Finanzierung der Atommüllkosten: „Politische Borniertheit nicht mehr zu toppen!“

Ende letzten Jahres haben CDU/CSU, SPD und die GRÜNEN den Atomkonzernen Milliardenschwere Risiken für die Finanzierung der Atommülllagerung per Gesetzbeschluss abgenommen und diese auf die BürgerInnen verlagert. „Neuordnung der Atommüllentsorgung“ nennt sich das verniedlichend. Angeblich musste gehandelt werden, weil die armen Atomkonzerne in der Krise sind und später nichts mehr zu holen wäre. Eine Behauptung, die nicht zutreffend ist! „Jetzt erhalten die Energieriesen ein weiteres Milliarden-Geschenk von der Bundesregierung, ausgerechnet mit Zustimmung der Grünen, die ihre Gründung als Partei der Anti-AKW-Bewegung verdanken. In den Vorstandsetagen der „Big-4″ sind die Champagnerkorken geflogen“, schreibt jetzt Prof. Dr. Heinz-Josef Bontrup in der Frankfurter Rundschau. Bontrup war von der Bundestagsfraktion DIE LINKE zu der Gesetzanhörung als Experte eingeladen worden. Er ist Professor für Wirtschaftswissenschaft an der Westfälischen Hochschule und Direktor des Westfälischen Energieinstituts.

Auch wenn die Atomkonzerne in der Krise sind, von einer Insolvenz sind sie weit entfernt, schreibt Bontrup und widerspricht damit den Darstellungen von CDU/CSU, SPD und den Grünen: „Warum machen die Bundesregierung und die Grünen aber den „Big-4“ ein solches Geschenk? Sie befürchten, völlig unbegründet, ein Insolvenzrisiko der Unternehmen. Zwar haben die „Big-4“ selbstverschuldete wirtschaftliche Probleme, weil sie schlicht aus Machtarroganz die Energiewende ignoriert haben. Sie aber mit einer Insolvenz in Verbindung zu bringen, ist völliger Unsinn. Zusammen verfügen sie noch über ein bilanzielles Reinvermögen von 81,3 Milliarden Euro.“
Darauf hatte auch Hubertus Zdebel, Sprecher für Atomausstieg der Bundestagsfraktion DIE LINKE, wiederholt in den Beratungen des Gesetzes hingewiesen. Zdebel hatte für die Fraktion die Einrichtung eines öffentlich-rechtlichen Fonds gefordert. Im Unterschied zu den Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und den Grünen hatte er aber darauf bestanden, dass die Atomkonzerne auch in Zukunft für die Kosten-Risiken haften müssten. (siehe dazu: Keine Enthaftung der Atomkonzerne – Bundestagsfraktion DIE LINKE mit Entschließungsantrag)

Für RWE, E.on und die anderen Atomkonzerne hätte es kaum zu einem besseren Deal kommen können, siehe dazu auch: Atommüll und die Kosten: Wunderheilung bei RWE – Klagen der Konzerne laufen weiter
Bontrup kritisiert massiv die jahrzehntelange Praxis, die die Politik den Atomkonzernen erlaubte: Statt reale Rücklagen bilden zu müssen, konnten sie mit reinen Bilanzmaßnahmen über Rückstellungen ihre Vorteile optimieren, zum Schaden der BürgerInnen. Und obwohl die Probleme dieser Rückstellungen nun deutlich werden, belassen es CDU/CSU, SPD und Grüne dabei: Denn für den Rückbau der Atomanlagen bleibt die Verantwortung und die Finanzierung bei den Konzernen.

  • Ausgerechnet was die Sicherung dieser Rückstellungen für den AKW-Abbau angeht, hat das beschlossene Gesetzespaket eine massive Lücke, wie in der Anhörung Prof. Dr. Georg Hermes von der Uni Frankfurt ausführte: Hermes stellt in seiner Stellungnahme fest: „2. Keine konsequente Sicherung der Haftungsmasse: Auffällig und in seiner Rationalität weder aus der Begründung noch aus der Gesamtkonzeption nachvollziehbar ist der Unterschied in der Nachhaftung zwischen der Stilllegung, dem Rückbau und der Verpackung einerseits und der Zwischenlagerung und Endlagerung andererseits. Der Entwurf des Nachhaftungsgesetzes (Art. 8) enthält in seinem § 3 Regelungen für die Nachhaftung in besonderen Fällen. In dieser Vorschrift wird insbesondere Vorsorge getroffen für die „Abspaltung“ von Unternehmensteilen des herrschenden Unternehmens entweder nach dem Umwandlungsgesetz (§ 3 Absatz 3) oder auf sonstige Weise (§ 3 Absatz 4). Diese Nachhaftung abgespaltener Teile eines herrschenden Unternehmens wird aber nur bezogen auf die „Zahlungsverpflichtungen aus § 8 Absatz 2 des Entsorgungsfondsgesetzes“. Dies bedeutet, dass die Zahlungsverpflichtungen, die aus der Verpflichtung zur Stilllegung, zum Rückbau und zur Verpackung resultieren, nicht durch eine Nachhaftung von Abspaltungen herrschender Unternehmen gesichert sind. Nicht verständlich ist auch, warum die Nachhaftung von Abspaltungen nur für die Nachschusspflicht nach § 8 Absatz 2 des Entsorgungsfondsgesetzes gilt und nicht für den Grundbetrag.“ Siehe dazu: 18(9)1059 – SV Prof. Dr. Georg Hermes, Goethe-Universität Frankfurt

Bontrup in der FR: Diese Rücklagen hätten von Anfang an entweder als eine  unternehmensinterne Fondsbildung mit konkreter Zweckbindung geschaffen oder gleich in einen Staatsfonds eingezahlt werden müssen. Beides fand aber nicht statt, sondern den „Big-4″ wurde in Sachen Atommüll eine völlig untaugliche Rückstellungspolitik erlaubt, die jetzt auch noch für den Rückbau der AKWs den Energieriesen weiter ermöglicht wird. Lediglich soll für mehr Rückstellungstransparenz gesorgt werden. Hier ist politische Borniertheit nicht mehr zu toppen!“

DSe4Zdebel

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