Nachgefragt: URENCO-Uran, die Bundesregierung und Tritium für US-Atomwaffen

Die UN hat es vollbracht. Mit großer Mehrheit hat sie Atomwaffen unter einen weltweiten Bann gestellt. Doch die Atomwaffenstaaten haben sich an den wochenlangen Verhandlungen nicht beteiligt. Auch die Bundesrepublik verweigerte die Teilnahme. Schlimmer noch: Während in New York die Verhandlungen liefen, wurde bekannt, dass künftig offenbar mit Zustimmung der Bundesregierung die deutsch-niederländisch-britische URENCO die US-Reaktoren mit Uran versorgen soll, in denen das für die US-Atomwaffen dringend benötigte Tritium zur Sprengkraftverstärkung hergestellt wird. Gemeinsam mit Jan van Aken und Inge Höger hat der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel jetzt eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung auf den Weg gebracht, um mehr über diesen schmutzigen Deal in Erfahrung zu bringen: 18/13129 – URENCO-Uran für Dual-Use-Atomreaktoren der USA zur Herstellung von Tritium für Atomwaffen (PDF).
Update: Die Antworten sind in dieser Drs 18/13305 zu finden.

Die USA benötigen zur Verstärkung der Sprengkraft für ihre Atomwaffen Tritium. Ca. alle 12 Jahre muss es wegen seiner Halbwertzeiten ersetzt werden. Seit Anfang der 2000er Jahre erzeugen die USA dieses Tritium in einem normalen Atomkraftwerk, dem Block 1 von Watts Bar. Bis dahin war das in einem speziellen Militär-Reaktor erfolgt.
Der Einsatz eines kommerziellen Atomreaktors wie Watts Bar für militärische Zwecke wird als Dual-Use bezeichnet und gilt als umstritten, weil die Grenzen zwischen militärischer und ziviler Nutzung – sonst eines der hoch gehaltenen Grundprinzipien bei der Atomenergie – verwischt werden.
Schon seit ca. 2005 wird in den USA außerdem darüber diskutiert, wie die Versorgung dieses Dual-Use-Reaktors in Watts Bar mit Uran sichergestellt werden kann. Denn: Die einzige Urananreicherungsanlage im Besitz der USA wurde vor – absehbar – vor einigen Jahren geschlossen. Seitdem sind die USA komplett auf „ausländisches“ Uran angewiesen, nur noch „Reste“ aus alten Beständen standen für Watts Bar zur Verfügung. Das Problem mit dem „ausländischen“ Uran: Eigentlich dürfte das von URENCO oder von französischen Unternehmen nur im zivilen Bereich eingesetzt werden, also nur in normalen kommerziellen Reaktoren.
Allerdings: 2005 – so das US-Energieministerium – hatte URENCO ein Gutachten erstellen lassen. Darin soll festgestellt worden sein, dass es für URENCO rechtlich keine Einschränkungen gibt, Uran auch für Atomreaktoren zu liefern, in denen Tritium als „By-Product“ hergestellt wird. Eine Sichtweise, der sich auch das internationale Kontrollorgan über die URENCO angeschlossen haben soll. Das bedeutet: Die deutsche Bundesregierung hat sich dieser Position offenbar angeschlossen und keine Einwände für Uranlieferungen von URENCO an militärische genutzte Atomreaktoren in den USA erhoben! Nach dem Vertrag von Almelo kontrollieren die drei Staaten Niederlande, Großbritannien und Deutschland im sogenannten Gemeinsamen Ausschuss die URENCO-Aktivitäten und jeder Staat verfügt in diesem Gremium über ein Veto-Recht.
Brisant wird dieser Vorgang nun, weil die USA ein wachsendes Tritium-Problem für ihre Atomwaffen haben. Der Betreiber TVA hatte deshalb vor wenigen Wochen angekündigt, dass die Tritium-Produktion nicht nur im Block 1 des AKW Watts Bar erfolgen würde, sondern auf den Block 2 am gleichen Standort sowie auf die beiden Reaktoren in Sequoyah ausgeweitet werden soll. Zur Versorgung dieser Reaktoren mit angereichertem Uran hat TVA Uranlieferverträge mit URENCO im Wert von rund 500 Millionen Dollar abgeschlossen.
Bereits zweimal hat darüber die Tagesschau berichtet und der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel (Fraktion DIE LINKE) die Bundesregierung befragt. Die betont jedoch bislang lediglich, dass die URENCO-Geschäfte als vertraulich gelten und verweigert klare Aussagen zu dieser Unterstüzung des US-Atomwaffenprogramms. Deshalb hat Zdebel nun eine Kleine Anfrage auf den Weg gebracht, um zu erfahren, ob die Bundesregierung diese URENCO-Lieferungen für Atomwaffen unterstützt oder ob sie dagegen vorgehen wird.
Die Fragen sind hier als PDF online. Die Antworten der Bundesregierung sollen Anfang August vorliegen.

DSe4Zdebel

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