Bundesregierung sieht zu: Billig-Atommüll-Entsorgung und neue Atomreaktoren des teilweise deutschen Urankonzerns URENCO

Billig-Atommüll-Entsorgung in Russland. Uran-Brennstoff für marode Reaktoren Marke Tihange oder Cattenom. Und jetzt ist der teilweise deutsche Urankonzern URENCO auch noch maßgeblich an der Entwicklung neuer Atom-Reaktoren beteiligt, dessen Prototyp erstmals 2026 in Kanada zum Einsatz kommen soll. Das bestätigt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel (DIE LINKE). Immer noch ist die URENCO vom Atomausstieg ausgeschlossen.

Zdebel: „Von wegen Atomausstieg. Die Bundesregierung ist bestens informiert und tut nichts dagegen, wenn URENCO seine Atomgeschäfte ausweitet, neue Atomreaktoren entwickelt, neue nukleare Einsatzgebiete vorantreibt. Im Frühjahr haben CDU/CSU und SPD unsere Anträge, die deutschen Uranfabriken abzuschalten, im Bundestag abgelehnt. Das ist eine unverantwortliche Politik.“

Laut der Antworten der Bundesregierung auf die Fragen des Abgeordneten Hubertus Zdebel hat das Betreiberkonsortium unter der Regie von URENCO für den Einsatz solcher Mini-Nuklear-Kraftwerke Marktanalysen durchgeführt. „Der Tenor war positiv“, teilt die Bundesregierung mit.
Diese Analysen haben demnach in Großbritannien 200 potentielle Standorte identifiziert. In Kanada kommen zunächst 79 entlegene Gemeinden für den Einsatz der Mini-Atomreaktoren mit einer Leistung von vier MW in Frage. Kanada strebe an, so die Bundesregierung, künftig Dieselaggregate durch derartige Mini-Reaktoren zu ersetzen. URENCO ist bis heute vom bundesdeutschen Atomausstieg ausgenommen.
Das zu einem Drittel im gemeinsamen Besitz von E.on und RWE befindliche Uranunternehmen URENCO entwickelt mit Wissen der Bundesregierung seit 2008 einen neuen Atomreaktor. Ein erster Prototyp des als „Uran-Batterie“ bezeichneten Small Modular Reactor (SMR) soll 2026 in Kanada in Betrieb gehen.

  • Schwimmende Atomreaktoren: Zdebel warnt vor Risiken
  • Die URENCO ist ein dreistaatliches Unternehmen zur Herstellung von angereichertem Uran für den Einsatz in kommerziellen Atomkraftwerken in aller Welt. Das Unternehmen beliefert auch Risiko-Reaktoren wie Tihange und Doel in Belgien mit Brennstoff. Neben E.on und RWE halten die Niederlande und Großbritannien je ein Drittel der Anteile. URENCO betreibt Uran-Anreicherungsanlagen im bundesdeutschen Gronau sowie in Capenhurst (GB), Almelo (UK) und in New Mexico (USA). Grundsätzlich ist es in den Anreicherungsanlagen der URENCO – wie im Iran – möglich, hochangereichertes, atomwaffenfähiges Uran herzustellen. Daher unterliegt die URENCO internationalen Kontrollen im Rahmen des Vertrages von Almelo, an denen auch die Bundesregierung beteiligt ist.

Als nuklearer Brennstoff soll in diesen neuen Mini-Atomreaktoren höher angereichertes Uran eingesetzt werden. Während in herkömmlichen Atomkraftwerken das spaltbare Uran 235 zwischen 3-5 Prozent beträgt, wird es für die Uran-Batterie auf bis zu 19,75 Prozent angereichert und zu speziellen Brennelementen verarbeitet, bei denen das Uran in Graphit verpackt wird. URENCO hat angekündigt, derartigen Brennstoff künftig in seinem Werk in den USA herstellen zu wollen.
Diese hohe Uran-Anreicherung liegt nur noch wenig unter der Schwelle, ab der angereichertes Uran grundsätzlich als atomwaffenfähig bezeichnet wird (20 Prozent). Deswegen wird von Experten (Anti Atom Karlsruhe) bei der Entwicklung derartiger Reaktorkonzepte auch vor den wachsenden Gefahren des militärischen Missbrauchs gewarnt.
In den Antworten auf die Fragen von Zdebel teilt die Bundesregierung mit, dass Proliferationsrisiken im Einzelfall zu betrachten wären und Staaten der Kontrolle der IAEO unterworfen sein müssen. Grundsätzliche Bedenken, wenn immer mehr derartiger kleiner Reaktoren mit höher angereichertem Uran weltweit zum Einsatz kommen, hat die Bundesregierung offenbar nicht.
In den USA wird die Entwicklung solcher Uran-Mini-Kraftwerke auch für die Stromversorgung von Militärbasen vorangetrieben.

Die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für den neuen Atomreaktor der URENCO finden vor allem in den Niederlanden, Großbritannien und Kanada statt, betont die Bundesregierung und stellt fest, dass sie selbst sich nicht an solchen Entwicklungen beteiligt. Der neue als HALEU bezeichnete Brennstoff soll künftig im Werk in den USA erzeugt werden. Ob die dazu erforderlichen Zentrifugen aus den deutschen Standorten der URENCO geliefert werden, darüber hat die Bundesregierung laut Anfrage von Zdebel keine Informationen.

„Wachsende Proliferationsrisiken, Billig-Entsorgung im großen Stil von URENCO mit Uranmülltransporten nach Russland, neulich der Verdacht, URENCO könnte mit Uranlieferungen Beihilfe zur Tritium-Herstellung für die Atomwaffen der USA leisten, Uranbrennstoff für marode Atomreaktoren in Doel und Tihange, und jetzt obendrauf noch die Herstellung von fast atomwaffenfähigem Uran und dazu neue Atom-Reaktoren für den Massen-Markt. Das sind alles Gründe, warum URENCO stillgelegt werden muss. Es ist unverantwortlich, dass CDU/CSU und SPD diese Uran-Geschäfte von URENCO billigen und dulden. Die Uranfabriken in Deutschland müssen endlich in den Atomausstieg einbezogen werden und gehören abgeschaltet.“

„Immer mehr Anwendungsgebiete für fast atomwaffenfähiges Uran in Verbindung mit kleinen Atomreaktoren, – das wird die Risiken eines militärischen Missbrauchs erhöhen. Solche Mini-Meiler sind auch für Terrorkommandos von Interesse.  Auch das US-Militär ist ja offenkundig an diesen Atom-Batterien für ihre Militärbasen interessiert. Auch neue Nuklearantriebe für U-Boote könnten daraus entstehen. Für URENCO sind das neue Märkte, da geht es vor allem um Profite: Neue Mini-Reaktoren für den Massen-Einsatz. Als Anreicherungs-Konzern liefert URENCO den brisanten Brennstoff gleich mit.“

DSe4Zdebel

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