Vattenfall baut neues gasbefeuertes Heizkraftwerk
Was in Hamburg längst nicht mehr State of the Art ist: In Berlin lässt sich das noch als Klimaschutz verkaufen. Jedenfalls wenn der Absender Vattenfall heißt. Bis zum Volksentscheid „Unser Hamburg – Unser Netz“ priesen (SPD-)Senat und Vattenfall den Bau eines gasbefeuerten GuD-Heizkraftwerk in Wedel als Non-Plus-Ultra für den Ersatz der dortigen Kohle-befeuerten Anlage an. Jetzt, nach dem Volksentscheid, diskutiert man im Hamburg, wie die 100-Prozent CO2-freie Fernwärme-Erzeugung möglich ist. Was Hamburg nicht mehr will, ist für Berlin aber gut genug: Jedenfalls wenn der Absender Vattenfall heißt. Dort soll nun ein gasbefeuertes GuD-Heizkraftwerk für die Strom- und Wärmeerzeugung in Marzahn entstehen und das bisherige Braunkohle-HKW ersetzen. Das teilt Vattenfall per PM mit den üblichen Preisungen von modern, Bekenntnis zu Berlin und gar „Vorreiter beim Klimaschutz und der Energiewende“ zu sein, mit (siehe dazu auch unten, Foto: Das war einmal: Vattenfall-Logo im Berliner Hauptbahnhof).
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Vattenfall sagt: „„Unsere Fernwärme spielt eine wichtige Rolle bei der Erreichung der Klimaneutralität in Berlin. Das neue Heizkraftwerk in Marzahn ist dafür ein wichtiger Baustein. Es sichert eine klimaschonende und zuverlässige Fernwärme-Versorgung für die kommenden Jahrzehnte und wird die Aufgabe des Grundlastkraftwerks für die Fernwärmeversorgungsgebiete im Ostteil der Stadt übernehmen ,“ ergänzt Gunther Müller, Sprecher des Vorstandes der Berliner Vattenfall Wärme AG.“ Kurzfristig mag das stimmen, denn immerhin gilt es die besonders klimaschädliche Braunkohle zu ersetzen. Gas hat gegenüber Steinkohle nur etwa die Hälfte der CO2-Emissionen (und noch weniger gegenüber Braunkohle), aber eben das führt zu der Frage, die Vattenfall wie üblich überspielt: Wird nach einem kurzen CO2-Einspareffekt nicht langfristig mit Gas ein zu hoher Anteil an diesen Emissionen festgeschrieben, in dem auf den Einsatz klimaneutraler oder CO2-freier Energieträger verzichtet wird?
Genau das jedenfalls wird in Hamburg derzeit diskutiert. Dort hat Demokratisierung in die Energiedebatte Einzug gehalten, nachdem der Volksentscheid „Unser Hamburg – Unser Netz“ die Rekommunalisierung der Energienetze für Strom, Wärme (beide Vattenfall) und Gas (E.on) beschlossen hat. Da ist zwar längst nicht alles Sonnenschein (oder Windenergie) und Vattenfall versucht immer noch kräftig mitzumischen. Auch dauert die Umsetzung noch an. Aber die Koordinaten haben sich deutlich verändert. Der Volksentscheid gibt zusätzlich zur Rekommunalisierung auch Ziele hin zu einem verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien und die Demokratisierung vor. Ein inzwischen ins Leben gerufener Energienetzbeirat, der als Beitrag nach der vom Volksentscheid auch geforderten Demokratisierung eingeführt wurde, hat für die Umweltverbände und Energieinitiativen eine neue Art Plattform geschaffen, um sich verstärkt einzumischen und direkt mit der Umwelt- und Energiebehörde zu diskutieren.
Vor diesem Hintergrund musste Vattenfall seine Pläne für ein gasbefeuertes GuD-Heizkraftwerk als Ersatz für das bisherige Kohlekraftwerk in Wedel aufgeben. Nun wollen die neuen Akteure und künftigen Eigentümer der Fernwärme es hinbekommen, möglichst schnell einen möglichst großen Anteil erneuerbarer Energien in die Fernwärmeerzeugung zu bekommen. Nicht ganz einfach, langwieriger als erhofft und noch stehen Entscheidungen aus. Klar aber ist: Was Vattenfall jetzt als Neubau in Berlin ankündigt (auch, um die KWK-Förderung einzusacken), wird in Hamburg nicht mehr als sonderlich wegweisend angesehen.
Mit staatlicher Förderung will Vattenfall 325 Mio. Euro in den Bau eines Gas-und-Dampfturbinen-Heizkraftwerks investieren. In einer Pressemeldung heißt es: „Mit dem Bau der Anlage mit einem Brennstoff-Wirkungsgrad von um die 90% beginnt das schwedische Staatsunternehmen an der Allee der Kosmonauten im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf voraussichtlich im April 2017. Zusammen mit dem Kraftwerk Klingenberg in der Rummelsburger Bucht wird die neue Energiefabrik mehr als 300.000 Haushalte in den östlichen Plattenbausiedlungen-Bezirken Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf mit Fernwärme versorgen.“
Über die Berliner Energiepolitik berichtete Dagmar Dehmer gestern im Tagesspiegel mit Bezug auf ein Fachforum Energie. In Berlin war der Versuch des dortigen Energietisches, wie in Hamburg per Volksentscheid zu einer Art Rekommunalisierung der Strom- und Wärmeversorgung ohne Vattenfall, im ersten Versuch gescheitert. Jetzt will der neue rot-rot-grüne Senat das nachholen.
Dokumentation: PM von Vattenfall:
Vattenfall investiert mehr als 300 Millionen Euro für gasgefeuertes Heizkraftwerk in Berlin-Marzahn
„Unsere Fernwärme spielt eine wichtige Rolle bei der Erreichung der Klimaneutralität in Berlin. Das neue Heizkraftwerk in Marzahn ist dafür ein wichtiger Baustein. Es sichert eine klimaschonende und zuverlässige Fernwärme-Versorgung für die kommenden Jahrzehnte und wird die Aufgabe des Grundlastkraftwerks für die Fernwärmeversorgungsgebiete im Ostteil der Stadt übernehmen ,“ ergänzt Gunther Müller, Sprecher des Vorstandes der Berliner Vattenfall Wärme AG.
Das gasgefeuerte Heizkraftwerk mit rund 260 MW elektrischer und 230 MW thermischer Leistung und einem Brennstoff-Wirkungsgrad von um die 90 Prozent zählt zu den modernsten Anlagen seiner Art. Die Bauarbeiten an der Allee der Kosmonauten werden voraussichtlich im April beginnen. Die Inbetriebnahme der neuen KWK-Anlage ist für 2020 vorgesehen.
Aus einem internationalen Bieterverfahren ging im Dezember 2015 die Siemens AG als Generalunternehmer für das Projekt hervor. Siemens liefert auch die Gasturbine, die am Berliner Traditionsstandort des Unternehmens gefertigt wird.
Ihr Ansprechpartner für weitere Informationen:
Hannes Stefan Hönemann, hannes-stefan.hoenemann@vattenfall.com
Vattenfall GmbH, PRA & Media Relations Germany, Telefon +49 30 8182 2312
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