern die Teilnahme ermöglichen wollen und auch müssen“ und fährt dann fort: „Zum Verlauf der Erörterung: Zu allererst bedanke ich mich für Ihre Feststellung, dass Herr Heierth die Teilnehmer des Erörterungstermins gleich behandelt hat, unabhängig von ihrem Status.“
Sagt man in Bayern hinterfotzig dazu? Damit aber nicht genug, stellt dieser Kohler dann in vermeintlich zustimmender Weise der Autorin fest: „“In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, Ihren Eindruck zu bestätigen, dass der Nachmittag des zweiten Tages durch eine erheblich offenere und sachlichere Atmosphäre geprägt war. Wie Sie zutreffend feststellen, war das nach dem „Weggang der Bund Naturschutz-Leute mit ihrem Anwalt.“
Da dürften nicht nur die KollegInnen des BUND an der Decke kreiseln und höflich könnte man nun fragen: Bestätigt eine solche Einlassung nicht genau das, was die Autorin der Behörde bei der Durchführung des Erörterungstermins vorgeworfen hat?
Aber: Auch was die Atomaufsicht im weiteren mitteilt, ist überaus interessant, denn es unterscheidet sich inhaltlich nicht davon, was auch grün geführte Atomministerien in Schleswig-Holstein oder Hessen mitteilen, wenn BürgerInnen mehr und bessere Informationen zu den geplanten Stilllegungsverfahren verlangen.
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In der Mainpost ist weiter aus dem Brief von Kohler zu lesen: „Die Behörde müsse die Öffentlichkeit früh beteiligen, „um die Bedenken, Sorgen und Anregungen der Bürger bei der Prüfung des Stilllegungsantrags von Anfang an berücksichtigen zu können. Weil es eine Zumutung wäre, die Bevölkerung auf der Basis fachtechnischer Prüfunterlagen zu beteiligen, sind nach der Verfahrensverordnung speziell für diesen Zweck Unterlagen zu erstellen, die insbesondere Bürgern die Beurteilung ermöglichen sollen, ob sie durch die Auswirkungen von Stilllegung und Abbau in ihren Rechten verletzt werden können. Weder die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen noch die abschließende Bescheidung der Einwendungen sind zum jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens vorgesehen. Ihre Kritik daran, dass zum Erörterungstermin noch nicht die kompletten Antragsunterlagen vorliegen, geht somit von falschen Voraussetzungen aus und verkennt Sinn und Zweck des bewusst zu einem frühen Verfahrensstadium stattfindenden Erörterungstermins.“
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