In Leese bei Hannover lagern über 12.000 Atommüllfässer mit leicht- und mittelradioaktiven Abfällen. Ein Teil davon – 1.484 Fässer – soll demnächst zur „Nachkonditionierung und -Qualifizierung“, wie es so schön heißt. Von 14 Fässern weiß man, dass sie „Auffälligkeiten“ haben, geschätzt wird, dass von den 1.484 Fässern möglicherweise 442 größere „Auffälligkeiten“ haben könnten. Kontrollieren kann man das vor Ort nicht, weil alles dicht an dich gepackt steht. Und: In Leese ist die Zwischenlagerung dieser Abfälle nur noch befristet möglich, ein neues Atommülllager muss in den nächsten Jahren gefunden werden, wie die BI BISS Leese meldet. Auch in Gorleben gibt es Probleme mit solchen Fässern und die Genehmigung zur Lagerung läuft aus. Daher soll der Atommülltourismus nun über Duisburg nach Ahaus verlaufen. Dazu haben die Bürgerinitiativen in Gorleben und Ahaus jetzt Stellung genommen.
In der Antwort auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel heißt es mit Blick auf die Situation in Leese: „Die Bundesregierung kann derzeit nicht ausschließen, dass im Lager in Leese weitere Fässer mit Auffälligkeiten lagern“. Auch in Gorleben befinden sich 26 Rost-Atommüll-Fässer, die nachbehandelt werden müssen. Insgesamt 1.309 Fässer mit leicht- und mittelaktivem Atommüll müssen dort abtransportiert werden, weil die Lager-Genehmigung 2019 endet. Neue Heimat soll dann über die Zwischenstation Duisburg (Konditionierung) das Zwischenlager in Ahaus werden. Dort ist die Lagerung derartiger Abfälle allerdings derzeit auch nur bis 2020 zulässig. Allerdings will der Betreiber danach eine unbefristete Genehmigung für die Zwischenlagerung erhalten.
Auf absehbare Zeit dürfte sich an dem Atommülltourismus nicht viel ändern. Das geplante Atommülll-„Endlager“ im Schacht Konrad verzögert sich zum wiederholten Mal. Statt 2022, wie zuletzt prognostiziert, ist nun von einer Inbetriebnahme im Jahr 2027 die Rede. Doch ob das Lager in Salzgitter jemals in Betrieb geht, ist trotz vorliegender Genehmigung weiter unklar. Immer wieder hat es für die Betreiber unangenehme Überraschungen gegeben, die den Ausbau massiv verzögerten. Wie in der ASSE und in Morsleben handelt es sich auch beim Schacht Konrad um ein ehemaliges Gewinnungsbergwerk. Statt in Salz soll in Konrad eine alte Eisenerz-Mine künftig als dauerhaftes unterirdisches Atommülllager genutzt werden.
Die BIs in Ahaus und in Gorleben haben zu dem Verschiebebahnhof Atommüll Stellung genommen, die umweltFAIRaendern hier dokumentiert:
BI Lüchow-Dannenberg: „Der Atommülltourismus geht weiter!“
Die Grünen haben mit einer parlamentarischen Anfrage noch einmal den Fokus auf die Zustände im Abfalllager Gorleben gerichtet. Die Antwort der niedersächsischen Landesregierung überrascht die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) nicht wirklich, von den genannten 26 Rostfässern sei auch schon vorher die Rede gewesen, sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Unverständlich sei hingegen, dass die Atomaufsicht in Niedersachsen von der Betreiberin dieses Lagers, der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) kein schlüssiges Konzept für den Umgang mit den Fässern verlangt.
„Die Umlagerung nach Ahaus ist nichts anderes als der bekannte Atommülltourismus, der geht einfach weiter“, kritisiert die BI.
Und der Grund für die Auslagerung von 1.309 Fässern sei kein sachlicher, er sei allein damit zu begründen, dass die Genehmigung für die Lagerung dieser Fässer 2019 ausläuft.
In Ahaus würden dann hochradioaktive Abfälle unter der Zuständigkeit der neuen bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) und für einen gewissen Zeitraum auch noch der GNS in einer einzigen Halle gelagert.
Schwerwiegende Fragen werfe auch das Konditionierungskonzept auf, die Zementierung der Abfälle gepaart mit einer Restfeuchte führe unweigerlich wieder zu Rost. In diesem Zusammenhang verlangt die BI, dass nicht nur die Einzelfässer in Gorleben unter die Lupe genommen werden sollten, gerade die sogenannten „konradgängigen“ Container vor Ort müssten stichprobenartig überprüft werden, „denn da ist auch Zement im Spiel gewesen“, so Ehmke.“
Die BI Ahaus: „Das schlägt dem Fass den Boden aus – Atommüllfässer nach Ahaus!
Ca. 1700 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll sollen von Gorleben über Duisburg nach Ahaus verschoben werden. Die Fässer sind in Gorleben verwahrlost und teilweise völlig verrostet. Daraufhin hat die Niedersächsische Landesregierung eine Nachkonditionierung (Neuverpackung) in Duisburg veranlasst und Gorleben gleichzeitig zugesichert, dass die Fässer danach nicht mehr nach Gorleben zurückkommen!
Nun ist durchgesickert, dass der Atommüll für einen unbefristeten Zeitraum in Ahaus eingelagert werden soll.
„Das schlägt dem Fass den Boden aus“, kommentiert Felix Ruwe, der Sprecher der BI-Ahaus die Situation. „Für Ahaus besteht nur eine befristete Einlagerungsgenehmigung, die bis zum Sommer 2020 reicht. Die Betreiber des BZA haben anstatt zum Sommer 2017 einen verbindlichen Räumungsplan für die vollständige Räumung zum Sommer 2020 bei der Dienstaufsicht vorzulegen, eine unbefristete Verlängerung der Lagergenehmigung beantragt. Dieses Verhalten stärkt unsere Zweifel an der Zuverlässigkeit der Betreiber. Für uns bleibt die Forderung: Der Erzeuger von Atommüll ist bis zur möglichen Abgabe an ein Endlager für die sichere Aufbewahrung des Atommülls verantwortlich! Diese Verantwortung darf auch nicht auf Dritte übertragen werden! Dass Ministerien diese Art von Atommülltourismus zulassen bzw. auch noch fördern ist untragbar. Bei der mangelhaften Langzeitperspektive für das Brennelemente Zwischenlager Ahaus (BZA) ist jeder weitere Transport nach Ahaus abzulehnen“, so Felix Ruwe.“