Mangelhafte Transparenz bei der Atommüll-Endlagersuche: Bundesrat beschließt Geologiedatengesetz

Mangelhafte Transparenz bei der Atommüll-Endlagersuche: Bundesrat beschließt Geologiedatengesetz

Der Bundesrat hat den im Vermittlungsausschuss erarbeiteten Kompromiss beim Geologiedatengesetz beschlossen. Das Gesetz regelt die Möglichkeiten, geologische Daten von privaten Dritten unter anderem im Rahmen der Suche nach einem tiefengeologischen Atommüll-Endlager für hochradioaktive Abfälle in bestimmten Grenzen zu veröffentlichten. Im Zuge des laufenden Suchverfahrens sollen laut dem Standortauswahlgesetz die Vorgehensweise und Entscheidungen der Verantwortlichen transparent und nachvollziehbar für die Öffentlichkeit sein. Trotz des Kompromisses bleiben aber aus Sicht von BUND oder z.B. des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel oder der BI Lüchow-Dannenberg erhebliche Mängel, die den Anforderungen des Standortauswahlgesetzes eigentlich nicht gerecht werden.

Dokumentation: BUND-Kommentar vom 5. Juni 2020
Atommüll: Geologiedatengesetz unzureichend und viel zu spät
Der Bundesrat hat am Freitag das Geologiedatengesetz beschlossen, das bei der Atommülllagersuche mehr Transparenz schaffen soll. Dazu erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): 
„Der neue ‚Allgemeinwohl-Passus‘ im Gesetz ist grundsätzlich richtig, vollumfänglich und zügig angewandt würde er zur Transparenz bei der Atommülllagersuche beitragen. Aber in seiner jetzigen Form ist er nur ein stumpfes Schwert: Denn der Passus greift dem Gesetzestext nach nur ‚in der Regel‘ und erst mit Verzögerung. Er kommt erst im Anschluss an die Fachkonferenz Teilgebiete ins Spiel. Das ist wachsweich und viel zu spät!
Für eine umfängliche und glaubwürdige Öffentlichkeitsbeteiligung müssen bereits zu Beginn des Verfahrens alle Daten und Informationen offengelegt werden, die zur Erstellung des Zwischenberichts bei der Atommülllagersuche herangezogen wurden. Ausnahmslos alle Methoden die zur Auswahl der Teilgebiete geführt haben, müssen erläutert und debattiert werden.
Stattdessen drückt die zuständige Behörde aufs Tempo und will die Fachkonferenzen, die der Ort für diese Debatten sind, noch im Sommer nächsten Jahres abschließen – offensichtlich noch vor dem Ende der Legislaturperiode. Zeitdruck ist einer der größten Feinde von Transparenz, Vertrauensbildung und Entscheidungen nach fundierter Meinungsbildung. Unter diesen Vorzeichen droht das Verfahren zu scheitern, bevor es wirklich begonnen hat. Es droht ein ‚Gorleben 2.0‘. Auch bei der Erkundung dieses Bergwerks blieben Transparenz und Bürgerbeteiligung auf der Strecke – und provozierten starke gesellschaftliche Reaktionen.“
Forderungen des BUND:
Vollständige Transparenz durch Offenlegung und Erläuterung ausnahmslos aller Daten und Methoden.

  1. Beteiligung auf Augenhöhe durch Bereitstellung ausreichender zeitlicher und finanzieller Ressourcen für die Zivilgesellschaft zur Überprüfung des Berichts u.a. durch unabhängige wissenschaftliche Expertise.
  2. Sicherstellung eines wissenschaftsbasierten Prozesses, ohne politisch motivierte Einflussnahme.
  3. Dafür bleibt ein Moratorium der Standortsuche unabdingbar!

Hintergrund:
Das Geologiedatengesetz soll die Offenlegung der teils privaten geologischen Daten regeln, die zu Auswahl und Ausschluss potentieller Standorte eines tiefengeologischen Atommülllagers führen. Bereits 2016 geplant, wurde es nun verabschiedet – mit vier Jahren Verspätung und gewissermaßen in letzter Minute. Denn der Zwischenbericht, der Teilgebiete als potentielle Standorte auf Grundlage eben dieser Geodaten benennt, soll im Herbst erscheinen. Kurz darauf soll die erste Fachkonferenz Teilgebiete stattfinden, die bereits terminiert wurde für den 17./18. Oktober dieses Jahres. Darauf folgen sechs Monate, in denen diese Fachkonferenz bestehend aus Öffentlichkeit, Wissenschaft und Kommunen, den Bericht bewerten soll. Sind Daten nicht oder noch nicht veröffentlicht, soll laut Gesetz wenigstens dem Nationalen Begleitgremium Einsicht in alle entscheidungserheblichen Geodaten gewährt werden. Dies ist aber nicht nur eine immense Herausforderung und Überfrachtung des Gremiums, sondern auch absolut unzureichend. Für ein glaubwürdiges Verfahren müssen alle Beteiligten diese Einsicht bekommen.
Weitere Informationen: www.bund.net/zwischenbericht-teilgebiete
Kontakt: Juliane Dickel, Leitung Atom- und Energiepolitik, BUND-Expertin für Energiepolitik, mobil: 0176-31267936, E-Mail: juliane.dickel@bund.net

Dirk Seifert