Atommüll: Schlupflöcher für Exporte – Anti-Castor-Bündnis kritisiert Novelle zum StandAG

Atommüll: Schlupflöcher für Exporte – Anti-Castor-Bündnis kritisiert Novelle zum StandAG

Anti-Atom-Initiativen aus dem „Bündnis gegen Castor-Transporte“ mit Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen haben heute in einer Stellungnahme die Regelungen zum Atommüll-Export-Verbot in der geplanten Novelle zum Standortauswahlgesetz kritisiert. Die Novelle, die von Grünen, SPD und CDU/CSU, aber ohne die Fraktion DIE LINKE in den Bundestag eingebracht werden soll, will die Empfehlungen der so genannten Endlager-Kommission umsetzen.
Die Kommission hatte mit Blick vor allem auf 152 Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll in der ehemaligen Atomforschungsanlage in Jülich für ein Export-Verbot plädiert. Damit sollten Pläne gestoppt werden, diesen Atommüll in die USA zu exportieren. Der jetzige Kompromiss-Vorschlag im Entwurf der Novelle würde jedoch dieses Anliegen nicht umsetzen, sondern erhebliche Schlupflöcher lassen, die einen Export nicht ausschließen.

Der hochradioaktive Atommüll in Jülich lagert seit Jahren unzureichend gesichert und ohne ausreichende atomrechtliche Genehmigung. Der Betreiber und das Bundesforschungsministerium favorisieren einen Export dieses Atommüll in die USA und führen seit Jahren entsprechende Verhandlungen. Dabei steht im Koalitionsvertrag von Grünen und SPD in NRW, dass es aus Jülich keinerlei Atomtransporte mehr geben dürfe, Ausnahme wäre ein Endlager, das es aber nicht gibt. Dennoch wird nicht mit Hochdruck an Sicherheits-Nachrüstungen oder dem Neubau einer Lagerhalle in Jülich gearbeitet. Neben der US-Export-Variante gibt es die Option, den Atommüll quer durch NRW in das Zwischenlager Ahaus zu verfrachten. Die Endlager-Kommission hatte sich intensiv mit diesen Vorgängen befasst. Auf dem Weg zu einer Endlager-Suche für hochradioaktive Abfälle in nationaler Verantwortung wäre es kein Weg, Teile dieser strahlenden Abfälle ins Ausland zu verschieben. Nach intensiver Diskussion, an denen auch die betroffenen Ministerien beteiligt waren, hatte die Kommission sich für ein generelles Exportverbot, speziell für die Abfälle aus Jülich ausgesprochen. Die Anti-Atom-Initiativen kritiseren obendrein, dass die Atomabfälle aus Jülich im Grunde ohnehin rechtswidrig wären, da sie aus einem kommerziellen Reaktor stammen und daher unter das bestehende Export-Verbot fallen. Betreiber und Behörden würden aber versuchen, den Status des ehemaligen AVR-Reaktors, aus dem der Müll stammt, umzudefinieren und ihn zu einem Forschungsreaktor zu erklären. Genau darauf hat die Endlager-Kommission mit dem zusätzlichen Verbots-Vorschlag für ein Export-Verbot auch für Forschungsreaktoren reagiert.

Letzte Woche wurde der von den Grünen, SPD und CDU/CSU ohne die LINKS-Fraktion vorgelegte Entwurf zur Umsetzung der Empfehlungen der „Endlager“-Kommission in das Standortauswahl- und Atomgesetz bekannt. Die Einbringung in den Bundestag hatte sich verzögert, weil einerseits in der Frage der Behandlung der „Endlager“-Suche im Granit/Kristallin Differenzen bestanden und schließlich die Frage eines generellen Export-Verbots nur unter Beteiligung des Kanzleramts (siehe Süddeutsche Zeitung)  zu einem von drei der vier Berichterstattern des Bundestags getragenen Kompromiss führte. Der jetzt vorliegende Entwurf soll in der nächsten Woche in den Bundestag in erster Lesung eingebracht werden. Am 8. März findet auch eine vierstündige Anhörung dazu im Umweltausschuss des Bundestages (PDF) statt. Eine Verabschiedung soll dann in zweiter und dritter Lesung noch vor dem 31. März erfolgen, damit der Bunderat an diesem Tag noch abstimmen kann.

