„Bayern steht in der Verantwortung ein Atommülllager zu suchen und diese Suche muss transparent und offen erfolgen!“

„Bayern steht in der Verantwortung ein Atommülllager zu suchen und diese Suche muss transparent und offen erfolgen!“

Mit einem klaren Statement zur Verantwortung Bayerns, ein dauerhaftes, möglichst sicheres unterirdisches Lager für hochradioaktiven Atommüll zu finden, hat sich der BUND Naturschutz (BN) vor wenigen Tagen geäußert. Damit geht er nicht nur mit der Staatsregierung in Widerspruch, die Bayern im Koalitionsvertrag schon mal als ungeeignet darstellt. Der BN erinnert auch noch mal an die Mängel der gesetzlichen Regelungen für die Standortsuche aus Sicht betroffener Bürger*Innen und an die Defizite im Zusammenhang mit der Zwischenlagerung der hochradioaktiven Abfälle, die auch im Idealfall länger dauern wird, als ein „Endlager“ zur Verfügung stehen könnte. Außerdem kündigt der Umweltverband einen Workshop an: „Zwischen Boykott und Beteiligung – Suche nach einem Atommüll-Lager“ (PDF) findet am 27. Oktober in Ulm statt. Einen guten Überblick über das Suchverfahren nach dem Standortauswahlgesetz und die Kritik des BUND am Gesetz und am Verfahren gibt es auf der Homepage „Atommüll-Lager-Suche„.