Der Vorschlag zur Umsetzung der Export-Verbots-Empfehlung der Endlager-Kommission führt jetzt zu Kritik aus Reihen von Anti-Atom-Gruppen, die in dem Vorschlag zahlreiche Möglichkeiten bemängeln, nach denen ein Export des Atommülls aus Jülich weiterhin möglich wäre und obendrein auch noch andere Abfallmengen durch die Schlupflöcher gehen könnten. UmweltFAIRaendern dokumentiert im folgenden die PM des Bündnis gegen Castortransporte. Die Stellungnahme, die die Initiativen an die Bundestagsfraktionen und an das Nationale Begleitgremium übermittelt haben, ist hier online (PDF).
Dokumentation: Bündnis gegen Castor-Exporte: Pressemitteilung, 27.02.2017
Atomkraftgegner besorgt über Standortauswahlgesetz-Novelle: Exportverbot enthält Schlupflöcher für über 450 Castorbehälter! Atomkraftgegner schreiben an Bundestagsabgeordnete
Das Bündnis gegen Castor_Exporte, ein bundesweiter Zusammenschluss von Anti-Atom-Initiativen, betrachtet die jüngste Novellierung des Standortauswahlgesetzes im Hinblick auf das Jülicher Atommüll-Debakel mit großer Sorge. Im Rahmen der Novellierung des Standortauswahlgesetzes (StandAG) soll das Atomgesetz (AtG) um ein Exportverbot für Atommüll aus Forschungsreaktoren ergänzt werden. Diese Ergänzung enthält aber eine neuartige, ungenaue Definition von Forschungsreaktoren sowie gravierende Ausnahmen, die den Export der Jülicher Castoren in die USA erlauben könnten.
Ihre Bedenken haben sie heute den Bundestagsabgeordneten in Form eines Positionspapiers mitgeteilt, in dem sie erhebliche Nachbesserungen fordern.
Dazu Hartmut Liebermann von der BI-Ahaus: „Auf den ersten Blick steht auf dieser Novelle `Exportverbot, aber es ist offenbar kein Exportverbot mehr drin. Wir appellieren dringend an die Bundestagsabgeordneten, nur ein eindeutig formuliertes Exportverbot in das Gesetz aufzunehmen.“
Mit der neuen Formulierung im Atomgesetz könnten die Leistungsreaktoren AVR Jülich und THTR Hamm zu Forschungsreaktoren umdefiniert werden. Ebenso sind mehrere Ausnahmen für den Atommüllexport enthalten. Damit konterkariert das Gesetz die Empfehlung der Endlagerkommission sowie den rot-grünen Koalitionsvertrag der NRW-Landesregierung, der Castor-Exporte aus Jülich ausschließt!
So soll Atommüll aus Jülich (und später auch aus Hamm) unter dem Deckmantel der endlagerfähigen Konditionierung ins Ausland verbracht werden können. Rainer Moorman, Experte für Kugelhaufenreaktoren: „Man will in den USA den eigentlichen Brennstoff vom Trägermaterial Graphit trennen und das mit C-14 Isotopen radioaktiv belastete Graphit verbrennen oder vergasen. Gemessen an bundesdeutschen Umweltstandards, die bislang maßgeblich für ein Exportverbot sprachen, ist dies völlig unakzeptabel.“
Marita Boslar (Aktionsbündnis „Stop Westcastor“)
Hartmut Liebermann (BI Kein Atommüll in Ahaus)

Dirk Seifert

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