Dokumentation der PM des BUND Naturschutz Bayern: Bayern steht in der Verantwortung ein Atommülllager zu suchen und diese Suche muss transparent und offen erfolgen!
Ministerpräsident Markus Söder stellte im Sommer 2019 das Standortauswahlgesetz von 2017 in Frage: „In Bayern macht ein Atommülllager keinen Sinn“! Doch die Ergebnisse der geologischen Voruntersuchungen werden erst 2020 vorliegen!
Der BUND Naturschutz befürwortet eine transparente und wissenschaftsbasierte Suche in Bayern in geeigneten Gesteinsarten wie Ton, Kristallin und Salz, aber kritisiert massiv die aktuelle Art und Weise des Vorgehens.
„Die Erben des Atomstaates Bayern stehen in der Verantwortung, denn ein großer Teil des deutschen Atommülls wurde und wird in Bayern produziert. Die Bayerische Staatsregierung muss sich der Suche nach einem möglichst sicheren Lager für ihren tödlichen Atommüll konstruktiv anschließen! Dass Ministerpräsident Söder sich hier nun aus der Verantwortung davonstehlen will, ist aus unserer Sicht völlig unakzeptabel“, so Richard Mergner, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern e.V.
„BUND Naturschutz in Bayern und BUND Baden-Württemberg stellen sich der großen Aufgabe einer öffentlichen Diskussion des Problems. Wir laden zu einem Workshop am 27.10.2019 nach Ulm ein. Die Situation ist zutiefst erschütternd. Wir haben immer vor den tödlichen Gefahren der Atomenergie gewarnt. Die Bayerische Staatsregierung hat diese immer wieder in unverantwortlicher Art und Weise verharmlost. Und nun müssen wir Atomenergiegegner die konstruktive Diskussion über die möglichst sichere Lagerung des Atommülls geradezu erzwingen. Das ist doch geradezu Staatsversagen in Bayern!“ so Edo Günther, Sprecher des bundesweiten BUND Arbeitskreises Atomenergie und Strahlenschutz.
Für Atomkraftwerk Gundremmingen Block C bei Günzburg hatte der BUND Naturschutz in einer Petition in 2017 technische Sicherheitsmängel dargelegt, die ein sofortiges Abschalten Ende 2017 begründet hätten. Die Bayerische Staatsregierung und der Bayerische Landtag hatten dies abgelehnt und lassen dort weiterhin bis Ende 2021 tödlichen Atommüll produzieren. Aus Sicht des BUND Naturschutz völlig unverantwortlich!
Atomkraftwerk Isar 2 bei Landshut hätte nach dem Atomgesetz von 2001 circa Mitte 2020 abgeschaltet werden müssen. Die Bayerische Staatsregierung hatte sich in 2018 aktiv für einen Strommengen-Deal eingesetzt, damit dieses Atomkraftwerk noch bis Ende 2022 tödlichen Atommüll produzieren kann. Aus Sicht des BUND Naturschutz völlig unverantwortlich!
In seiner Sitzung vom 13. Juli hat sich der Landesbeirat des BUND Naturschutz, als höchstes Entscheidungsgremium des Verbandes zwischen seinen Landesdelegiertenversammlungen, intensiv mit den Fragen der Atommülllagersuche auseinandergesetzt. Klaus Brunsmeier, im Vorstand des Bundesverbandes BUND und Mitglied im vom Bundestag eingesetzten Nationalen Begleitgremium, berichtete zum aktuellen Stand der Atommülllagersuche. Trotz berechtigter Kritik am aktuellen Standortsuchgesetz fordern der BUND und sein Landesverband BUND Naturschutz in Bayern e.V. die Unterstützung eines partizipativen, wissenschaftsbasierten, transparenten, selbsthinterfragenden und lernenden Verfahrens zur vergleichenden Suche eines Standortes mit der bestmöglichen Sicherheit für ein Atommülllager in Deutschland – und dies auch in Bayern!“
Anlage 1
Kritische Fragen des Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland  (BUND) zur Verbesserung des Suchprozesses gemäß „Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle“ (Standortauswahlgesetz – StandAG)
•    Es bleibt weiterhin unklar, unter welchen Bedingungen der hochradioaktive Müll bis zur Einlagerung in ein tiefengeologisches Lager möglichst sicher zwischengelagert werden kann.
•    Gleiches gilt für die Frage was mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll passiert (zum Beispiel Atommüll aus dem Lager Asse, aus der Urananreicherung, aus dem Abriss vom Atomkraftwerken). Der BUND fordert hier Klarheit und ein eigenes Suchverfahren.
•    Der BUND fordert eine Festschreibung des Atomausstieges im Grundgesetz und damit eine endgültige Beendigung des Atomzeitalters in Deutschland.
Suchprozess – Phase 1:
Eingrenzung der Teilgebiete und Standorte für die übertägige Erkundung
Schritt 1: Eingrenzung der Teilgebiete
•    Der bisherige geringe Kenntnisstand über geologische Eigenschaften einiger Regionen Deutschlands im Vergleich mit dem jahrelang „untersuchten“ Standort Gorleben färbt die „weiße Landkarte“ mit dunklen Flecken vor.
•    Der BUND geht davon aus, dass der politisch motivierte und wissenschaftlich nicht haltbare Standort Gorleben an dieser Stelle aus dem Verfahren ausscheidet und nicht im Zwischenbericht wiederauftaucht.
•    Die Veröffentlichung geologischer Daten, als Grundlage der Auswahl von Regionen, könnte am Eigentumsrecht scheitern. Der BUND fordert Transparenz und eine gesetzliche Regelung (Geodatengesetz).
•    Laut Gesetz darf kein Standort allein auf Grund fehlender Daten ausgeschlossen werden und gegebenenfalls muss es Nachprüfungen geben. Der BUND fordert hier Umsetzung.
•    Das neue Suchverfahren sollte frühzeitig Öffentlichkeit und Betroffene einbinden. Reine Informationsveranstaltungen sind unzureichend. Ein echter Dialog und Mitsprache fehlen.
Schritt 2: Vorschlag für übertägig zu erkundende Standortregionen
•    Erst in diesem Verfahrensschritt soll ein Gremium zur regionalen „Öffentlichkeitsbeteiligung“ eingesetzt werden. Dies könnte bedeuten, dass dann unter Zeitnot und ohne Mitbestimmungsrechte deutschlandweit Betroffene den Zwischenbericht kommentieren sollen?
•    Schon jetzt zeigt sich leider, dass Vertreter der Politik Gebietsschutz durchsetzen wollen. Der BUND fordert, dass alle in Frage kommenden Gesteinsformen in allen Bundesländern Teil der Untersuchung bleiben müssen.
Schritt 3: Auswahl von Standorten zur übertägigen Erkundung
•    Nach Abschluss der ersten Phase besteht bis dato keine Möglichkeit das bisherige Verfahren rechtlich überprüfen zu lassen. Der BUND fordert, dass nach jeder Phase Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen, um Betroffenen sofort zu ermöglichen, ihre Rechte geltend zu machen.
•    Regionalkonferenzen sollen die erste Anlaufstelle für die Betroffenen bieten. Bis dato ist noch wenig über dieses Gremium bekannt. Um Betroffenen in den Regionalkonferenzen eine Stimme zu geben, fordert der BUND eine ernstgemeinte und umfangreiche Beteiligung.
•    Der „Rat der Regionen“ verfügt über kein gesetzlich festgeschriebenes Nachprüfrecht. Der BUND fordert dies.
Suchprozess Phase 2:
Standorte für die untertägige Erkundung werden ausgewählt
•    Der Standort Gorleben kann weiterhin Teil des Auswahlverfahrens bleiben. Der BUND stellt fest, dass in einem fairen Verfahren Gorleben nicht mehr Teil der übertägig zu erkundenden Standorte sein kann.
•    Das Verfahren geht in Phase 2 in die entscheidende Phase. Politische Frage: Gilt der Atomausstieg noch? Der BUND fordert die Absicherung des Atomausstiegs im Grundgesetz!
•    Werden die Regionalkonferenzen als zentrales Instrument der Öffentlichkeitsbeteiligung ernst genommen – oder haben sie keine Rechte das Verfahren wirklich zu beeinflussen?
•    Der Bundestag entscheidet letztendlich über die untertägig zu erkundenden Standorte. Damit ist die Entscheidung an die politischen Mehrheitsverhältnisse gekoppelt. Es besteht die Gefahr einer politischen Einflussnahme auf die Entscheidung. Welchen Einfluss hat das vorangegangene Verfahren?
Suchprozess Phase 3:
Der Standort mit der bestmöglichen Sicherheit wird ausgewählt
•    Hält die Bundesregierung an ihren Plänen fest, am ausgewählten Standort vor der endgültigen Genehmigung des Endlagers ein „Eingangslager“ für mindestens 500 Castoren zu bauen?
•    Unklar ist weiterhin ob der schwach- und mittelradioaktive Atommüll am gleichen Standort gelagert werden soll. Der BUND fordert Klarheit und fordert ein eigenes Suchverfahren für diesen schwach- und mittelradioaktiven Atommüll.
BUND Naturschutz in Bayern e. V.
Landesfachgeschäftsstelle Nürnberg
Bauernfeindstraße 23
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Dirk Seifert